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Wunder wie diese

Wunder wie diese

Titel: Wunder wie diese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Buzo
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Natürlich ist kein einziger Kerl darunter. Was lernen wir daraus? Dass es das Los der Frau ist, den Dreck im Badezimmer wegzumachen?« Ich halte kurz inne, um nach Luft zu schnappen und sie wieder auszuatmen. »Ich schätze, der Dreck im Badezimmer ist tatsächlich das Los der Frau. Auf jeden Fall bei uns zu Hause.« Ich wende mich ihm zu. »Kümmerst du dich bei euch um den Dreck im Badezimmer?«
    Er schüttelt langsam den Kopf.
    »Das habe ich mir fast gedacht.« Ich werfe den Schwamm angewidert an die Wand.
    »Amelia«, sagt Chris.
    »Ja?«
    »Wenn du nur zwei Jahre älter wärst, würde ich mit dir zusammen sein wollen.«
    Was? Was hat er da gerade gesagt? Ich starre ihn an.
    Er sieht mich zärtlich an mit seinen geröteten Augen, seinem unsteten Blick.
    »Du würdest was?«
    »Ich wünschte, du wärst älter«, sagt er. »Du wärst die perfekte Frau«, und er umschließt mit der Hand, in der er nicht den Wodka hält, mein Kinn.
    Ich bin sprachlos. Ich bringe keinen Ton heraus. Das Einzige, was ich wahrnehme, ist das Blut, das in meinen Ohren rauscht. Ich glaube, ich atme nicht. Und dann plötzlich finde ich meine Stimme wieder.
    »Du bist perfekt! Du bist perfekt!«
    »Wirklich?«, fragt er und stellt die Wodkaflasche auf den Boden.
    »Jaaa!«
    Er legt beide Hände um mein Gesicht.
    Auweia.
    »Amelia.«
    »Ja.«
    »Ich muss dich jetzt küssen.« Und dann zieht er mich mit meinem nach Limettensirup schmeckenden Mund zu sich heran.
    Ich küsse Chris, als hätte ich jahrelang nichts anderes getan, als Jungs in Badezimmern zu küssen. Ich glaube zu spüren, wie unsere Lippen miteinander verschmelzen. Die paar Zentimeter Fliesenboden zwischen uns verschwinden in einem Knäuel aus Armen und Beinen.
    »Chris.« Ich löse meine Lippen für einen Moment.
    »Hmm?«
    »Ich liebe dich.«
    Er öffnet die Augen, sein Griff um mich scheint sich zu lockern. Er wirkt wie erstarrt. Nicht die Wirkung, die ich mir erhofft hatte.
    Trotzdem spreche ich weiter: »In ein paar Monaten werde ich sechzehn.«
    Er lässt mich los. Ich versuche, ihn noch mal zu küssen, aber er dreht den Kopf weg.
    »Was? Was ist denn los?«
    Von draußen hämmert jemand an die Tür.
    »Scheiße«, sagt Chris und weicht zurück. Er wirft dabei die Wodkaflasche um, die mit einem lauten Klirren auf die Fliesen knallt, aber nicht zerbricht.
    »Beeil dich verdammt noch mal da drin!«, schreit Bianca ziemlich schrill und bollert weiter gegen die Tür. Sie ist unglaublich. Wahrscheinlich taucht sie auch noch bei meiner Hochzeit auf, um sie zu ruinieren.
    Von da ab geht alles ziemlich schnell.
    Chris macht die Badezimmertür auf.
    »Endlich!«, zickt Bianca, die draußen auf dem Flur steht, Alana und Donna wie üblich im Schlepptau. »Ich hab –«
    Da entdeckt sie mich hinter Chris und eine Augenbraue schnellt nach oben.
    Er packt mich am Handgelenk und zieht mich raus. »Halt die Klappe«, sagt er zu Bianca, die eben zu einer Bemerkung ansetzen wollte.
    »Chris«, flüstere ich und folge ihm durch den Flur. »Was –«
    »Da bist du ja, Amelia! Mein Vater wartet draußen. Willst du noch mit?« Sveta wohnt in meiner Nähe und hatte mir angeboten, mich mitzunehmen.
    »Oh ja, danke. Ich komme gleich.« Es würde sonst schwierig für mich, nach Hause zu kommen. Sonntagnacht fahren kaum Busse in den Vororten und in meiner Familie ist Abholen eher unüblich.
    Sveta nickt mir zu und geht raus.
    Ich ziehe an Chris’ Hand. »Ich geh jetzt.«
    Er sieht mich an. »Ich bring dich noch raus.«
    Ich hole meinen Rucksack und wir gehen durch den Seiteneingang hinaus auf die dunkle Auffahrt. Man sieht das Licht der Scheinwerfer von dem wartenden Auto an der Straße, aber es strahlt nicht in unsere Richtung.
    »Kleine«, sagt er und umarmt mich ganz fest.
    »Ich muss los«, sage ich, löse mich langsam aus der Umarmung, in dem Bewusstsein, dass Svetas Dad wartet.
    Er sieht mich einen Moment lang an. Ganz nah.
    »Deine Pupillen sind riesig«, sagt er mit einem leichten Lallen.
    Ich küsse ihn noch einmal auf den Mund. Einfach so. Weil ich es will. Ich bin selbst verblüfft über die Freiheit, die ich mir da herausnehme, und schreite selbstsicher die Auffahrt hinunter.
    Ich lerne nicht mehr und schlafe auch nicht, als ich gegen Mitternacht nach Hause komme. Es ist still. Ich sitze bis ein Uhr senkrecht im Bett. Dann ziehe ich meinen Schlafanzug an und sitze noch einmal bis etwa vier Uhr auf dem Bett, bis ich mich hinlege und vor mich hindämmere.
    Als ich um sechs Uhr dreißig vom

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