Wüstenfeuer
an der Flanke des Tankers entlang zu seinem Heck.
Die Jacht drosselte ebenfalls das Tempo, schob sich nach und nach vor das Küstenwachboot und drückte es weiter gegen die
Dayan
, bis das Heck des Tankers über ihm aufragte. Die Jacht wartete, bis sich der Bug des Bootes ganz hinter das Heck schob, dann versetzte sie ihm unter Einsatz der Steuerstrahldüsen am Bug einen heftigen Stoß. Das Boot drehte sich nach links und geriet in das flache Wasser direkt hinter dem Tankerheck. Ein gedämpftes Poltern erklang unter der Wasseroberfläche, als sich die mächtige Bronzeschraube des Tankers in den Rumpf des Küchenwachboots fraß.
Mit seinem von den Toten und Verwundeten blutüberströmten Deck und dem qualmenden Steuerhaus vollführte das Küstenwachboot plötzlich einen Satz und sackte schwer nach Steuerbord. Nur wenige Schreie hallten durch die Nacht, als sein Bug hochstieg und dann das ganze Schiff auf sein Heck zurücksank und unter den Heckwellen des Tankers verschwand, als hätte es nie existiert.
65
Nachdem sie zwei Stunden lang mit Höchstgeschwindigkeit durch die Nacht gerast waren, begann sich sowohl die physische wie auch mentale Erschöpfung bei Pitt bemerkbar zu machen. Sie hatten mehr als die Hälfte des Marmarameeres hinter sich, wo sie auf stärkeren Seegang getroffen waren, der die
Bullet
alle paar Sekunden hoch in die Luft hatte springen lassen. Auf dem Rücksitz hatte Lazio endlich seinen Magen beruhigt, fühlte sich jedoch von den ständigen Schlägen gegen den Rumpf des U-Boots wie nach einem Zwölf-RundenBoxkampf gegen einen überlegenen Gegner.
Ihre Hoffnungen lebten auf, als sie den Funkverkehr des Küstenwachboots auf dem internationalen Notrufkanal aufschnappten.
»Ich glaube, ich habe gehört, wie sie die
Dayan
gerufen haben«, sagte Giordino und drehte die Lautstärke des VHF-Geräts hoch, um über dem Brüllen der Motoren der
Bullet
irgendetwas verstehen zu können.
Während der nächsten Minuten hörten sie aufmerksam zu, wie die wiederholten Fragen an die
Dayan
unbeantwortet blieben. Ein paar Minuten später nahm Giordino am Horizont einen kleinen weißen Blitz wahr.
»Hast du das gesehen?«, fragte er Pitt.
»Ich habe genau vor uns etwas Weißes aufblinken sehen.«
»Ich finde, es sah wie ein Feuerball aus.«
»Eine Explosion?«, fragte Lazio und beugte sich vor.
»Ist es der Tanker?«
»Nein, das glaube ich nicht«, erwiderte Pitt. »So groß war der Blitz nicht. Aber wir sind zu weit entfernt, um etwas Genaues erkennen zu können.«
»Es könnte in einer Entfernung von mehr als zehn Meilen passiert sein«, pflichte Giordino ihm bei. Er blickte auf den Navigationsschirm und gewahrte die Einfahrt in den Bosporus am oberen Rand der digitalen Seekarte. »Damit stünden sie ziemlich dicht vor Istanbul.«
»Woraus sich ergibt, dass wir immer noch einen Rückstand von einer Viertelstunde haben«, sagte Pitt.
Es wurde still in der Kabine, als auch das Funkgerät nichts mehr übertrug. Ebenso wie seine Mitinsassen konnte er nur vermuten, dass es den zuständigen türkischen Behörden nicht gelungen war, den Tanker zu stoppen. Es schien durchaus möglich, dass nur noch sie es in der Hand hatten, eine katastrophale Explosion zu verhindern, die den Tod von einigen zehntausend Menschen zur Folge haben konnte. Aber was sollten drei Männer in einem kleinen U-Boot dagegen ausrichten können?
Pitt verdrängte diesen Gedanken aus seinem Bewusstsein, während er sich vergewisserte, dass die Gashebel bis zum Anschlag nach vorn geschoben waren, als er einem direkten Weg zu den funkelnden Lichtern von Istanbul folgte.
66
Maria ging auf der Kommandobrücke des Tankers auf und ab. Rasende, nur mühsam unterdrückte Wut ließ ihr Gesicht wie aus Stein gemeißelt aussehen.
»Ich hatte nicht mit einer Einmischung der Küstenwache gerechnet«, schimpfte sie. »Wie konnten sie wissen, dass wir uns genähert haben?«
Ein kleiner Mann mit fahlem Gesicht, der den Tanker steuerte, schüttelte den Kopf.
»Es ist ja bekannt, dass die
Dayan
vermisst wird.
Durchaus möglich, dass man uns auf einem anderen Schiff erkannt und die Küstenwache benachrichtigt hat.
Vielleicht ist es sogar ganz gut so. Dann werden die Behörden sofort davon ausgehen, dass die Israelis für die Attacke verantwortlich sind.«
»Ich denke, das ist richtig. Trotzdem können wir uns keine weitere Störung erlauben.«
»Das Funkgerät ist still geblieben. Ich glaube nicht, dass sie noch Gelegenheit hatten, jemanden zu
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