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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
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Konrad, dem eigenen
Sohn! Heinrich der Fromme siegte und Konrad starb.
    Die Menschen sagten, die Schwerter der
Söhne seien auch durch das Herz der Mutter gegangen.«
    Mutter Kra hatte immer leiser
gesprochen, und nun schwieg sie. »Ach, was war das doch wieder für eine
traurige, traurige Kunde von dem blutigen Kampf zwischen Bruder und Bruder und
zwischen Ost und West!« dachte Dott. Und sie wünschte, noch mehr von der
heiligen Hedwig zu hören.
    Mutter Kra fuhr fort: »Durch den Haß in
deutschem und slawischem Blut verlor die Herzogin den Sohn. Die Heilige aber
wurde von nun an zur Mutter der Deutschen und Polen. Wir waren dabei, wie sie
die polnische Sprache erlernte und in die Hütten der polnischen Leibeigenen
ging. Wir haben gesehen, wie sie die Kranken pflegte und die Kinder wusch und
allen beibrachte zu beten. Wir waren dabei — und es ist gut, daß wir dabei
waren.«
    Mutter Kra flog nun in der Schar der
Jungen, und von nun an sprach sie auch nur noch zu ihnen, als wenn die Kleine
gar nicht mehr da wäre.
    »Wir haben gesehen, wie die Herzogin
zum Tode Verurteilte loskaufte und für die Armen unter dem Volke den Zins
bezahlte. Ihr wißt ja, was Gold und Silber für die Menschen bedeuten! Für Gold
und Silber töten sich die Menschen gegenseitig. Von der Herzogin aber wissen
wir, daß sie ihre Schätze anders verwandte. Sie brachte den Gefangenen reine
Wäsche und Kleider, sie baute von ihrem Gelde Schulen und Häuser für Kranke und
Alte und Waisen — und Gotteshäuser für alle!
    Die Herzogin ließ auch die Kerker von
Schmutz und Ungeziefer reinigen...«
    »Reinigen? Von Schmutz und Ungeziefer?«
rief Grimm Blauflügel und leckte sich den Schnabel.
    »Ja, die Menschen schätzen diese Dinge
nicht so hoch wie wir«, sagte Mutter Kra. »Tatsächlich können sie diese auch
gar nicht vertragen. Sie sterben daran. Das ist eben Menschenweise. Sie holen
ja auch ihre Nahrung nicht wie wir einfach unter den Steinen hervor, sie müssen
erst lange arbeiten, bis eine Mahlzeit zustande kommt. Und sie wissen auch
nicht von selbst, was sie zu tun haben. Sie müssen alles von klein auf und ihr
ganzes Leben hindurch lernen.«
    »Wie Mutter Kra nur von den Menschen
spricht!« dachte die kleine Dott verwundert. Warum war denn der Mensch so ganz
anders als alle anderen Geschöpfe?
    »Warum das alles so ist, kann niemand
genau sagen«, entgegnete Mutter Kra, als könne sie Gedanken lesen. »Aber man
sagt bei uns, die Menschen müßten gerade darum in allem, in dem wir stark
sind, so schwach sein, damit sie nie vergessen, daß sie nicht aus eigener Kraft
zum Herrn der Erde geworden sind. Der Mensch kann uns verderben, er kann uns
erlösen. Denn er ist gemacht, um uns alle einmal in das Paradies zu führen.
Darum soll der Mensch auch herrlicher und heiliger sein als die ganze
Schöpfung. — So ist es, ob es euch nun gefällt oder nicht.«
    »Auch die da?« fragte Krai Topfgucker
und stieß plötzlich mit seinem Schnabel in die Richtung der kleinen Dott. »Die
soll auch herrlicher und heiliger sein, als alles was geschaffen ist?«
    Da aber brachen alle Krähen in ein
Gelächter aus, und das flatterte und krächzte und hustete so lärmend um die
Kleine, daß sie nicht wußte, wohin sie schauen sollte vor Verlegenheit.
    »Ihr braucht gar nicht so zu lachen!«
rief sie endlich mit aller Kraft. »Und ich will euch nur sagen: Wenn ich erst
wieder ein Mensch bin wie alle anderen Menschen, und wenn ich dann in den
Himmel komme, dann... dann werde ich euch alle zusammen mit hineinnehmen!«
    Die Krähen waren plötzlich alle ganz
still geworden, ja, es war sogar, als hielten sie im Fliegen inne, so begierig
lauschten sie auf das, was die kleine Dott sagte. Aber keiner ging auf ihre
Worte ein, als sie weiterflogen, und auch Mutter Kra schwieg.

Die großen Strassen
     
     
     

Wie Klaus seinen Lehrer findet
     
    Am Nachmittag des gleichen Tages, an
dem die kleine Dott mit den Elstern nach Leipzig geflogen war, kam Klaus mit
einem Güterwagen in Breslau an, durcheinandergerüttelt und über und über mit
Staub bedeckt.
    »Jetzt bin ich wohl weit genug im
Osten«, dachte er, als er mit steifen Gliedern aus dem Wagen kletterte. Er
wußte, wo Breslau lag, dämm war er auch sicher, daß er sich dort befand, wohin
ihn die kleine Dott bestellt hatte.
    »Das beste ist, wenn ich hier in der
Stadt bleibe, bis ich ein neues Zeichen erhalte«, überlegte er. »Die Reiher
oder Krähen werden mich schon finden.« Dann schüttelte er den Staub und

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