Würstelmassaker
Entspannung wie das herrlicher weiblicher Leiber. Dass er dann auch Antons Job bekommen hatte, nachdem der »unzuverlässige Mitarbeiter« über Nacht verschwunden war, ohne zu kündigen, war eine Ironie des Schicksals und ein netter Zusatznutzen gewesen.
Als der Schlächter seine Augen öffnete, hatte sich der Schönling vom Beckenrand bereits neben ihm niedergelassen. »Hi«, säuselte er, »ich bin der Ronnie. Hättest du vielleicht Lust auf eine Motorbootfahrt auf der Donau? Ich habe eine Yacht in Greifenstein liegen .«
Mitleidig lächelte der Schlächter den tuntigen Möchtegernaufreißer an. »Grundsätzlich liebend gerne, mein Bester, aber mir wird schlecht auf dem Wasser. Richtig speiübel. Und deshalb lässt mich meine Frau nicht mehr Schifferlfahren .«
»Na, dann bitte ich um Entschuldigung«, stammelte der ob seiner scheinbaren Fehleinschätzung irritierte Ronnie fast schüchtern. »Ich habe es wirklich nur gut gemeint. Ciao.« Dann robbte er rasch wieder ans Wasser zurück. Der Beau würde nie erfahren, wie knapp er eben wahrscheinlich einem schrecklichen Schicksal entronnen war.
*
»mahler & strigel« war nicht nur einer der renommiertesten Coiffeure der Stadt, sondern auch der progressivste. Schon die bewusst gegen die Regeln der herrschenden Rechtschreibung verstoßende Kleinschreibung der beiden Namen in der Firmierung deutete darauf hin, dass bei diesen beiden Haarstylisten alles etwas anders, besser, größer (warum eigentlich nicht kleiner) war als bei den Kollegen. Hier wurden Trends gesetzt und nicht nachgeahmt, vor allem auch, was die Preisgestaltung für die verschiedenen Leistungen betraf, die schließlich ein individuelles Gesamtkunstwerk auf den Köpfen der begeisterten Klientinnen bewirkten.
Tatsächlich, hier sprach man von Klienten und nicht von Kunden. Kunde war ein viel zu gewöhnlicher Ausdruck, normale Kunden konnten sich einen »mahler&strigel« einfach nicht leisten.
Frau Stauffar war eine der ältesten Klientinnen dieses Tempels der Hochfrisur gewesen. Sie hatte sich hier schon die Haare föhnen lassen, als sich der Laden noch »Friseur Franz Mahler« genannt hatte. Nachdem die Frau Kommerzialrat aus Altersgründen nicht mehr zu ihrem Lieblingscoiffeur kommen konnte, kam »mahler&strigel« eben zu ihr. Hatte ihr in den letzten drei Jahren zwei Mal pro Woche eine der besten Mitarbeiterinnen geschickt. Auf ausdrücklichen Wunsch der hochgeschätzten Klientin, die dieses Entgegenkommen fürstlich honorierte, war diese Mitarbeiterin Isabella gewesen. Wie die 25-jährige mit Nachnahmen hieß, wussten nur wenige Auserwählte. Hier nannten sich alle beim Vornamen.
Jacqueline, Bridget, Lola und Marcella trafen auf Emma, Josefine, Hildegard und im Falle der Frau Kommerzialrat eben auf Elisabeth. Nachnamen waren hier nur Schall und Rauch, denn die Klientinnen waren sowieso alle bedeutend und die Mitarbeiterinnen alle unbedeutend. Zumindest privat.
Als Franca Wallner gegen 11 Uhr mit Palinski und Florian den noblen Schuppen betrat. Pardon, die Verwendung von Schuppen in Verbindung mit Coiffeur könnte zu Missverständnissen und zu Forderungen wegen Geschäftsstörung führen.
Also als die Drei den noblen Laden betraten, wurden sie sofort von Florence, der allgegenwärtigen Chefin der Rezeption, in Empfang genommen.
»Willkommen Madame«, begrüßte sie Franca fast überschwänglich. »Sie haben großes Glück. Wohl wegen der warmen Außentemperaturen haben zwei Damen ihre Vormittagstermine verschoben. Dabei ist es gerade heute so angenehm hier in unseren klimatisierten Räumen .« Sie deutete vielsagend auf das machtvoll summende Gebläse an der Decke, das unentwegt umgewälzte Luft mit einer Temperatur von 18 Grad Celsius in den Raum blies. »Wollen Sie lieber zu Marie Claire oder zu Vanessa ?«
Den beiden Männern schenkte die strenge Dame keinerlei Beachtung, was wohl daran lag, dass es sich bei »mahler & strigel« um einen reinen Damensalon handelte.
»Wir wollen zu Isabella«, stellte Franca klar und hielt Florence ihren Ausweis unter die Nase. »Das sind übrigens meine Kollegen Palinski und Nowotny«, sie deutete auf die beiden und verschaffte ihnen damit ein »Visum«, das sie zur Anwesenheit in diesem rein weiblichen Territorium legitimierte.
»Ich bedaure sehr«, ihr Gesichtsausdruck verriet, dass es Florence in Wirklichkeit egal war, aber das war business, »aber Isabella hat jetzt noch 20 Minuten mit Frau Konsul Basena-Schlick zu tun und muss
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