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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
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bitte, liebe Kröte, spring mich nicht an! Ich ekle mich nämlich vor
Kröten!«
    »Das tut mir leid«, erwiderte die
Kröte. »Hast du vielleicht etwas Brot für mich?«
    »Ich habe nur noch diese Kruste«, sagte
Dott. »Sie ist etwas schmutzig, aber vielleicht macht dir das nichts aus.«
    Kaum hatte die Kröte ein Bröckchen von
dem Brot gegessen, da schwoll sie rasch nach allen Seiten an. Und plötzlich
stand da ein winziges Männchen in einem bunten Flickenkleidchen und mit einer
Spindel im Arm.
    »Ein Elliken«, dachte Dott etwas
erschrocken. »Ganz wie in meinem Sagenbuch. Es wird mir schon nichts tun. Es
gehört ja zu den Helfegeistern.«
    Das Elliken saß ruhig auf der Schwelle
der Tür, die von der Terrasse in das Schloß führte. Es spann gemächlich seinen
Faden, und dabei sang es:
     
    »Das
Läppchen kommt auf das Loch,
    und
das Loch auf das Läppchen.«
     
    Als die Kleine seinen Singsang eine
Weile angehört hatte, konnte sie nicht mehr an sich halten und fragte: »Warum
singst du eigentlich immer: Das Läppchen kommt auf das Loch, und das Loch auf
das Läppchen?«
    »Ei, das ist doch ganz leicht zu
verstehen!« lachte das Elliken. »Wenn man so lange gelebt hat wie ich, dann
weiß man eben, daß immer das Läppchen auf das Loch kommt, und das Loch auf das
Läppchen, solange die Welt steht.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte die
Kleine.
    »Dann schau einmal ins Fenster hinter
dir!«
    Die Kleine sah in das Spiegelglas der
hohen Eingangstür und erschrak, denn da blickte ihr das spitze und völlig
verschmierte Gesicht eines kleinen Mädchens entgegen.
    »Du brauchst mir nicht mein Spiegelbild
im Fenster zu zeigen!« sagte sie vorwurfsvoll. »Ich weiß allein, daß ich mich
schon lange gründlich waschen und kämmen müßte! — Ach, was ist denn nur aus
meinen schönen Locken geworden!«
    »Ich meinte auch nicht, daß du dich im
Fenster betrachten solltest. Du mußt durch dich hindurchschauen, wenn du etwas
sehen willst. Dieser Saal mit dem glänzenden Parkett und dem prunkvollen
Kreuzgewölbe, der ist zum Beispiel eines von den Läppchen auf dem Loch.«
    »Ich kann überhaupt nicht verstehen,
was du meinst!« rief Dott ungeduldig.
    »Dann sollst du wissen, wie für mich
das erste Loch ins Läppchen kam«, sagte das Männchen. Denke dir alles weg, was
du hier siehst. Schau über tausend Jahre zurück: keine Alleen, keine Gräben,
keine Plattenburg, nichts davon, dafür aber Sumpf und Urwald und Knüppeldämme,
ein Ringwall aus Erde, festgestampft und durch Bohlen gestützt. Und drinnen in
diesem Wall meine lieben Leute, die Wenden, in ihren Holzhäuserchen. Draußen
Wölfe und Urstiere, dabei die kleinen Äckerchen so morastig, daß die hölzernen
Pflüge von vier Pferden gezogen werden mußten. Schwer hatten es meine Wenden,
aber die Hausfrauen stellten Schüsselchen mit Milch und Brotbröckchen für mich
an die Schwelle.
    Und plötzlich war alles weg. Zerrissen
der Wall, verbrannt die Häuschen, geflohen meine lieben Wenden. — Das,
Menschenkind, war das erste Loch auf dem Läppchen!«
    »Ach, so ist das! — Und das Läppchen
auf dem Loch?«
    »Ha, dumm bist du nicht«, lachte das
Männchen. — »Große, blonde Männer und Frauen kamen hierher aus dem Westen
hinter der Elbe. Die bauten hier die erste feste Burg aus Stein —nicht diese,
kleiner, trutziger, zur Verteidigung gegen die Wenden errichtet. Der Pallas
hinter dir ist noch davon zurückgeblieben. — Sie stellten Schüsselchen mit
Speise für die Hanslmannken auf, die ihnen aus der Heimat hierher gefolgt sind.
Für mich aber warfen die wendischen Mägde Brotkügelchen hinter den Ofen. Und
plötzlich war auch die Burg leer, das Loch war wieder da! Und Läppchen auf Loch
und Loch auf Läppchen! Die Bischöfe von Havelberg wurden Herren auf der Burg,
bis es keine Bischöfe mehr in Havelberg gab. Die Ritter von Saldern zogen ein
mit Spiel und Tanz und Prunk und neuen Bauten — bis das Riesenloch kam im
Dreißigjährigen Krieg, mit Pest und Hunger und Flucht in die Wälder, und ich
als Kröte hinterdrein! — Und wieder kam das Läppchen auf das Loch, meine Ritter
von Saldern wurden mächtiger und reicher als zuvor, und ich wurde dick und
fett!«
    »Und jetzt?« fragte Dott gespannt. »Ist
jetzt Läppchen oder Loch?«
    Da lachte das Elliken, daß es sich
überschlug, weil die Kleine ihn so gut verstanden hatte. Dabei aber schrumpfte
es vor den Augen der kleinen Dott zusammen und sprang als Kröte mit großen
Sätzen die Stufen der Terrasse

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