Wuestenfeuer in Seinem Blick
schnell.
Zusammen mit Rakin schritt sie zur Gondel. Es regnete weiße duftende Blütenblätter. Laurel vermied es, darauf zu treten, um so viel Schönheit nicht zu zerstören.
Als sie Platz genommen hatten, stieß der Gondoliere ab, und die Gondel glitt lautlos durch den Canale Grande.
Vor ihnen in der Gondel stand der Standesbeamte, der in seiner Robe sehr würdevoll aussah.
Da nur wenig Platz war, wurde Rakins Bein gegen ihres gedrückt. Es fühlte sich muskulös und hart – und ständig strahlte Wärme davon aus.
Als die Traurede begann, bemerkte Laurel, dass Rakin sie unter halb geschlossenen Lidern beobachtete.
Das Herz schlug ihr bis zum Halse. Der Standesbeamte sprach die Eheversprechen vor. Beim Nachsprechen fiel Laurel auf, dass ihre Stimme zitterte. Sie heiratete Rakin Abdellah. Nicht aus Liebe, sondern aus viel vernünftigeren Gründen.
Dass er ihre Hand nahm, löste tiefe Gefühle in ihr aus. Eine Berührung wie diese war eben doch etwas anderes als reines Geschäft.
Ein goldenes Glitzern warnte sie vor. Rakin steckte ihr einen Goldring an den Finger.
Sie sah ihn überrascht an und wollte sich bei ihm entschuldigen, dass sie keinen Ring für ihn hatte, aber sein intensiver Blick ließ sie schweigen.
„Damit erkläre ich euch zu Mann und Frau.“
Laurel schluckte – ungläubig und aufgeregt.
Noch vor einem Monat hätte sie Eli heiraten sollen. Jetzt war sie mit einem Mann verheiratet, der ihr Abenteuer und geschäftliche Vorteile versprach – keine Liebe. Im Gegenzug würde sie seine Frau spielen und damit die Drohungen seines Großvaters gegenstandslos machen. Jetzt bestimmte ein Mann ihr Leben und ihre Gedanken, in einem Maße, wie sie es nie für möglich gehalten hatte.
Hinter ihnen sang der Gondoliere. Die gefühlvolle Melodie von „Oh Sole mio“ fand ihren Weg in Laurels Herz. Und sie legte die Hand auf Rakins.
Auch wenn sie nicht aus Liebe heirateten – irgendetwas lief zwischen ihnen, was über ihre Vereinbarung hinausging. Rakin hatte ihr versprochen, sie würde völlig Neues erleben – und er hielt Wort. Die Welt hatte sich verändert. Und durch die Veränderung würde sie vielleicht herausfinden, wer sie wirklich war. Eine Laurel Kincaid, die nicht nur für andere lebte. Und die Freude in ihr Leben ließ.
„Die meisten Brautpaare küssen sich unter den Brücken“, sagte der Beamte lächelnd.
Bevor Laurel ihm freundlich, aber bestimmt erklären konnte, dass ein Kuss nicht nötig war, war die Gondel schon in den Schatten der Brücke eingefahren.
Rakin wandte sich zu ihr, presste die Lippen auf ihre – und die Welt flog aus den Angeln.
Seine Lippen fühlten sich fest an und duldeten keinen Widerstand. Sie spannte sich an, als unerwartete Erregung sie durchströmte, und hielt die Lippen fest geschlossen. Denn Rakin tat das ja nur, weil es erwartet wurde. Er versuchte es auch nicht weiter, sondern hauchte stattdessen kleine Küsse um ihren Mund herum.
Dann waren sie unter der Brücke durch.
Laurel konnte nicht unbeschwert auflachen; sie empfand eine tiefe weibliche Enttäuschung, als Rakin wieder von ihr wegrückte. Aber er hörte nicht auf, sie voller Verlangen anzusehen.
Da durchzuckte sie jähe Erkenntnis: Ihm ging es nicht um das, was erwartet wurde. Ihm ging es um sie. Er wollte sie küssen!
Wieder hatte sich das Bild ihrer Beziehung geändert.
„Jetzt fängt das Abenteuer richtig an“, flüsterte er ihr ins Ohr.
Laurel rieselte es warm den Rücken hinab. Nicht zum ersten Mal fiel ihr auf, was für ein attraktiver Mann Rakin war.
Um sich zu beruhigen, schloss sie die Augen. Dabei hielt sie weiter seine Hand, sie verspürte kein Bedürfnis, sie loszulassen. Das italienische Liebeslied brachte lang unterdrückte Gefühle fast zum Überlaufen.
Das hier hätte ein Spaß werden sollen, mit ein bisschen Geschäft. Aber nun war es romantischer als alles, was sie je erlebt hatte. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie über sich die Sterne funkeln.
„Sie sind nicht echt“, erklärte der Standesbeamte. „Wenn Sie genau aufpassen, merken Sie, wie der Himmel sich verändert.“
Natürlich waren sie nicht echt. Nichts an diesem verrückten Abenteuer mit Rakin war echt. Alles nur ein Spiel der Fantasie. Ihrer Fantasie.
Andererseits war ihr nie etwas „Echteres“ passiert. Sie ging Risiken ein, die sie nicht einmal in Erwägung gezogen hätte, bevor sie den Sprung ins Unbekannte gewagt hatte. Weg von der Sicherheit, eine Kincaid aus Charleston zu sein.
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