Wunder
der in deinen Gehörgang kommt, auch angenehm und perfekt sitzt. Diesen Teil hier nennt man den Schallwandler, okay? Und dieses Ding ist eine besondere Halterung, die wir hier an den Bügel angebracht haben.«
»Der Lobot-Teil«, sagte ich unglücklich.
»Hey, Lobot ist doch cool«, sagte der Ohrenarzt. »Es ist ja nicht so, als würden wir sagen, du musst wie Jar Jar Binks aussehen, weißt du? Das wäre schlimm.« Er stülpte die Kopfhörer wieder vorsichtig über meinen Kopf. »Das wär’s, August. Also, wie fühlt sich das an?«
»Total unbequem!«, sagte ich.
»Du wirst dich schnell an sie gewöhnen«, sagte er.
Ich schaute in den Spiegel. Meine Augen wurden feucht. Ich sah nur diese Röhren, die von beiden Seiten an meinem Kopf abstanden – wie Antennen.
»Muss ich das wirklich tragen, Mom?«, fragte ich und versuchte, nicht zu heulen. »Ich hasse die. Die bringen doch gar nichts!«
»Wart mal ne Sekunde, mein Freund«, sagte der Arzt. »Ich hab sie ja noch gar nicht angestellt. Warte, bis du den Unterschied hörst: Dann wirst du sie auch tragen wollen.«
»Nein, werd ich nicht.«
Und dann stellte er sie an.
Helles Hören
Wie kann ich beschreiben, was ich hörte, als der Arzt meine Hörgeräte anstellte? Oder was ich nicht hörte? Es ist zu schwer, die richtigen Worte zu finden. Das Meer rauschte nicht länger in meinem Kopf. Es war weg. Ich konnte einzelne Klänge wie helle Lichter in meinem Gehirn hören. Es war wie in einem Raum, in dem eine der Glühbirnen an der Decke nicht funktioniert. Man merkt gar nicht, wie dunkel es ist, bis jemand die Birnen auswechselt. Und dann denkt man bloß noch: Whoa, es ist ja so hell hier! Ich weiß nicht, ob es ein Wort gibt, das dasselbe bedeutet wie »hell« – nur im Zusammenhang mit dem Hören, aber ich wünschte, ich wüsste eines, denn jetzt hörten meine Ohren hell.
»Wie klingt es, Auggie?«, fragte der Ohrenarzt. »Kannst du mich gut hören, mein Freund?«
Ich schaute ihn an und lächelte, antwortete aber nicht.
»Schätzchen, hörst du irgendwie anders?«, fragte Mom.
»Du musst nicht schreien, Mom.« Ich nickte glücklich.
»Hörst du besser?«, fragte der Ohrenarzt.
»Ich hör dieses Geräusch nicht mehr«, antwortete ich. »Es ist so still in meinen Ohren.«
»Das weiße Rauschen ist weg«, sagte er und nickte. Er schaute zu mir herüber und zwinkerte mir zu. »Ich hab dir gesagt, dass du mögen wirst, was du jetzt hören kannst, August.« Er schraubte noch weiter an dem linken Hörgerät herum.
»Klingt es deutlich anders, Schatz?«, fragte Mom.
»Ja.« Ich nickte. »Es klingt … leichter.«
»Das liegt daran, dass du jetzt bionisch hörst«, sagte der Ohrenarzt und stellte die rechte Seite ein. »Jetzt drück mal hier drauf.« Er legte meine Hand hinter das Hörgerät. »Fühlst du das? Das ist die Lautstärke. Du musst die Lautstärke finden, die für dich angenehm ist. Das machen wir als Nächstes. Nun, was hältst du davon?« Er nahm einen kleinen Spiegel zur Hand und ließ mich in den großen Spiegel schauen, damit ich sehen konnte, wie die Hörgeräte von hinten aussahen. Meine Haare verdeckten den Kopfbügel zum größten Teil. Nur die Röhren schauten hervor.
»Findest du deine neuen bionischen Lobot-Hörgeräte okay?«, fragte der Arzt und schaute mich im Spiegel an.
»Ja«, sagte ich. »Danke schön.«
»Haben Sie vielen, vielen Dank, Dr. James«, sagte Mom.
Am ersten Tag, als ich mit den Hörgeräten zur Schule kam, glaubte ich, die anderen Schüler würden eine Riesensache daraus machen. Aber keiner tat das. Summer freute sich, dass ich besser hören konnte, und Jack sagte, ich würde wie ein FBI-Agent oder so was aussehen. Aber das war’s auch schon. Mr. Browne sprach mich im Englischunterricht darauf an. Aber nicht nach dem Motto: Was zum Geier hast du denn da auf dem Kopf? Er sagte bloß: »Wenn du irgendwann möchtest, dass ich etwas wiederhole, Auggie, sag es mir bitte, okay?«
Wenn ich jetzt zurückschaue, weiß ich gar nicht, warum ich die ganze Zeit über so einen Wirbel gemacht habe. Komisch, wie man sich wegen mancher Sachen manchmal total verrückt macht, und am Ende ist es gar nichts.
Vias Geheimnis
Ein paar Tage nach dem Ende der Frühlingsferien fand Mom heraus, dass Via ihr nichts von dem Theaterstück erzählt hatte, das nächste Woche an ihrer High School aufgeführt wurde. Und Mom war sauer. Mom wird nicht besonders oft sauer (auch wenn Dad das wohl anders sehen würde), aber diesmal war sie
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