Würstelmassaker
verhört wurde, war da schon ein anderes Kaliber. Er gab zwar zu, die »Kleine« zu kennen, aber nicht sehr gut. Was, er sollte angeblich mit ihr gehen? Das war absurd, meinte der »Charmeur«, denn »Ich bin doch net bled, mir sowas anztuan .« Und von dem, was der Veronika vorgeworfen wurde, hatte er nicht die geringste Ahnung. »Ich hab ma aber schon dacht, dass was net in Ordnung ist mit ihr, weil sie hat immer so spinnerte Ideen ghabt .«
Durch eine von Franca gezielt herbei geführte technische Panne konnte Veronika eine mehrminütige Sequenz der Aussage ihres »Burschi« akustisch verfolgen. Ungläubig musste sie hören, wie sie der Georg verleugnete und lächerlich machte. Nachdem er auch noch meinte: »Ich bin froh, dass ich jetzt waas, was für a Mensch sie is. Mit so jemand möcht i nix mehr ztuan habn«, platzte ihr endlich der Kragen und sie legte los. Und wie.
Ja, sie hatte der Frau Kommerzialrat Lottogewinne vorenthalten, meinetwegen auch gestohlen, wenn das strafrechtlich so genannt wurde. Vor einigen Wochen hatte Frau Stauffar sie deswegen zur Rede gestellt. »Ich bin im ersten Moment so baff gewesn, dass die Alte das gschnallt hat«, erklärte sie, »dass ich nicht einmal versucht hab, alles abzustreiten .« Die Frau Kommerzialrat hatte ihr dann eine Frist bis Ende August eingeräumt, ihr mindestens 1 500 Euro zurück zu zahlen. Wegen des Rests, etwas mehr als 1 300 Euro, wollte sie sich noch etwas überlegen.
»Sie hat mich sogar weiter in die Trafik geschickt«, berichtete Veronika, »aber jetzt hat sie acht gegeben wie ein Haftlmacher. Kann man ja auch verstehn« räumte sie ein. Eine Möglichkeit, den Betrag zu bezahlen, hatte sie nicht gesehen. Nicht bis Ende August und auch nicht längerfristig.
Mit dem »Burschi« hatte sie dann den Mord geplant. »Er hat da etwas im Internet gelesen und auf unsere Situation umgemünzt .«
Das Gift »Rizin« hatte er von einem Bekannten am Land besorgt. Nein, dessen Namen wusste sie nicht. Das kleine Glasbehältnis hatte sie ihrer Mutter entwendet«, »die hat eine Menge von diesem Klumpert daheim .«
Georg hatte dann den Hals des winzigen pyramidenförmigen Behältnisses vorsichtig abgesägt, das Gift mit einer Pipette eingefüllt und mithilfe eines transparenten Klebebandes wieder verschlossen.
»Dabei muss er das Zeug eingeatmet haben, weil er nachher einige Tage richtig marod war .« Die Vorstellung erheiterte sie richtig, was angesichts der geänderten Beziehungen zwischen den beiden nicht weiter erstaunlich war. »Von mir aus hätte er dabei auch ruhig abkratzen können .«
Bei ihrem nächsten Besuch hatte sie das Händewaschen im Badezimmer der Frau Kommerzialrat benutzt, um den winzigen Glasbehälter auf dem Duschhocker zu deponieren. Da die alte Dame schon sehr schlecht sah, beim Duschen keine Brille trug, sich aber regelmäßig niedersetzte, war die Gefahr einer Entdeckung zu vernachlässigen.
Am nächsten Tag war Veronika nochmals vorbei gekommen, um einen absichtlich vergessenen Handföhn abzuholen. Bei der Gelegenheit hatte sie den Duschboden nach Resten, gläsernen Zeugen ihres Tuns abgesucht, aber nichts mehr gefunden.
Als sie einige Tage später wieder gekommen war, hatte sie vom Tod ihrer Klientin erfahren. Da war sie unheimlich erleichtert und stolz auf den raffinierten Plan gewesen. Bis heute Vormittag.
Nachdem Franca Wallner die Überstellung des sauberen Pärchens in die Untersuchungshaft veranlasst hatte, versuchte sie, Palinski von der Lösung »seines« Falles zu informieren. Nach mehreren vergeblichen Versuchen gab sie auf und machte sich auf den Weg ins Spital, um den Kollegen Sandegger zu besuchen.
*
Etwa 15 Minuten, nachdem Palinski Wilma verlassen und sich auf den Weg zum Cafe »Kaiser« gemacht hatte, um seinen Intellekt der Herausforderung eines Schachspieles zu stellen, läutete es an der Türe. Zu Wilmas größter Überraschung stand Franca vor der Türe. Obwohl sich die beiden Frauen kannten und auch mochten, war die junge Kriminalbeamtin noch nie hier gewesen.
»Ich hoffe, ich störe nicht«, baute Franca vor, aber Wilma winkte nur ab. »Ganz im Gegenteil, Mario ist gerade weg, er muss heute unbedingt Schachspielen, jemand will ihm das Damengambling beibringen. Ein vieldeutiger Name«, sie lachte. »Willst du Tee oder Kaffee? Oder etwas Stärkeres?«
»Du meinst wohl Damengambit«, korrigierte Franca, die sich auch beim Schach auszukennen schien, freundlich. »Das ist eine recht vielseitige Art der
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