Würstelmassaker
Vornamen aber immer gehasst hatte, hellwach. Gerade war ihm eingefallen, dass er völlig vergessen hatte, den Phantomzeichner auf dieses Muttermal hinzuweisen. Damit fehlte dem über die Medien verbreiteten Bild aber ein entscheidendes Identifikationsmerkmal.
Wahrscheinlich war er in der Nacht, als ihn zunächst die Polizei vernommen und der Zeichner danach nach seinen Angaben das Porträt geschaffen hatte, viel zu aufgeregt gewesen. Zu beeindruckt von der Bedeutung, die seiner Aussage plötzlich beigemessen worden war.
Er würde einen seiner beiden Wachhunde, die von 18 Uhr bis zum frühen Morgen auf ihn aufpassten, sofort auf dieses zusätzliche Merkmal aufmerksam machen.
Wegen seiner zeitlich exponierten Tätigkeit und den mitunter seltsamen Zeitgenossen, die sich bei ihm ein »Burenhäutl« gaben, hatte Heinzi die Genehmigung, eine Waffe führen. Er hatte bisher aber noch nie Gebrauch von diesem Recht gemacht. Jetzt schien ihm allerdings der Moment gekommen zu sein, von falscher Tapferkeit Abschied zu nehmen und sich nach Möglichkeit zu schützen.
Nach einigem Suchen fand er das gute Stück und lud die Waffe mit Gaspatronen. Echte Munition hatte er gar keine. Er wusste auch nicht, ob er sich mit dem Ding in der Tasche besser fühlen würde. Eines war aber sicher, schlechter als nach diesem perversen Traum konnte es ihm gar nicht mehr gehen.
Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er noch eine Stunde Zeit hatte, bis er seinen Mitarbeiter von der Tagesschicht ablösen musste. Gerade genug, um zu duschen und Kaffee zu trinken.
Eine weitere lange Nacht des Wartens auf den Schlächter lag vor dem derzeit nicht sonderlich »Flotten Heinz .«
*
Als Oberinspektor Wallner mit zwei Kriminalbeamten den Raum vor Melhams Büro betrat und die Sammelbüchse für »Licht im Dunkeln« sah, kam auch ihm diese Sache sofort nicht ganz koscher vor. Um diesen Nebenaspekt des Besuches gleich zu erledigen, holte er eine Münze heraus und warf die 50 Cent in die Büchse. Tatsächlich, das mit Fug und Recht und den Naturgesetzen entsprechend zu erwartende Geräusch der am Boden auftreffenden Münze blieb aus. Obwohl er noch nie unmittelbar mit Betrugsfällen dieser Art zu tun gehabt hatte, wusste er, dass es eine häufig geübte Praxis war, Namen für betrügerische Zwecke zu verwenden, die jenen anerkannten und renommierten karitativen Organisationen möglichst zum Verwechseln ähnlich waren. Das schien auch hier der Fall zu sein. Da wurde der Name der schon jahrelang erfolgreich tätigen Aktion »Licht ins Dunkel« offenbar schamlos missbraucht. Wofür, würde sich bald zeigen.
Er wies einen seiner Kollegen an, die Sammelbüchse zu beschlagnahmen und eine Bestätigung darüber auszustellen.
Dann betrat er das Büro Melhams, wies sich entsprechend aus und nahm den Mann vorläufig einmal wegen des Verdachtes auf Spendenbetrug fest. Dann wies er den total eingeschüchterten Immobilienmakler und Hausverwalter an, den Schlüssel für das beschlagnahmte Behältnis herauszugeben.
Der hatte sich inzwischen wieder so weit gefasst, dass er dieses Ansinnen barsch ablehnte und eine Befolgung vom Vorliegen eines Durchsuchungsbefehles abhängig machte.
Wallner holte das Gewünschte heraus und knallte es auf Melhams Schreibtisch. Zwar galt die richterliche Genehmigung lediglich für die ehemaligen Wohnungen Sefciks und Haberfilz‹, aber das wusste dieser schmierige Kerl ja nicht. Und der Bluff klappte auch. Zwei Minuten später war die Sammelbüchse geöffnet und Münzen im Wert von rund 44 Euro lagen auf dem Tisch.
Jetzt war auch klar, warum die Münzen nach dem Einwerfen kein Geräusch verursacht hatten. Sie waren auf die zahlreichen Geldscheine gefallen, die sich ebenfalls in dem Behältnis befanden. Geldscheine mit einem Gesamtwert von mehr als 16 500 Euro. »Und das alles soll hier gesammelt worden sein ?« wunderte sich der Oberinspektor. »Sehr tüchtig«, anerkannte er ironisch. »Ich bin ja nur gespannt, was das Finanzamt dazu sagen wird .«
In diesem Moment dachte Melham, dass mit dem Auffinden eines Teils seines Schwarzgeldes in diesem bisher für genial gehaltenen Versteck die schlimmste Stunde seines Lebens angebrochen war. Damit irrte er aber. Gegen das, was ihm noch bevorstand, sollte sich dieser Tiefschlag bloß als linder Furz an einem lauen Sommerabend erweisen.
*
Die Schlagzeilen der ersten Abendausgaben gaben eine ungefähre Vorstellung davon, welche Meldung die Medien heute Abend und auch
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