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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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von ihr abließ. Nachdem sie zahlreiche weitere Arme abgewehrt hatte, die sie aufzuhalten versuchten, sah sie ihr Ziel vor sich: ein dickes, hastig um einen in die trockene Erde getriebenen Holzpflock geschlungenes Hanfseil. Ein Schatten fiel über sie. Khalidah blickte auf. Es war Sulayman, und er trug tatsächlich eine gelbe Tunika, was sie einen Moment lang von ihrem Vorhaben ablenkte. Dann lächelte er.
    »Willst du es tun, oder soll ich?«
    Khalidah blinzelte, denn hob sie das Schwert ihrer Mutter. Das Licht fing sich in dem goldenen Edelstein und ließ ihn kurz wie das Auge eines Dschinn aufblitzen, als sie das Seil durchtrennte. Als das Zelt des Königs in sich zusammenfiel, herrschte Totenstille, dann brandete ohrenbetäubendes Siegesgebrüll auf.
     

27
    Guy, der diesen Tag als Saladins Gefangener beschloss, befand sich in guter Gesellschaft. Zusammen mit dem König und zahllosen seiner Ritter hatten die Muslime auch Gérard de Ridefort und Prinz Renaud Kerak in ihre Gewalt gebracht. Doch obgleich das Schicksal des Mannes, den er zu töten geschworen hatte, nun in seiner Hand lag, verließ der Sultan das Schlachtfeld in merklich verhaltenerer Stimmung als seine Soldaten. Er kehrte zu seinem Zelt zurück und gab Anweisung, die hochrangigen christlichen Gefangenen zu ihm zu bringen. Dazu ordnete er an, dass sich seine Schreiber, seine Söhne, Bilal al-Hassani und der Spielmann Sulayman gleichfalls dort einzufinden hatten.
    Nachdem Saladin und sein Gefolge ihre Plätze eingenommen hatten, wurden die einstigen lateinischen Edelleute, jeder von einem Mamluken bewacht, hereingeführt. Guy, de Ridefort und Kerak machten den Anfang. Saladins Blick wanderte über sie hinweg und blieb auf dem König haften. »Tretet vor, Euer Gnaden, und setzt Euch zu mir.«
    Da der König kein Arabisch sprach, wurden ihm die Worte des Sultans übersetzt. Guy machte den Eindruck, als schenke er ihnen wenig Glauben und habe noch gar nicht richtig erfasst, was mit ihm geschehen war. Sulayman fand, dass er aussah wie Asifa in der Nacht, als er sie gestohlen hatte und aus dem Lager der Hassani geflüchtet war. Vor Furcht oder Erschöpfung oder beidem zitternd gehorchte Guy und kniete sich neben dem Sultan auf den kostbaren Teppich.
    Saladin wandte sich an Kerak. »Setzt Euch neben ihn.«
    Nachdem der Dolmetscher übersetzt hatte, starrte Kerak den Sultan lange an und ließ sich dann so langsam, dass es einer Beleidigung gleichkam, neben seinem König nieder. Saladin unterzog ihn einer eindringlichen Musterung, die Kerak mit einem giftigen Blick beantwortete.
    »Wie oft«, fragte der Sultan endlich mit ruhiger, aber stahlharter Stimme, »habt Ihr einen Eid geschworen und ihn dann gebrochen? Wie oft habt Ihr Verträge unterzeichnet und Euch dann nicht daran gehalten?«
    Kerak erwiderte etwas, was der Dolmetscher nur zögernd weitergab. »Könige haben schon immer so gehandelt. Ich habe nichts anderes getan.«
    Saladin entgegnete nichts darauf, sondern wandte sich an den neben ihm sitzenden Frankenkönig. Guys Wasserschläuche waren schon lange leer, und obwohl der Durst ihn nicht ganz so sehr plagte wie seine Soldaten, befand er sich in einem jämmerlichen Zustand. Er schwankte wie trunken und ließ den Kopf hängen wie ein geprügeltes Maultier.
    »Ihr seid durstig, Euer Gnaden?«, sagte Saladin freundlich. »Und habt Angst, wie ich sehe. Dazu besteht kein Anlass. Ihr habt nichts vor mir zu fürchten.« Mit einem kurzen, scharfen Blick auf Kerak winkte Saladin einen Diener zu sich und erteilte ihm einen leisen Befehl. Der Mann huschte davon und kehrte kurz darauf mit einem Becher voll geschabtem Eis zurück. Der Sultan nahm ihn ihm ab und reichte ihn dem König, der sich jedoch weigerte, ihn entgegenzunehmen.
    »Ah«, nickte Saladin. »Ihr fürchtet Verrat … wie es jeder König in Eurer Situation tun würde, obgleich ich Euch schon versichert habe, dass Ihr von mir nichts zu befürchten habt.«
    Er nippte selbst an dem Becher, dann hielt er ihn Guy erneut hin. Diesmal griff der Frankenkönig dankbar danach, trank durstig, besann sich dann aber und reichte den Becher an Kerak weiter, der ihn leerte. Für die Franken sah es so aus, als würde Saladin dies stillschweigend dulden. Denjenigen, die ihn besser kannten, fiel jedoch die plötzliche Kälte in seinen Augen auf.
    Als Kerak den leeren Becher auf den Boden gestellt hatte, wandte sich der Sultan an Guy. »Ihr habt ihm Wasser gegeben, ohne mich  vorher um Erlaubnis zu fragen. Daher

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