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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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im Sattel.
    »Wie geht es dir?«, fragte Khalidah sie.
    Abi Gul lächelte. »Ich bin noch am Leben, Khuday sei Dank. Und was ist mit dir?«
    Khalidahs Lippen verzogen sich grimmig. Während des letzten Angriffs hatte sie sich die rechte Schulter ausgerenkt und konnte jetzt ihren Schwertarm nicht mehr heben. Ihre Arme und Beine waren mit Schnittwunden übersät, und sie hatte ihre seidene Unterwäsche auf die Probe stellen müssen, als sich ein Pfeil in ihren linken Oberarm gebohrt hatte. Er hatte sich tatsächlich so leicht entfernen lassen, wie Abi Gul behauptet hatte, aber sie ahnte, dass ihr noch eine schmerzhafte Säuberung der Wunde bevorstand. Doch Abi Gul hatte Recht, sie war am Leben und würde an keiner ihrer Verletzungen sterben.
    Weil sie dies so überraschte, fragte sie sich, ob sie insgeheim damit gerechnet hatte, diesen Tag nicht zu überleben. Sie hatte gewusst, welche verheerenden Folgen eine Schlacht zwischen der Armee des Sultans und der der Franken nach sich ziehen würde, trotzdem fiel es ihr schwer, das Ausmaß der Verwüstung zu betrachten, ohne sich zu fragen, warum gerade sie verschont geblieben war und nun über die Leichen von Tausenden von Gefallenen hinwegreiten konnte. Und wenn sie überlegte, wofür all diese Männer ihr Leben gelassen hatten  - ein goldenes Kreuz, das vielleicht eine Reliquie enthielt, ein rotes Zelt und eine Stadt, die bei weitem nicht die heiligste oder auch nur zweitheiligste des Islams war -, dann führte dies unweigerlich zu der Frage, ob der Sieg all diese Opfer wert gewesen war.
    Khalidah schüttelte unwillig den Kopf. Sie brauchte ein paar Stunden Schlaf; morgen früh würde alles ganz anders aussehen. Doch als sie und Abi Gul endlich das Lager der Dschinn fanden, stellten sie fest, dass der Sultan zur Feier des Sieges Aprikosenschnaps verteilt hatte. Wer noch nicht betrunken war, befand sich auf dem besten Weg dorthin. Khalidah benutzte ihre Ration dazu, Zahirahs Wunden zu säubern, und zog sich, nachdem sie die Stute gefüttert und getränkt hatte, in ihr Zelt zurück. Sie legte gerade ihre Rüstung ab, als die Klappe geöffnet wurde und Sulaymans gerötetes Gesicht erschien.
    »Du willst doch jetzt wohl nicht schon zu Bett gehen!«
    »Genau das habe ich vor«, gab Khalidah knapp zurück. Sie war nicht sicher, ob ihr Ärger von ihrer Erschöpfung, der grässlichen Suche auf dem mit Leichen übersäten Schlachtfeld oder dem Umstand herrührte, dass Sulayman noch immer die gelbe, jetzt zerfetzte und blutbespritzte Tunika trug, doch sie stürzte sich wie ein Geier auf das Letztere.
    »Bist du der Dschinn schon überdrüssig geworden?«, fauchte sie. »Lebt es sich als Vertrauter des Sultans besser - ah!« Ihr entfuhr ein Schmerzensschrei, als sie versuchte, sich die Tunika über den Kopf zu streifen, wogegen ihre verletzte Schulter vehement protestierte.
    Sulaymans aufkeimender Zorn wich augenblicklich Besorgnis. »Vorsicht, Khalidah, lass mich dir helfen.« Er versuchte, die Tunika über ihren Arm zu ziehen, musste sie aber am Ende aufschneiden. »Ich werde einen Arzt suchen«, sagte er, nachdem er das geschwollene Gelenk sacht berührt hatte. »Das sieht nicht gut aus.«
    »Nein«, wehrte sie ab. »Andere brauchen die Ärzte heute Nacht dringender als ich.« Sie legte sich in ihrer Unterwäsche auf das Bett  und zog sich die Decke bis zum Kinn hoch. Obwohl es im Zelt warm und stickig war, fröstelte sie. Sulayman kam zu ihr und setzte sich neben sie.
    »Ich bin der Dschinn nicht überdrüssig geworden«, sagte er in einem Ton, den Khalidah nicht zu deuten vermochte. »Es ist nur so, dass ich heute etwas erfahren habe, was mein ganzes Leben ändert.«
    »Was denn?«, fragte Khalidah, obwohl sie die Antwort eigentlich gar nicht hören wollte.
    Sulayman zögerte. »Saladin hat mir heute Morgen eröffnet, dass er mein Vater ist.«
    Khalidah hatte geglaubt, nichts könne sie mehr aus der Fassung bringen, aber diese Worte trafen sie wie glühende Pfeile. Langsam setzte sie sich auf und sah Sulayman an.
    »Wie kann er denn dein Vater sein?«
    »Wie es aussieht, haben er und meine Mutter sich in ihrer Jugend in Kairo kennengelernt …«
    »Nein, nein«, unterbrach Khalidah ihn schroff. »Das meinte ich nicht. Woher weiß er es?«
    »Woher wusstest du, dass ein Schwert in einem Trödelladen in der Wüste deiner Mutter gehört hat?«, hielt er ihr entgegen. »Blut ruft Blut, Khalidah.«
    Sie schwieg eine lange Weile. »Schön und gut, aber ich sehe nicht, inwiefern

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