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Wuestenmond

Wuestenmond

Titel: Wuestenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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einen überraschend hellhäutigen Arm unter ihrem Schleier hervor, zeigte uns gelbe Plastikkugeln, die wie Bernstein aussahen, Armbänder aus Zink und eine Anzahl an einer Schnur aufgereihte Silberringe, die leise klingelten.
    Ein enges Gewölbe führte in eine staubige Asphaltstraße. Vor einem größeren Gebäude wehte die algerische Flagge. Eine Menschentraube wartete im Schatten der Mauer. Die Frauen waren in hell- oder dunkelblaue Schleier gewickelt, einige Männer trugen Schesch und Gandura. Die meisten jungen Leute hatten europäische Kleider an, abgetragene Sachen, die über vielerlei Umwege nach Afrika gelangt waren. Wir gingen an ihnen vorbei, ein paar Stufen 68
    hinauf, um uns bei der Verwaltung anzumelden. Wir machten uns auf eine lange Wartezeit gefaßt. In Entwicklungsländern ist Eile ein Fremdwort. Doch die Beamten zeigten sich erstaunlich entgegenkommend. Im heutigen Algerien werden Ausländer nicht mehr barsch herumkommandiert wie früher, sondern wie rohe Eier behandelt. Monsieur le Depute – der Regionalabgeordnete – ließ es sich nicht nehmen, uns persönlich zu begrüßen. In dieser düsteren Zeit waren Medienleute für ihn ein Geschenk des Himmels. Wir sollten Algerien von der besten Seite erleben, schöne Bilder im Fernsehen zeigen und devisenbringende Touristen ins Land locken.
    Die Frerots (die »kleinen Brüder«, Islamisten also) trieben nur im Norden ihr Unwesen. In letzter Zeit verkrochen sie sich »irgendwo draußen in den Bergen«. Monsieur le Depute zeigte lächelnd seine tadellosen Zähne. In Tarn sei alles ruhig, dafür verbürge er sich. Der hochgewachsene Mann mit dem maßgeschneiderten Anzug, den spiegelblanken Schuhen und dem schönen Piratengesicht drückte es poetisch aus:
    »Hier können Sie schlafen wie ein Baby im Leib seiner Mutter.«
    »Ausgeschlossen – bei dem Verkehr!« brummte Enrique, als wir die Präfektur verließen. Monsieur le Depute hatte uns ein wenig angeflunkert. Tarn war nicht so still und gleichmütig, wie er es uns glauben machen wollte. Das Gespenst der Folterungen, der Entführungen, des Todes ging umher, die Frerots konnten überall sein. Auf politischer Ebene war nichts geschehen, was die Menschen von ihrem Alptraum hätte erlösen können. Ironischerweise verdankten wir es dieser Angst, daß wir sämtliche Genehmigungen ganz ohne Schmiergelder und ohne großen Zeitverlust in den Händen hielten. Algerien lebte in Furcht vor einem Bürgerkrieg; im Papierkrieg zumindest herrschte Waffenstillstand.
    Unser nächster Weg führte zur Agence Altour, wo wir Fahrzeuge bestellt hatten. Beide Landrover waren etwas klapprig, aber durchaus
    »wüstentüchtig«, wie Rocco befriedigt feststellte. Die Reifen hatten das erforderliche Sandprofil, ziemlich abgefahren zwar, aber brauchbar. Für jeden Wagen gab es zwei Ersatzreifen und einen zusätzlichen Stoßdämpfer. Rocco war durchaus in der Lage, sie einzubauen. Sandbrett und Sandschaufeln waren vorhanden, ebenfalls eine Ersatzbatterie und vier Benzinkanister zu je zwanzig Liter; sie waren auf dem Dachträger untergebracht. Rocco stellte fest, daß einer von ihnen schlecht befestigt war. Er vergewisserte sich auch, daß alle Kanister absolut dicht schlossen. Seine 69
    Sachkenntnis wirkte beruhigend. Als Fahrer hatte man uns einen zuverlässigen Mann versprochen, der das Gelände gut kannte; er würde am Tag der Abfahrt à la bonne heure – frühmorgens also –
    zur Stelle sein. Algerien erkennt europäische Versicherungen nicht an, wir mußten eine neue Haftpflicht abschließen: für uns selbst, für die Fahrzeuge, für das Filmmaterial. Wir wurden aufgefordert, uns strikt an die vorgegebene Route zu halten. Im Falle eines Unfalls suchte die Hilfskolonne nur innerhalb des abgegrenzten Gebietes.
    Der Verleiher empfahl uns, zur Sicherheit noch ein Set Rauchpatronen, die einen orangefarbenen Rauch entwickelten, zu erstehen. Wir hatten unsere eigenen Schlafsäcke dabei, gute, aus Daunen; eine Plastikpumpe zum Umtanken und ein Abschleppseil waren vorhanden. Am Nachmittag kauften wir Kochgeschirr, Wasser und Lebensmittel: Nudeln, Salz, Dosenfleisch, Pulverkaffee, Tee und Stockzucker, Ölsardinen, Käse. Und jede Menge Bouillonwürfel.
    Rocco betrachtete sie mit zweifelnder Miene.
    »Was sollen wir damit?«
    Serge sah auf.
    »Suppe kochen. Die versorgt uns mit Mineralstoffen, Salz und der nötigen Flüssigkeit.«
    »Na also, dann…«, brummte Rocco.
    Etwas gereizt ging ich die Liste durch. Wir schleppten zuviel Zeug

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