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Wuestenmond

Wuestenmond

Titel: Wuestenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Sternbilder in Konjunktion zueinanderstehen, zu begegnen.«
    Ich lächelte.
    »Soll das auch unser Schicksal sein?«
    Er zog mich an sich, preßte sein Gesicht ganz dicht an meines, zog langsam und tief meinen Atem ein.
    »Das könnte ich nicht ertragen.«
    Meine gespreizten Finger strichen über seine nackte Brust.
    »Es gibt Schlimmeres.«
    Ich hörte seinen Herzschlag.
    »Was ist schlimmer?« fragte er.
    Ich streckte mich an seinem Körper entlang, um soviel wie möglich von seiner Haut zu berühren.
    »Das Schlimmste wäre gewesen«, sagte ich, »wenn wir uns nie begegnet wären.«
    Ich schlug die Augen auf, noch von der molligen Wärme des Schlafsacks, den ich mit Elias geteilt hatte, umfangen. Es wurde Tag; mein Gesicht fühlte sich kalt an. Der Himmel glich einer straffen, schillernden Kugel; mein Blick schoß hinauf zu einem Punkt in der Mitte des Himmels, lichtdurchströmt und von smaragdener Farbe.
    Einige Atemzüge lang starrte ich in das lichtdurchströmte Universum, dann kroch ich aus dem Schlafsack, stand taumelnd auf.
    Elias war schon wach, kümmerte sich um das Feuer. Das Wasser in der Tamanast stand für mich bereit. Ich drehte meine Turnschuhe um und schüttelte sie, wie Matali es mir beigebracht hatte.
    »Kein Skorpion!« rief ich Elias zu, und er lachte.
    In der Morgenfrühe lag die Ebene noch im Schatten, während rostrotes Licht die Tafelberge berührte. Ich wusch mich, verteilte Sonnencreme auf meinem Gesicht und bürstete den Sand aus meinem Haar. Elias hatte Pulverkaffee zubereitet, die Thermosflasche gefüllt und unter der Asche eine kleine Tagella gebacken. Wir tauschten ein Lächeln voll zärtlichem Einvernehmen.
    »Kaffee?«
    Ich setzte mich, beide Ohren in den Parka eingemummt, und pustete in meinen Becher. Elias klopfte die Tagella in seinen Handflächen.
    »Damals, als ich von Mali auf dem Weg nach Tarn war, habe ich in einem Lager der Taitok übernachtet. Vielleicht haben sie das Camp noch nicht gewechselt.«
    Ich wußte, daß die Nomaden ihr Leben nach dem Wasservorkommen 311
    richteten und manchmal monatelang am gleichen Ort blieben.
    »Können wir sie besuchen?«
    Er brach das Brot entzwei und reichte mir ein Stück.
    »Vorsicht, es ist heiß!«
    Er sprach weiter, während ich kaute.
    »Vor gut achtzig Jahren wäre ich ihnen aus dem Weg gegangen. Ein dummer Streit zwischen Halbwüchsigen hatte die Kel Rela und die Taitok fast an den Rand eines Krieges gebracht. Daraufhin verließen die Taitok den Ahaggar. Genauer gesagt, sie zogen sich schmollend zurück. Ein Teil zog in den Air, der andere nach Mali. So kam es, daß Amenenas Cousine Sakina den Amrar einer Fraktion dieses Stammes heiratete und ich mit ihnen verwandt bin. Sakinas Mann, Hannon, ist ein alter Kauz. Die Taitok, mußt du wissen, tragen ihren Kopf sehr hoch. Früher mußte man ihnen auf gleiche Weise begegnen – oder überhaupt nicht. Für sie gab es unter dem Himmel keine Menschen, die soviel wert waren wie sie. Sie waren selbstherrlich und tyrannisch, zogen Nutzen aus jeder Gelegenheit.
    In dieser Hinsicht haben sie es zu etwas gebracht: Sie sind noch heute kampfbereit. Geben sie auf, ist alles verloren. Sie sind die letzten, auf die es wirklich ankommt.«
    »Das finde ich gut«, sagte ich.
    »Was ich damit sagen will: Sie sind ein wenig verschroben«, meinte Elias, und wir lachten beide.
    In diesem Jahr, erklärte er, hatten die Taitok im Süden nicht genug Futter für ihre Kamele gefunden und waren – auf Schleichwegen natürlich – über die algerische Grenze gekommen.
    »Es ist besser, wir brechen früh auf«, setzte er hinzu. »Heute wird es heiß.«
    Wir frühstückten rasch, dann löschte Elias das Feuer, während ich den Schlafsack einrollte und die Gläser in der Blechschüssel spülte.
    Das gebrauchte Wasser goß ich in den Sand. Inzwischen sattelte Elias die Mehara; kurze Zeit später ritten wir davon. Und wie alle umherziehenden Nomaden hinterließen wir nichts, nicht einmal Glutasche.
    Elias hatte sich nicht geirrt. Bald wurde die klare Luft diesig.
    Lichtfluten stürzten senkrecht herab, überzogen die vollen, straffen Farben des Morgens mit einem Perlenschleier. Die Hitze stieß herab, als verleihe ihr die Höhe der brennenden Sonne Schwerkraft. Die Dünen schwebten dahin, stiegen auf oder vervielfachten sich in einer geisterhaften Folge von Spiegeln. Erst am Nachmittag schmolzen die 312
    Trugbilder, das grelle Leuchten erstarb. Licht und Schatten nahmen ihre bewegten Spiele an der Oberfläche des

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