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Wunder

Wunder

Titel: Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Palacio
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mich über irgendwas aufgeregt habe.
    Ich stellte mir vor, wie Mom und Via in der Küche über mich redeten. Ich stellte mir vor, dass Via sich so richtig, richtig mies fühlte. Ich stellte mir Mom vor, die ganz außer sich war vor schlechtem Gewissen. Und Dad würde auch wütend auf sie sein, wenn er nach Hause kam.
    Ich machte ein kleines Loch in den Stapel aus Kissen und Stofftieren und spähte zur Uhr an meiner Wand. Eine halbe Stunde war vergangen, und Mom war immer noch nicht in mein Zimmer gekommen. Ich versuchte auf die Geräusche in den anderen Zimmern zu lauschen. Saßen sie immer noch beim Essen? Was ging da vor?
    Schließlich öffnete sich die Tür. Es war Via. Sie machte sich nicht einmal die Mühe, bis zu meinem Bett herüberzukommen, und sie trat auch nicht behutsam ein, wie ich es erwartet hatte. Sie kam ganz eilig ins Zimmer.

Abschied
     
    Auggie«, sagte Via. »Komm schnell. Mom muss mit dir sprechen.«
    »Ich werde mich nicht entschuldigen!«
    »Es geht nicht um dich!«, rief sie aus. »Nicht alles auf der Welt dreht sich um dich, Auggie! Jetzt beeil dich. Daisy ist krank. Mom bringt sie zum Not-Tierarzt. Komm und verabschiede dich von ihr.«
    Ich stieß die Kissen von meinem Gesicht und schaute zu ihr auf. In dem Moment sah ich, dass sie weinte. »Was meinst du mit verabschieden?«
    »Jetzt komm!«, sagte sie und streckte ihre Hand aus.
    Ich nahm ihre Hand und folgte ihr über den Flur in die Küche. Daisy lag seitlich auf dem Boden und hatte die Beine gerade von sich gestreckt. Sie hechelte stark, als wäre sie durch den Park gelaufen. Mom kniete neben ihr und streichelte ihren Kopf.
    »Was ist passiert?«, fragte ich.
    »Sie fing ganz plötzlich an zu winseln«, sagte Via und kniete sich neben Mom.
    Ich schaute zu Mom hinunter, die ebenfalls weinte.
    »Ich fahre mit ihr ins Tierkrankenhaus in die Stadt«, sagte sie. »Das Taxi holt mich ab.«
    »Der Tierarzt macht, dass es ihr wieder besser geht, oder?«, fragte ich.
    Mom schaute mich an. »Das hoffe ich, Schätzchen«, sagte sie leise. »Aber ich weiß es ehrlich nicht.«
    »Natürlich macht er das!«, sagte ich.
    »Daisy ist in letzter Zeit oft krank gewesen, Auggie. Und sie ist alt …«
    »Aber er kann sie wieder gesund machen«, sagte ich und schaute Via an, damit sie mir zustimmte, aber Via schaute nicht zu mir auf.
    Moms Lippen zitterten. »Ich glaube, es ist jetzt vielleicht an der Zeit, dass wir uns von Daisy verabschieden, Auggie. Es tut mir leid.«
    »Nein!«, sagte ich.
    »Wir wollen nicht, dass sie leidet, Auggie«, sagte sie.
    Das Telefon klingelte. Via nahm den Hörer ab, sagte: »Okay, danke« und legte dann auf.
    »Das Taxi ist draußen«, sagte sie und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen weg.
    »Okay, Auggie, machst du mir die Tür auf, Schätzchen?«, sagte Mom und hob Daisy ganz sanft hoch, als wäre sie ein großes, schlaffes Baby.
    »Bitte, nicht, Mommy.« Ich weinte und stellte mich vor die Tür.
    »Schätzchen, bitte«, sagte Mom. »Sie ist sehr schwer.«
    »Was ist mit Daddy?«, schluchzte ich.
    »Er kommt direkt ins Krankenhaus«, sagte Mom. »Er möchte nicht, dass Daisy leidet, Auggie.«
    Via schob mich von der Tür weg und hielt sie für Mom auf.
    »Mein Handy ist an, wenn ihr irgendwas braucht«, sagte Mom zu Via. »Kannst du die Decke über sie legen?«
    Via nickte, aber jetzt weinte sie ganz unbeherrscht.
    »Sagt Daisy Auf Wiedersehen, Kinder«, sagte Mom, und ihr strömten die Tränen über die Wangen.
    »Ich hab dich lieb, Daisy«, sagte Via und küsste Daisy auf die Schnauze. »Ich hab dich so lieb.«
    »Mach’s gut, mein Mädchen …«, flüsterte ich in Daisys Ohr. »Ich hab dich lieb …«
    Mom trug Daisy die Eingangsstufen hinunter. Der Taxifahrer hatte die Seitentür geöffnet, und wir schauten zu, wie sie einstieg. Kurz bevor sie die Tür schloss, schaute Mom zu uns auf, wie wir vor dem Hauseingang standen, und sie winkte uns kurz zu. Ich glaube nicht, dass ich sie jemals trauriger gesehen habe.
    »Ich hab dich lieb, Mommy!«, sagte Via.
    »Ich hab dich lieb, Mommy!«, sagte ich. »Es tut mir leid, Mommy!«
    Mom warf uns eine Kusshand zu und schloss die Tür. Wir sahen zu, wie der Wagen davonfuhr, und dann machte Via die Tür zu. Sie schaute mich eine Sekunde lang an, und dann umarmte sie mich ganz, ganz fest, während wir nicht aufhören konnten zu weinen.

Daisys Spielsachen
     
    Justin kam etwa eine halbe Stunde später herüber. Er umarmte mich fest und sagte: »Tut mir leid, Auggie.« Wir

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