Würstelmassaker
Vanessas den Namen Isabella zugelegt und auch gelebt hatte, sofort nach dem »Ausrutscher« der Mutter vorläufig festgenommen und zur weiteren Vernehmung ins Kommissariat auf der Hohen Warte bringen lassen.
Dann hatte sie mit der Mutter gesprochen, die sich jetzt natürlich die schlimmsten Vorwürfe machte, ihre Tochter in diese Situation gebracht zu haben. »Aber wie hätt ich denn wissn solln, dass …«
»Sie müssen sich überhaupt keine Vorwürfe machen, Frau Saglehner«, versuchte Franca die völlig aufgelöste Mutter zu beruhigen. Wohl wissend, dass das kaum möglich sein würde. »Ihre Tochter ist ganz alleine schuld an ihrem Schicksal. Sie ist schon lange kein Kind mehr und muss gewusst haben, was sie tut und was sie damit riskiert .«
»Aber allein schuld ist die Veronika sicher net«, widersprach die weinende Frau, »ich bin sicher, da steckt ihr neicher Freund dahinter, der Burschi .«
Bei dem Freund handelte es sich um einen gewissen Georg Herbalek, einem derzeit beschäftigungslosen Verkäufer, der sich mit der Arbeitslosenunterstützung und gelegentlichen Jobs über die Runden brachte. Der 26-jährige Mann wohnte angeblich auf Untermiete in der Laudongasse.
»Der hat ihr jede Menge Blödheitn eingredet und das tepperte Madl macht alles, was ihr der Pülcher sagt«, jammerte sie.
Franca konnte ihr nur versprechen, die Rolle Herbaleks und seinen möglichen Anteil an diesem Verbrechen genau zu untersuchen.
»Wenn es Ihnen gelingt, Ihre Tochter zu überzeugen, mit uns zusammenzuarbeiten, wird sich das sicher strafmildernd auswirken«, versuchte die Inspektorin der Frau wieder etwas Mut zu machen. »Wenn Sie möchten, können Sie mit Veronika später sprechen. Und beschaffen Sie ihr einen guten Anwalt .«
Dann setzte sich Franca mit ihrem Heimatkommissariat in der Josefstadt in Verbindung und veranlasste die sofortige Festnahme von Isabellas Freund. Der schon kurz darauf in seiner Wohnung überraschte Mann leistete keinerlei Widerstand und wurde bereits nach wenig mehr als einer Stunde zur Einvernahme ins Kommissariat auf der Hohen Warte gebracht.
*
Palinski hatte sich vorhin von Florian verabschiedet. Beide waren nicht sehr froh darüber, aber der Bursche musste einfach wieder einmal in die Polizeischule gehen. Und das Wochenende sollte er bei seiner Familie verbringen. Die hatte auch ein Recht auf ihn.
Es war aber kein »Lebewohl«-, sondern ein »Auf Wiedersehn«- Abschied, das stand für beide fest, machte es ihnen aber nicht viel leichter.
Nachdem Palinski sich vergewissert hatte, dass ihn im Büro nichts erwartete, was nicht auch bis morgen Zeit hatte, machte er sich auf den Weg zu Wilmas Wohnung, in den dritten Stock auf Stiege 1. Da er sich heute Abend mit Werner Labuda auf eine Partie Schach im Cafe »Kaiser« treffen wollte, fand er es angesichts der herrschenden ›Hoch-Zeit‹ zwischen Wilma und ihm angebracht, wenigstens jetzt ein Stündchen mit der Frau zu verbringen, die er 24 Jahre lang nicht geheiratet hatte.
Kaum hatte er die Wohnungstüre geöffnet, als ihn auch schon das unbewusste Gefühl befiel, dass etwas nicht stimmte. Als er das Wohnzimmer betrat, glaubte er, seinen Augen nicht trauen zu können. Falls sein Verdacht zutraf, dass Einbrecher in der Wohnung ihr Unwesen getrieben hatten, dann hatten sie unter anderem auch das große, schwere Doppelbett genau an jene Stelle geschoben, wo bisher das Wandbord mit dem Großbild-Fernsehapparat gestanden war. Ob die Verbrecher den Diebstahl des neuen Gerätes damit kaschieren wollten? Im Schlafzimmer fand er dafür die bequeme Couch, auf der man so gut lümmeln konnte. Und davor das Bord mit dem TV-Gerät darauf. Da sollte sich noch jemand auskennen.
»Wilma« brüllte er los, »wo bist du ?« Vielleicht lag die Mutter seiner Kinder ja irgendwo gefesselt und geknebelt in einem Kasten. Der sicher auch nicht mehr dort stand, wo er ihn noch heute Morgen vermutet hätte. Rasch ging er durch sämtliche Räume, doch von Wilma war nichts zu sehen. Keine leisen Hilferufe, kein unterdrücktes Stöhnen war zu vernehmen, nichts. Das wirklich Erstaunliche war aber, dass nichts zu fehlen schien. Zumindest nicht beim ersten Hinschauen. Dennoch, er musste die Polizei sofort von diesem dreisten Überfall am helllichten Tag informieren.
Entschlossen trat er zum Telefon, hob den Hörer ab und begann die vertraute Nummer zu wählen. Beim ersten Dreier hörte er einen Schlüssel in der Türe, die gleich darauf auch aufging.
»Hallo
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