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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
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Lungen
hinein. Sie hatte gar nicht mehr gewußt, wie gut es tat, wieder einmal in einem
Kuhstall zu stehen und den vertrauten Geruch zu atmen!
    Die Kuh wandte ein wenig den Kopf und
schaute schweigend auf sie nieder. — »Du könntest uns ja sagen, wer du bist«,
fing jetzt eine zweite Kuh an, die weiß und rot gefleckt war. »Wir haben doch
gleich gesehen, daß mit dir etwas Besonderes los ist! Ein Mensch bist du nicht,
denn du versteht unsere Sprache. Zu den Holzweibchen gehörst du auch nicht, du
hast ja keine Hocke Holz auf dem Rücken, du bist auch kein Moosweibchen, denn
wo wäre denn das Moos in deiner Schürze? Du gehörst auch nicht zu den Leuten
vom Landshuter Paß, denn du hast ja keine Gänsefüße. Auch zu den Rotbuckeln
gehörst du nicht, du reitest ja nicht auf einem Zwergenpferdchen, sondern auf
einer Krähe. — Wer also bist du, wenn du nicht zum Geistervolk unserer Berge
gehörst?«
    »Ich gehöre gar nicht zu dem
Zwergenvolk«, sagte Dott, nachdem sie geduldig die lange Rede angehört hatte.
»Ich bin ein Menschenkind, aber eines, das verzaubert ist. Und ich heiße
Dorothea Kersting vom Kerstinghof und komme aus der Prignitz.«
    »Hm«, machten die Kühe und schauten
prüfend auf die kleine Dott. »Dann mach dir’s nur bequem«, fügte die rote Kuh
freundlicher hinzu.
    »Ich würde gern bei euch bleiben, aber
ich darf Cornix nicht warten lassen«, sagte die kleine Dott. »Ich möchte nur
schrecklich gern sehen, wie es drinnen bei euch aussieht!«
    »Geh nur durch die Milchküche
hindurch«, sagten die Kühe.
    Die Kleine überlegte ein wenig, dann
verabschiedete sie sich von den Kühen und lief in die Nebenkammer. Hier aber
mußte sie wieder stehenbleiben, denn eine solche Milchkammer hatte sie noch nie
gesehen. Es blitzte alles vor Sauberkeit, jedes Ding stand auf seinem Platz,
und mitten durch die Kammer hindurch war eine richtige, lebendige Quelle
geleitet! Die rieselte und plätscherte unaufhörlich mit lustigem Rauschen von
der einen Seite des Raumes bis zur anderen.
    Die Kleine aber wußte, daß sie sich
nirgends aufhalten durfte. Sie rannte weiter in den Flur, und da auch die
gegenüberliegende Tür nur angelehnt war, schlüpfte sie auch gleich in die Stube
hinein.
    Es war eine niedrige und dunkle Stube
mit winzigen Fensterchen und einer schwarzen Balkendecke. Auch waren die Wände
von innen mit braungebeiztem Holz verkleidet, und dadurch sah das Zimmer noch
dunkler aus, als es wirklich war.
    In einer Ecke gab es den mächtigen
Kachelofen, der mußte auch jetzt im Sommer geheizt werden, denn an den Stäben
am Ofen sollten die Käsebretter und die nasse Wäsche und die verregneten Mäntel
trocknen.
    Um den Ofen herum aber lief eine
hölzerne Bank, und auf dieser Bank saß eine alte Frau. Sie schwang eine Wiege
hin und her, — die an der Decke mit Stangen befestigt war, und sang dazu mit ,
ihrer leisen tiefen Stimme:
     
    »Heita
wiel ich schloffa giehn,
    verzah
Engala met m’r giehn ...«
     
    Auf diese Frau schaute die kleine Dott.
So hatte auch ihre Großmutter im Spreewald gesungen, als Dott noch klein war!
»Heute will ich schlafen gehn, vierzehn Engel mit mir gehn...«
    Und dann wanderten die Augen der
Kleinen weiter durch das Zimmer, denn es gab da etwas, wohin es die kleine Dott
schon gleich gezogen hatte!
    Dort in der Fensterecke nämlich, unter
dem Kruzifix und dem Muttergottesbild im Winkel, rund um den großen Tisch, saß
die ganze Familie, Vater, Mutter und fünf Kinder. Schweigend horchten sie auf
den Gesang der alten Frau und aßen dabei bedachtsam von den heißen Kartoffeln,
die zwischen ihnen in einem Haufen auf der weißgescheuerten Tischplatte lagen.
Einen Bissen nach dem anderen schnitten sie mit ihren Taschenmessern von den
Kartoffeln, nachdem sie etwas Butter daraufgestrichen hatten.
    »Voaterla«, begann, als die Großmutter
schwieg, der Junge, der die Kühe eingetrieben hatte, »wie ich heute die Küh
eintreiben tu, da ruft’s hinter mir, mit ganz hoher Stimme, so wie ein kleines
Mädchen ruft. ›Lauf doch nicht so schnell!‹ ruft es. Aber ich hab mich nicht
umgeschaut. Ich mein’ fast, das war der Rübezahl, Voaterla«, schloß der Kleine
und blickte auf den Vater.
    Die kleine Dott lachte in sich hinein.
Sie hatte vorhin wirklich vergessen, daß der Junge sie hören konnte!
    »So, meinst du?« fragte der Vater und
schnitt ein großes Stück von seiner Kartoffel. »Ich habe aber noch nie gehört,
daß Rübezahl mit einer hohen Stimme gerufen hätte. Er ist zwar

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