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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
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die Wand des
Rathauses gedrängt, hatte man Buden aufgebaut, in denen allerlei Waren und
Naschwerk und Früchte feilgehalten wurden.
    Plötzlich jedoch blieb Klaus stehen.
Gerade vor sich sah er einen Jungen, der so alt sein mochte wie er selbst. Der
ließ sich für einen Groschen eine Tüte voll Kirschen geben. In der Hand aber
hielt der Junge einen Geigenkasten!
    »Vielleicht ist der Junge auf dem Weg
zur Geigenstunde«, überlegte Klaus. Der Junge, den Geigenkasten unter den Arm
geklemmt, steckte beim Gehen eine Kirsche nach der anderen in den Mund und
spuckte die Kerne in weitem Bogen gegen die Laternenpfähle. Klaus folgte ihm.
    Der andere ließ sich Zeit. Schließlich
erstieg er auf einer Anhöhe einen Aussichtsturm, während sein unsichtbarer
Begleiter ihm lautlos dicht auf den Fersen folgte.
    Als Klaus aber neben dem Jungen in die
Tiefe schaute, vergaß er einen Augenblick lang sogar seine Geige. Zu seinen
Füßen sah er die alte Stadt. Von dem glitzernden Ring des Stadtgrabens und des
Stromes umschlossen lag sie da. Wie Strahlen gingen von ihr die Straßen aus,
nach allen Seiten durch die neue Stadt, die sich rund um die alte legte, und
aus der Stadt hinaus weiter durch das ganze Land bis zu der blauen Kette der
Berge in der Ferne.
    Da schlug die Kirchenuhr! Vier tiefe,
schwere Schläge. Da packte der Breslauer Junge seinen Geigenkasten, rannte in
großen Sätzen die Treppen und die Anhöhe hinunter, stürmte durch die Anlagen
des Stadtgrabens und über die Brücke, und dann raste er so ungestüm durch die
Straßen der neuen Stadt, daß die Geige im Kasten rumpelte. Und gerade als die
Uhr auf ein Viertel nach vier zeigte, sprang er in ein stattliches Gebäude
hinein. »Schule für Musik« stand über der Eingangstür, und nachdem der Junge
sich über die kirschroten Finger geleckt und dann mit der Hand über das Haar
gestrichen hatte, tat er einen tiefen Atemzug, drückte die Klinke nieder und
trat in eines der Unterrichtszimmer hinein.
    Zugleich mit ihm war auch Klaus
Petersen ins Zimmer geschlüpft. Von niemandem gesehen, stand er an der Tür. Mit
brennenden Blicken musterte er den Raum: die Schüler hinter den Notenständern,
den schwarzen Flügel am Fenster, und den Lehrer, der in diesem Augenblick in
die Tasten griff und den kleinen Geigern durch ein Kopfnicken ein Zeichen gab,
mit ihrem, Spiel zu beginnen.
     
     
     

Das Gewitter
     
    Der kleine Krähenschwarm hatte das
Katzengebirge und Trebnitz, die Stadt Hedwigs, der großen Herzogin von
Schlesien, bereits weit hinter sich zurückgelassen.
    Das Land unter ihnen begann flach zu
werden. Ungeheure Wälder lagen unter ihnen, und als die Wälder ein Ende nahmen,
wälzte sich von Osten her ein Fluß träge durch Erlenbrüche und Sümpfe, die
Bartsch. Ein See neben dem anderen blinkte zu ihnen herauf.
    »Gurian!« begann Cornix plötzlich im
Fluge zu rufen. »Gurian! Gurian!« schrien auch alle Krähen, während sie über
dem Sumpfgebiet der Bartsch hin und her flogen. »Gurian!« schrie auch die
kleine Dott und beugte sich weit vor über den Hals des Cornix. — Wenn in
irgendeiner Gegend Schlesiens, dann mußten ihre Freunde in diesem Land der Seen
zu finden sein!
    Da aber schallte es ihnen aus Schilf
und Erlengebüsch entgegen mit Schnattern und Flöten und rauhen Stimmen: »Gurian
sucht ihr?« — »Gurian findet ihr nicht mehr hier!« — »Heute morgen ist er mit
den Reiherjungen nach Süden weitergezogen!«
    Als Dott hörte, daß Gurian nur wenige
Stunden vor ihrer Ankunft hier gewesen war und nun schon wieder auf dem Wege
nach Süden war, da war sie so enttäuscht, daß ihr die Tränen in die Augen
sprangen.
    Schweigend wandte Cornix den Fischseen
den Rücken und flog wieder dem Süden zu. Graue Wolken stiegen am Himmel herauf.
Ein Windstoß packte die Krähen, als sie zum zweitenmal über das Katzengebirge
hinwegstrichen, der kleine Schwarm mußte sich mit Gewalt gegen das
heranstürmende Wetter werfen, um nicht nach Osten abgedrängt zu werden.
Staubwolken wirbelten über die Erde, der Sturm riß an den Kleidern der Kleinen
und peitschte ihr das Haar ins Gesicht, und jetzt jagte auch schon das
schwefelgelbe Heer der Gewitterwolken über sie hinweg, die Boten des Unwetters.
Als die ersten großen Tropfen fielen, sah sie in der Ferne hinter den Wäldern
eine große Stadt auftauchen. Dann aber schlugen die Tropfen so mächtig auf sie
ein, daß sie die Augen schließen und sich am Gefieder des Cornix festhalten
mußte. Gerade aber, als das Unwetter

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