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Wüstenfeuer

Wüstenfeuer

Titel: Wüstenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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die unaufhaltsam auf das Baggerschiff zukam. Er wollte etwas sagen, während er sich zu Giordino umdrehte, und machte mit der geballten Faust einer schulmäßig geschlagenen rechten Geraden Bekanntschaft. Giordinos Knöchel trafen ihn am Kinn, und er faltete sich wie eine aufgeweichte Nudel zusammen. Giordino fing den Mann schnell unter den Armen auf und legte ihn sanft auf den Fußboden.
    »Sorry, mein Freund. Jetzt ist keine Zeit für Nettigkeiten«, sagte er zu dem bewusstlosen Techniker, ehe er sich wieder hinter die Bedienungskonsole begab. Er spürte, wie sich der Schatten des hohen Tankers auf die Baggerführerbaracke legte, während sein Blick eilig über die Instrumente flog. An der Seite entdeckte er einen kleinen Hebel und betätigte ihn. Zu seiner unendlichen Erleichterung sah er, wie der Ausleger plötzlich nach unten aufs Wasser sank. Er drückte weiter auf den Hebel, bis sich der Schneidkopf nahezu vollständig unter Wasser befand, wobei seine rotierenden Zähne das Wasser in seiner nächsten Umgebung aufschäumen ließen.
    Er ließ den Hebel los und blickte in den Kanal. Der Bug des mächtigen Tankers war nur noch gut fünf Meter weit entfernt. Mit einem Gefühl vollkommener Hilflosigkeit stand Giordino da und sah ihn auf sich zukommen – und wusste gleichzeitig, dass es jetzt nichts mehr gab, das er noch hätte tun können.
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    Pitt wusste, dass es ein verzweifeltes Wagnis war, doch es gab so gut wie keine Optionen mehr für ihn. Es war ganz einfach nicht genügend Zeit geblieben, um den Tanker aufs offene Meer hinauszusteuern, und da die Maschine jetzt keinen Muckser mehr von sich gab, gab es auch keine Chance mehr, sich von den dicht bevölkerten Gestaden Istanbuls zu entfernen. Selbst wenn der Tanker mitten im Goldenen Horn explodieren sollte, würden Tausende den Tod finden. Pitts einzige Hoffnung bestand darin, wenigstens zu versuchen, von dem Sprengstoff so viel wie möglich unter Wasser zu setzen, um die zerstörerische Wirkung der Explosion zu minimieren.
    Und an dieser Stelle kam die
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ins Spiel. Pitt wusste, dass der Bagger mit seinem Gestein zertrümmernden Schneidkopf den Tanker wie ein Dosenöffner aufschneiden konnte. Aber dazu musste er den Tanker in die richtige Position bringen. Wenn er zu dicht herankäme, würde der Tanker den Ausleger mit dem Schneidkopf am Heck des Baggers glatt abreißen. Wäre der Abstand zum Land zu groß, würde der Schneidkopf den Schiffsrumpf nicht erreichen.
    Antriebslos unter der Galata-Brücke hindurchgleitend warf er einen Blick auf den Bagger vor dem Tankerbug.
    Obgleich sich der Schneidkopf noch hoch über der Wasseroberfläche befand, konnte er seine rotierenden Zahnkränze erkennen und wusste, dass Giordino an der Arbeit war. Er tippte gegen den Hebel der Ruderkontrolle, ging dann zum Steuerbordfenster und blickte hinaus.
    Von seinem Standort hoch über dem Wasser konnte er an den Seiten des Tankers nicht hinunterblicken, was eine genaue Positionierung erheblich erschwerte. Er versuchte, gar nicht erst daran zu denken, dass er einen – und wirklich nur einen einzigen – Versuch hatte, seinen Plan erfolgreich umzusetzen.
    Dem belgischen Bagger schnell entgegentreibend konnte Pitt zu seiner Erleichterung verfolgen, wie der Heckausleger abgesenkt wurde und der Schneidkopf ins Wasser eintauchte. Wenig später entdeckte er Giordino an der Heckreling, von wo aus er ihn mit entsprechenden Handzeichen aufforderte, den Tanker näher ans Ufer zu lenken. Pitt eilte zum Steuerstand zurück, drehte das Ruder ein paar Grad nach Steuerbord und wartete sehnsüchtig darauf, dass der Bug reagierte. Als der Tanker den Abstand zum Land tatsächlich verringerte, reckte Giordino beide Arme in die Luft und gab Pitt mit den Daumen ein doppeltes Okay-Zeichen.
    Pitt verließ die Steuerkonsole und kehrte zum Seitenfenster zurück, um die Kollision zu beobachten. Hinter sich hörte er plötzlich das Röhren eines auf höchste Drehzahl beschleunigten Motors, gelegentlich übertönt von den schrillen Schreien einer Frauenstimme. Er schaute nach unten und sah Lazio immer noch am Treppenkopf auf dem Deck liegen. Diesmal jedoch erkannte er eine kleine Blutpfütze in der Nähe seines Brustkorbs. Hinter Lazio sah er die Motorjacht, die neben dem Tanker hin und her tanzte und einmal sogar gegen seinen Rumpf prallte.
    Pitt fragte sich kurz, weshalb die Jacht wohl immer noch in der Nähe war. Doch das war eigentlich völlig bedeutungslos, sagte er sich, während er sich

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