Wuestentochter
ihn ungläubig an. »Was mein Vater sehr wohl weiß. Ich hätte nicht gedacht, dass das ein Geheimnis ist.«
Bilal schüttelte den Kopf. »Du verstehst nicht. Ja, Numair und ich überbringen deinem Vater Informationen über de Ridefort, aber wir liefern de Ridefort auch Informationen über deinen Vater. Ich weiß es nicht mit Sicherheit, aber ich glaube, dass er gar nicht die Absicht hat, sich an die Abmachung zu halten, die er mit deinem Vater getroffen hat. Ihm geht es nur um seinen eigenen Vorteil, ganz egal, wer den Krieg um Al-Quds gewinnt.« Er hatte es dabei belassen wollen, stellte aber fest, dass er jetzt, wo er begonnen hatte, sein Gewissen zu erleichtern, nicht mehr damit aufhören konnte. »Und du irrst dich, obwohl ich dir keinen Vorwurf daraus machen kann. Ich liebe dich auch, und ich habe dich nur belogen, weil ich dich noch etwas länger lieben wollte. Und jetzt kannst du mich zu deinem Vater bringen, wie ich es verdiene, aber bitte, Salim, sorg dafür, dass es schnell geht …«
Er brach ab, weil Salim zu lachen begonnen hatte. Doch es schwang keine Freude darin mit, und als Salim die Arme nach ihm ausstreckte, wusste Bilal nicht, ob er ihn erwürgen oder umarmen wollte, bis er in der Umarmung des Freundes versank. »Ich bringe dich nirgendwohin«, sagte Salim, »außer vielleicht in mein Bett, wenn du mich nach allem, was ich dir an den Kopf geworfen habe, noch haben willst.«
Bilal schob ihn voll ungläubigen Staunens von sich. »Ich habe dich verraten, Salim!«
»Und wer außer dir selbst klagt dich deswegen an?«
»Habe ich dir nicht eben gesagt, dass …«
»Ja, und einmal reicht vollkommen aus.« Salim seufzte. »Ich zweifle nicht an deinen Worten, Bilal, aber ich kann auch nicht verleugnen, was ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe. Du hast an meiner Seite für meinen Vater und für Allah gekämpft, und aufgrund dessen fälle ich mein Urteil, wenn du mich schon unbedingt zu deinem Richter machen willst.«
»Ich habe Informationen weitergegeben, die dazu bestimmt waren, deinen Vater an seine Feinde zu verraten!«
»Stammten diese Informationen von dir?«, fragte Salim. »Oder hattest du sie von deinem so genannten Vetter?«
Bilal zuckte nur stumm die Achseln; eine Reaktion, die Salim richtig deutete.
»Also hast du nichts anderes getan, als die Worte eines Mannes zu einem anderen zu tragen. Das macht dich zu einer Schachbrettfigur, aber nicht zu einem Verräter.« Er musterte Bilal einen Moment lang nachdenklich. »Und das ist es, was ich nicht verstehe. Wenn du weder deinem Vater noch Numair Zuneigung entgegenbringst, warum lässt du dich dann von ihnen auf diese Weise benutzen? Wenn du böse Folgen für dich selbst befürchtest, wenn du dich von ihnen lossagst, könnte ich mit meinem Vater sprechen …«
»Nein«, erwiderte Bilal müde, »das ist es nicht, es hat mit mir überhaupt nichts zu tun. Die beiden wissen etwas Furchtbares über jemanden, der mir sehr nahe steht.«
»Und sie haben gedroht, dieses Geheimnis zu enthüllen, wenn du nicht tust, was sie von dir verlangen - nicht sehr originell. Bist du sicher, dass sie dich nicht nur mit leeren Drohungen gefügig machen wollen?«
Bilal nickte kläglich. »Aber Salim, ich kann von dir nicht verlangen, dass du meinetwegen deinen eigenen Vater in Gefahr bringst. Du musst ihm sagen, was ich dir eben erzählt habe.«
Salim stützte den Kopf auf sein Knie. »Würde es dein Gewissen beruhigen, wenn ich dir sage, dass mein Vater Numair nie getraut hat und ahnt, dass de Ridefort ein doppeltes Spiel mit ihm treibt?«
Bilal seufzte. »Im Moment vielleicht. Aber das eigentliche Problem ist damit nicht gelöst.«
»Ach, Bilal.« Salim lächelte traurig. »Reichen dir die Probleme, die du schon hast, nicht aus? Musst du unbedingt immer neue aufwerfen?« Er schüttelte den Kopf. »Auch die Templer kämpfen aus der Überzeugung heraus, Gottes Willen zu erfüllen. Unter welchen Umständen du auch immer zu uns gestoßen sein magst … ich bin sicher, dass Allah dich hergeführt hat. Und nun bist du hier, und Numair und de Ridefort sind es nicht. Du bist nur dem Sultan allein Rechenschaft schuldig. Also reite mit mir nach Kerak und kämpfe für dein Volk. Wenn wir diese Schlacht überleben, werden wir uns Gedanken über die nächste machen. Und wenn wir die und alle weiteren überleben, haben wir uns das Recht verdient, unser Leben so zu leben, wie wir wollen, ohne uns vor irgendjemandem dafür verantworten zu müssen.«
Inzwischen
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