Wunder wie diese
Bianca mir das Mikro aus der Hand riss und mich zur Schnecke machte.
Während sie mich anschrie und Jeremy hinter ihr breit grinste, knisterte es abermals im Lautsprecher und kurz darauf dröhnte Eds Stimme durch den Laden. Er sang an der Stelle weiter, wo ich aufgehört hatte, bis jemand ihm das Mikro entriss. Ed und ich sind eins.
Am Ende stellte sich heraus, dass eh keine Kunden mehr im Laden waren.
30. Januar
Rohan ist aus Europa zurück. Ich gehe mit ihm, Mick und Suze in den Pub. Und zwar jetzt.
8. Februar
In drei Wochen geht die Uni wieder los. Rohan hat in Newcastle eine Wohnung gefunden. Nächste Woche ist die Einweihungsparty. In zwei Wochen geht sein Job los. Ich arbeite immer noch 25 bis 30 Stunden bei Woolies, hoffe aber, bis die Uni wieder anfängt, auf zwölf runtergehen zu können. Zoe hat eine Graduiertenstelle bei einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen gefunden und Dad ist hocherfreut darüber. Sie hat vor auszuziehen, sobald sie sich die Kaution und eigene Möbel leisten kann. Schön für sie. Mum und Dad hat sie noch nichts davon erzählt. Dad wird einen fürchterlichen Aufstand machen und ihr nahelegen, zu Hause zu bleiben, solange sie sich kein eigenes Zuhause leisten kann. »Warum willst du das Geld für die Miete aus dem Fenster werfen?«, ist sein Standardargument. Ich dagegen betrachte Mietzahlungen eher als Investition für die psychische Gesundheit und Unabhängigkeit.
14. Februar
Bin in Rohans Wohnung in Newcastle. Heute Abend steigt die Fete. Er, Mick und Suze sind gerade los und machen die letzten Eiswürfel-und-Teelichter-Besorgungen. Ich habe um Nachsicht gebeten und mir’s mit einem Bier auf Rohans Balkon gemütlich gemacht. Ich kann Ausschnitte vom Hafen erspähen. Da draußen liegen ein paar riesige Tanker vor Anker, die so aussehen, als ob sie geduldig darauf warteten, Einlass in den Hafen zu erhalten. Ich frage mich, wie lange sie noch ausharren müssen. Ich frage mich, wie sich die Besatzung die Zeit vertreibt. In meiner Vorstellung spielen sie Karten. Gegenüber von Ros Wohnung stehen sechs prächtige alte Reihenhäuser, samt fünf Schornsteinen auf jedem Dach. Sie sind wirklich eindrucksvoll. Eine ruhige Straße – bald nicht mehr.
Wir sind schon gestern hier angekommen, mit dem Land Cruiser von Micks Dad. Was für ein Monster. Nach dem üblichen zäh fließenden Verkehr auf dem Pacific Highway aus der Stadt heraus sind wir mit Vollgas und voll aufgedrehter Musik über die F3 nach Newcastle gebrettert. Während wir an der Kanalmündung mit diesen riesigen Windsäcken erst hinauf- und dann wieder hinuntergefahren sind, erlebte ich plötzlich einen dieser Momente, in dem man wehmütig über etwas wird, was gerade erst passiert – eine Art vorzeitige Nostalgie. Wir fuhren sehr schnell. Irgendwo in der Nähe der Peat’s-Ridge-Abfahrt hatte ich eine von Micks Kings of Leon -CDs herausgefischt und wir quatschten und sangen abwechselnd mit. Suze nahm mir das CD-Cover aus der Hand und betrachtete es genauer. »Das sind mal ein paar verdammt enge Hosen«, sagte sie zu niemandem bestimmten. »Und wie verdammt eng die sind.« Wir fuhren zum Kanal hinunter, den Kopf in den Nacken gelegt, aus voller Kehle grölend. Und dann ging es auf der anderen Seite wieder hoch, mit dem Schwung, den wir auf dem Weg nach unten gewonnen hatten.
Jahre später, wenn Mick, Suze, Rohan und ich erwachsen geworden sind, mit unseren Ehepartnern und Kindern irgendwo über die Vorstädte versprengt leben, die Köpfe tief in den Kragen gezogen vom langen Marsch durch unsere 50-Jahres-Pachtverträge, und wir uns immer seltener sehen, werde ich ein paar Kisten mit alten CDs durchstöbern und auf die Kings of Leon stoßen. Ich werde sie einlegen und mich zurückversetzt fühlen an den Tag, als ich mit meinen Freunden Mick und Suze die F3 hinuntergedüst bin, auf dem Weg zu Rohans Einweihungsparty in Newcastle, und wir dabei so laut gesungen haben, dass wir hinterher heiser waren.
Und was für ein vielversprechender Abend das werden wird! Die Wodkawackelpuddings stehen schon im Kühlschrank, und wenn das Eis da ist, werden wir einen Riesenbottich Blue Lagoon mixen. Wir haben drei Kästen Bier, die nur noch im Bad kaltgestellt werden müssen. Wir haben für 20 Uhr Türkische Pizza bestellt und bis dahin gibt es Chips mit Dips. Es werden haufenweise Ingenieurkumpels von Rohan kommen, einschließlich der reizenden Stella, die für eine Ingenieurin unglaublich zierlich und extrem hübsch ist. Haltet euch
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