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Wuestenmond

Wuestenmond

Titel: Wuestenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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befanden. Der Sandsturm hatte die Magnetnadel unseres Kompasses verwirrt, so daß sie sich wie rasend nun in alle Richtungen drehte.
    »Scheiße!« murmelte Enrique. »So geht es nicht!«
    »Moment mal!«
    Serge holte die Landkarte aus dem Wagen und berechnete eine gedachte Linie, die genau nach Süden wies und die er mit einem Bleistift in die Karte eintrug.
    »Wir sind ungefähr hier.«
    »Toll!« sagte ich matt. Es mochte ja stimmen.
    »Ich war bei der Marine«, sagte Serge.
    »Als Matrose?«
    »Nein, als Koch!«
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    Er tippte mit dem Bleistift auf die Karte.
    »Das ist die Fahrtrichtung.«
    »Wir kommen nicht hin«, sagte Thuy. »Wenn die Piste überall so versandet ist…«
    »Schätze, daß noch Markierungen da sind. Wir fahren einfach neben der Piste. Und fragen Adil, wenn wir nicht weiterwissen.«
    »Was ist mit den Batterien?« wollte Thuy wissen.
    »Sie gehen, aber ziemlich schwach«, antwortete Rocco, »ewig wollen wir hier ja nicht kleben.«
    »Na, dann tu mal was«, sagte ich und warf ihm die Schaufel zu.
    Noch einmal von vorne. Ächzend stießen wir die Schaufeln in den Sand. Wir hatten Blasen an den Händen und Krämpfe in den Armen.
    Die Sonne stieg, die Hitze nahm zu. Der Himmel hatte eine gelbliche Tönung, und die Sonne starrte wie ein zorniges Auge herab. Wir gönnten uns eine Pause, ließen Wasser aus der Aluminiumkanne in die Becher laufen. Zwischen unseren Zähnen knirschten Sandkörner.
    Ich wischte mit den nassen Handrücken über mein Gesicht, kühlte die heißen Wangen. Die in der Luft schwebenden Staubteilchen filterten das Licht, es schien, als hinge Nebel über der Ebene.
    Plötzlich hatte ich den Eindruck, als zeichne sich weit hinten am Horizont ein Gegenstand ab, der zuvor nicht da gewesen war. Der dunkle Punkt konnte alles mögliche sein, ein Strauch etwa oder ein Stein. Ich kniff die Augen zusammen und bemerkte, daß der Punkt größer wurde.
    »Was ist das?«
    Sie sahen in die Richtung, die ich ihnen wies. Eine Gestalt löste sich aus dem Flimmern, sie schien auf dem Wasser der Spiegelungen zu schweben.
    Enriques Augen waren besser als meine.
    »Das ist ein Kamelreiter!« rief er.
    Es war ein Targui auf einem weißen Mehari. Er näherte sich schaukelnd im Trab seines Reittieres, in königlicher Haltung, geschmeidig und graziös. Bald hörten wir das leise Schnaufen des Meharis, seine Sohlen im pulvrigen Sand, das leise Klingen von Glöckchen, die an seinem Zaumzeug befestigt waren. Das Kamel –
    ein riesiger Falbe – trug einen Sattel aus hellem Holz, mit hoher Rückenstütze und kreuzförmigem Handgriff. An diesem Sattel hing eine sehr große Tasche mit purpurfarbenen wehenden Fransen. Am Sattel des Meharis hing die Tamenast, eine kleine Schüssel aus Messing, ohne die kein Reiter auf Reisen gehen würde.
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    Der Targui lenkte das Tier mit einem Zügel, der an einem Nasenring befestigt war. Neben dem Halsriemen, der seinem nackten Fuß als Stütze diente, hingen verschiedene Amulette aus Leder. Der Reiter trug zwei Ganduras übereinander, eine weiße und eine dunkelblaue.
    Der leichte Stoff flatterte um seine Schultern. Der Schesch aus weißem Baumwollmusselin, Helm und Krone zugleich, war in kunstvollen Falten verschlungen. Kurz vor den Wagen verlangsamte das Mehari seinen Schritt; der Reiter ließ das Tier einen Halbkreis drehen und brachte es dicht vor uns zum Halt.
    »Bonjour!« rief er. »Irgendwelche Probleme?«
    Die Frage kam sanft und sarkastisch in perfektem Französisch. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, bei stehenden Fahrzeugen nachzufragen, ob Hilfe gewünscht war. Wir erwiderten seinen Gruß, blinzelten im grellen Licht zu ihm empor. Die verschleierte Gestalt schien wie in den Himmel gemalt.
    »Wie Sie sehen«, sagte ich, »haben wir tatsächlich Probleme.«
    Er nickte.
    »Ja, allerdings.«
    Er stieß ein paar unverständliche Laute aus. Der Falbe grunzte, ließ die pelzigen Ohren spielen, bevor er sich schnaufend auf die Knie niederließ. Der Reiter glitt mit einer weichen Bewegung aus dem Sattel und schlüpfte in Sandalen, die er an der Satteltasche mitgeführt hatte. Kamele werden nur barfuß geritten, damit man sie durch Fersen- oder Zehendruck lenken kann. Der Reiter befestigte den Zügel am Sattelknauf und streckte uns die Hand entgegen. Die Hand war sehnig, kräftig und gleichzeitig fast mädchenhaft schmal.
    Mein Blick glitt über sein verschleiertes Gesicht, die glatte, hohe Stirn, die schmalen Augen.
    »Mein Name ist Elias ag Amaya«, stellte er sich

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