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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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Hände so fest um die Zügel gekrallt, dass die Knöchel weiß hervortraten. Eine Welle der Verzweiflung schlug über ihm zusammen und drohte ihn mit sich fortzureißen, als sie die Talsohle erreichten und sich Richtung Osten zur Grenze von Oultrejourdain wandten.
     

11
    Am dritten Tag nach ihrem verstörenden Traum erspähte Khalidah in der Nachmittagshitze schimmernde Türmchen am Horizont.
    »Qasr Marid«, erklärte Sulayman, als sie ihn darauf hinwies. »Die Festung von Domat al-Jandal. Wir müssten die Stadt gegen Abend erreichen.«
    Im Laufe des Nachmittags konnte Khalidah allmählich die kleinen Gebäude ausmachen, die sich rings um die Festung zogen. Sie sah auch einen spitz zulaufenden Turm, der Sulayman zufolge zu der Omarmoschee gehörte.
    »Sie sieht alt aus«, meinte Khalidah.
    »Siebenhundert Jahre«, erwiderte er. »In ihren Ursprüngen war es eine christliche Kirche.«
    Khalidah grübelte über diesen Umstand nach. Man vergaß leicht, dass Islam und Christentum einst dieselbe Wiege geteilt und lange friedlich nebeneinander existiert hatten. Siebenhundert Jahre erschienen gemessen an der Zeit, die es gedauert hatte, um eine auf Liebe und Mitgefühl basierende Religion in eine Viper zu verwandeln, die sich selbst in den Schwanz beißt, gleich viel weniger lang.
    Die Wachposten am Tor schenkten ihnen keinerlei Beachtung, als sie in die Stadt hineinritten. Innerhalb der Mauern verlor sich der klösterliche Eindruck, den Domat al-Jandal von außen erweckt hatte, und wich dem hektischen Treiben eines abgelegenen Handelspostens. Nach so vielen Tagen in der stillen Weite der Wüste empfand Khalidah das Menschengewirr als seltsam unwirklich.
    »Wir müssen ein Gasthaus finden.« Sulayman maß sie mit einem kritischen Blick. »Solange du den Mund hältst, müsstest du als Junge durchgehen. Überlass das Reden mir.«
    Khalidah nickte.
    Sie ritten langsam durch die Straßen. Auf den ersten Blick wirkte Domat al-Jandal wie jede andere Stadt auch. Die Häuser waren klein und gepflegt. Verschleierte Frauen in dunklen Gewändern klaubten trockene Wäsche von Büschen und Mauern, Kinder und Tiere spielten in den Straßen. Männer saßen rauchend in Höfen und Teehäusern. Und doch kam es Khalidah so vor, als klinge ein zusätzlicher Ton in dem Lied der Stadt mit; so, als würde eine oud mit einer Saite zu viel gespielt. Dieses Gefühl verstärkte sich noch, als Sulayman mit der Begründung, alles sei belegt, in einem Gasthaus nach dem anderen abgewiesen wurde.
    »Warum ist es denn überall so voll?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Aber ich vermute, dass während unserer Abwesenheit etwas Bedeutsames passiert ist.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Weil die Gasthäuser nicht einfach nur überfüllt sind, sondern von  Soldaten wimmeln«, entgegnete er. »Oder solchen, die es werden wollen. Männer aus Südarabien und Jassirah - manche kommen sogar aus Persien.«
    »Sie nehmen einen so langen Weg auf sich, nur um für den Sultan zu kämpfen?«
    »Wenn du ihn einmal gesehen hättest, würdest du sie verstehen.«
    Dies verblüffte Khalidah so sehr, dass sie ihm zum ersten Mal seit ihrem beunruhigenden Traum in die Augen sah - und darin las, dass er wusste, was in ihr vorging. Sie holte tief Atem und überwand ihre Verlegenheit. »Soll das heißen, dass du ihm schon einmal begegnet bist?«
    Sein Blick heftete sich auf den Spalt zwischen Asifas Ohren. »Auf dem Rückweg von Qaf«, bestätigte er. »Ich stieß zufällig auf ein Soldatenlager und wurde zu ihrem amir gebracht. Erst später wurde mir klar, wen ich da vor mir gehabt hatte.«
    »Wie war er denn?«
    Sulayman lächelte flüchtig. »Schlicht, ruhig, absolut unauffällig. Wenn die anderen Soldaten sich ihm gegenüber nicht so ehrerbietig verhalten hätten, hätte ich ihn für einen Dienstboten gehalten. Er stellte mir ein paar Fragen, die für mich keinen Sinn ergaben, dann bat er mich, für ihn zu spielen. Am nächsten Morgen drückte er mir ein paar Münzen in die Hand und wünschte mir eine gute Weiterreise. Erst später begriff ich, für wen ich da gespielt hatte - und wie viel ich ihm erzählt hatte, ohne es zu merken.«
    »Das klingt nicht gerade Vertrauen erweckend.«
    Sulayman zuckte die Achseln. »Ganz im Gegenteil. Einem solchen Mann würde ich blind vertrauen - solange wir auf derselben Seite kämpfen. Das hat man auch seinen Männern angemerkt: Sie liebten und respektierten ihn, dennoch bestand zwischen ihnen und ihm keine kalte Distanz.

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