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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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Heilerin. Haben sich sonst noch irgendwelche Krankheitssymptome gezeigt?«
    Sandara ließ den Schleier seufzend wieder sinken. »Die Traurigkeit ergreift stärker von mir Besitz als früher. An manchen Tagen bringe ich nicht die Kraft auf, mein Bett zu verlassen. Und ich bin immer müde, egal wie lange ich schlafe. Seit sich die ersten Pusteln gebildet haben, habe ich noch dazu solche Angst um meine Kinder, dass ich sie nicht in meine Nähe lasse, aber allein kommen sie kaum zurecht.«
    »Vielleicht leidest du an einer Krankheit der Seele, nicht an einer des Körpers, und an deinem Körper zeigen sich lediglich die Symptome«, meinte Khalidah nachdenklich.
    Sandara lachte bitter auf. »Also hat mein ganzes Elend jetzt die Form von Pusteln angenommen, die alles wegfressen, was von mir noch übrig ist? Leider gibt es gegen Verbitterung kein Heilmittel.«
    »Vielleicht doch.«
    »Wie meinst du das?«
    »Komm mit.« Khalidah reichte ihr eine Hand. Sandara ergriff sie zögernd und folgte ihr erst in den Gang hinaus und dann die Treppe hinunter. Sie fanden Sulayman und Arzou bei dem ausgetrockneten Springbrunnen, wo sie mit den Kindern spielten. Sowohl Arzou als auch Sandara erstarrten, als sie einander erblickten, dann gab Sandara langsam Khalidahs Hand frei, und Arzou erhob sich. Sie gingen aufeinander zu, und endlich fielen sie sich weinend in die Arme.
     Sandara hätte es gern gesehen, wenn sie über Nacht geblieben wären, aber Sulayman und Khalidah lehnten die Einladung mit der Begründung ab, die Armee müsse so schnell wie möglich weiterziehen.
    »Nun gut.« Sandara sah Arzou an. »Ich hatte gehofft, mehr Zeit mit dir verbringen zu können, aber wenn das nicht möglich ist … so sei es. Abatah, ich vertraue dir und meiner Mutter meine Kinder an.  Nimm sie mit dir zurück nach Qaf und erziehe sie als Dschinn … so, wie sie von Anfang an hätten erzogen werden sollen.«
    Die Zwillinge waren zu klein, um den wehmütigen Unterton aus diesen Worten herauszuhören, aber Daoud entging er nicht, und er klammerte sich instinktiv an seine Mutter, als diese sich an Khalidah wandte. »Bibi Khalidah, ich biete dir untertänigst meine Dienste an. Wenn du erlaubst, schließe ich mich deiner Armee an und kämpfe im Westen für Mobarak Khan.«
    »Sandara, tu das nicht!«, protestierte ihr Vater. »Komm mit mir nach Qaf zurück. Du hast schon genug gelitten, deine Kinder brauchen dich, und deine Mutter sehnt sich so nach dir.«
    »Meine Mutter sehnt sich nach der Tochter, an die sie sich erinnert.« Sandara umfasste sacht seine Hände. »Aber dieses Mädchen bin ich nicht mehr und werde es auch nie wieder sein. Besser, du bringst ihr drei wohlgeratene Kinder statt einer gebrochenen Frau. Ich mag zwar nicht die Pocken haben, abatah, aber mein Herz und meine Seele sind krank, und ich kann mein Leiden nur beenden, indem ich das vollende, was ich vor so langer Zeit begonnen habe. Ich werde in die Schlacht ziehen und als Dschinn nach Qaf zurückkehren, oder … nun, ich werde geheilt werden, so oder so.«
    Die Kinder waren unruhig geworden, die beiden Mädchen begannen zu weinen. Sandara bückte sich und schloss alle drei in die Arme. »Nicht weinen, Kinder. Ihr werdet bald in einem Paradies leben. Ihr werdet mit anderen Kindern spielen können, eure Großeltern werden gut für euch sorgen, und wenn Allah uns gnädig ist, werden wir alle eines Tages wieder vereint sein. Jetzt geht und packt alles ein, was ihr mitnehmen wollt - aber nicht so viel, dass ein Pferd es nicht mehr tragen kann.«
    Die Kinder gingen widerstrebend ins Haus, dabei drehten sie sich immer wieder ängstlich um, als fürchteten sie, ihre Mutter könne sich plötzlich in Luft auflösen. Sandara sah ihnen nach, bis sie außer Sichtweite waren, dann sagte sie: »Ich besitze nur wenig, was ich behalten möchte, aber ich habe noch einige Wertsachen, die ich den Kindern mitgeben möchte. Könnt ihr zwei Stunden auf mich warten?«
    Khalidah stimmte zu und erklärte ihr, wo ihr Lager zu finden war. Dann ließen sie und Sulayman Arzou und seine Tochter allein, damit sie ungestört Abschied voneinander nehmen konnten.
     Danach kamen sie rasch vorwärts - schneller, als Khalidah es je für möglich gehalten hätte. Sie durchquerten das Land, durch das Sulayman und sie sich so mühsam hindurchgekämpft hatten, und benutzten dabei manchmal dieselben Pfade, aber öfter noch andere, Abkürzungen und verborgene Wege, von deren Existenz noch nicht einmal Sulayman etwas geahnt

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