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Wunder

Wunder

Titel: Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Palacio
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wirklich zu wollen: bleib mir vom leib. gib dir gar keine mühe. sie flirtet nicht in der gegend herum wie andere mädchen. sie schaut einem direkt in die augen, wenn sie mit einem spricht, als fordere sie dich heraus. also hab ich ihr einfach auch direkt in die augen geschaut, als würde ich die herausforderung annehmen. und dann hab ich sie gefragt, ob sie mit mir ausgehen will, und sie sagte ja, was total cool war.
    sie ist ein fantastisches mädchen, und ich liebe es, zeit mit ihr zu verbringen.
    sie erzählte mir erst bei unserem dritten date von august. ich glaube, sie benutzte den ausdruck »kraniofaciale abnormalität«, um sein gesicht zu beschreiben. vielleicht war es auch »kraniofaciale anomalie«. ich weiß allerdings, dass sie nicht das wort »entstellt« benutzt hat, denn das hätte mir etwas gesagt.
    also, was denkst du?, fragt sie mich nervös, sobald wir in ihrem zimmer sind. bist du geschockt?
    nein, lüge ich.
    sie lächelt und schaut weg. du bist geschockt.
    bin ich nicht, versichere ich ihr. er ist nur so, wie du gesagt hast.
    sie nickt und lässt sich auf ihr bett fallen. irgendwie süß, dass sie immer noch so viele stofftiere auf ihrem bett liegen hat. ohne sich etwas dabei zu denken, nimmt sie jetzt eines davon, einen eisbären, und setzt ihn sich auf den schoß.
    ich hocke mich auf den bürostuhl vor ihrem schreibtisch. ihr zimmer ist total aufgeräumt.
    als ich klein war, sagt sie, gab es viele kinder, die nach dem ersten spielen nie wieder zu mir nach hause gekommen sind. ich meine, viele kinder. ich hatte sogar freunde, die nicht zu meinem geburtstag kommen konnten, weil er dabei gewesen wäre. sie haben mir das nie direkt gesagt, aber ich hab’s immer irgendwann erfahren. manche leute wissen einfach nicht, wie sie sich in auggies gegenwart verhalten sollen, weißt du?
    ich nicke.
    es ist nicht mal so, dass sie wissen, wie gemein sie sind, fügt sie hinzu. sie haben bloß angst. ich meine, mal ehrlich: sein gesicht ist schon ein bisschen beängstigend, oder?
    wahrscheinlich schon, sage ich.
    aber du kommst damit klar?, fragt sie mich liebevoll. du bist nicht zu geschockt? oder verängstigt?
    ich bin nicht geschockt, und angst macht mir das auch keine. ich lächele.
    sie nickt und schaut den eisbären auf ihrem schoß an. ich kann nicht sagen, ob sie mir glaubt oder nicht, aber dann gibt sie dem eisbären einen kuss auf die schnauze und wirft ihn mir mit einem kleinen lächeln zu. ich denke, das heißt, dass sie mir glaubt. oder dass sie das zumindest möchte.

Valentinstag
     
    ich schenke olivia eine kette mit herzanhänger zum valentinstag, und von ihr bekomme ich eine umhängetasche, die sie aus alten disketten gemacht hat. echt cool, wie sie solche sachen hinbekommt. ohrringe aus schaltkreis-teilen. röcke aus t-shirts. taschen aus alten jeans. sie ist so kreativ. ich hab ihr schon gesagt, dass sie irgendwann künstlerin werden sollte, aber sie will wissenschaftlerin werden. genforscherin, ausgerechnet. sie möchte menschen wie ihren bruder heilen, nehme ich an.
    wir planen, dass sie mich endlich ihren eltern vorstellt. in einem mexikanischen restaurant auf der amesfort avenue, bei ihnen in der nähe, am samstagabend.
    den ganzen tag macht mich das nervös. und wenn ich nervös werde, kommen meine ticks zum vorschein. ich meine, meine ticks sind ja immer da, aber sie sind nicht mehr so wie damals, als ich noch klein war: heute ist da nicht mehr als ein heftiges blinzeln, und hin und wieder zuckt mein kopf. aber in stresssituationen werden sie schlimmer – und ihre familie zu treffen ist definitiv eine stressituation.
    sie warten schon drinnen, als ich zum restaurant komme. ihr dad steht auf und schüttelt mir die hand, und ihre mom umarmt mich. auggie gebe ich einen faust-druck zur begrüßung und olivia einen kuss auf die wange, bevor ich mich hinsetze.
    es ist so schön, dich kennenzulernen, justin! wir haben schon so viel von dir gehört!
    ihre eltern könnten gar nicht netter sein. das beruhigt mich sofort. der kellner bringt die speisekarten, und mir fällt sein gesichtsausdruck auf, als er einen blick auf august wirft. aber ich tue so, als würde ich es nicht bemerken. ich denke mal, wir werden heute abend alle so tun, als würden wir so manches nicht bemerken. den kellner. meine ticks. wie august seine tortilla-chips auf dem tisch zerbröselt und die krumen auflöffelt. ich schaue zu olivia hinüber, und sie lächelt mich an. ihr fällt das gesicht des kellners auf. ihr

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