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Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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das machst.«
    Egal, wie verrückt dieser Rohn sein mochte, dumm war er nicht.
    »Das geht Sie nichts an«, entgegnete Nikolas schroff. »Privatsache.«
    Mit vollem Mund stopfte sich Rohn etwas Brot nach. »Könnte aber helfen, wenn wir die Französin finden wollen.«
    »Moment«, obwohl Nikolas selbst im Sitzen schwindelig war, stemmte er sich auf die Beine. »Was heißt denn finden wollen? Ich dachte, Sie wissen, wo sie ist!«
    Der Mann lehnte sich ins Stroh zurück und wiegte den Kopf. »Hm, ich denke, ich weiß, wo sie ist.«
    »Aha. Und wo?«
    »Habe ein paar Mal mitbekommen, als sie über ein Versteck auf dem Place de Pigalle geredet haben.«
    Nikolas wurde stutzig. »Wieso sollten sie Ihnen das erzählen?«
    »Haben sie nicht«, erklärte Rohn und wälzte sich im Stroh. »Ich sagte, ich habe es mitbekommen. Sie unterhielten sich auf Französisch, da habe ich es aufgeschnappt. Wieso soll ich ihre Sprache sprechen, wenn die Kleine gutes Deutsch spricht.« Er knurrte vor sich hin, schloss die Augen, als würde er es sich an einem Sonntagmorgen im heimischen Bett gemütlich machen. »Immer den Feind über die eigenen Stärken im Unklaren lassen, Herr Kommissar. Lernt man so etwas nicht bei euch?«
    Nikolas rümpfte die Nase. Wer ihn als dumpfes Werkzeug der Wehrmacht abzustempeln versuchte, der machte einen Fehler, der ihn das Leben kosten könnte. Der Feldwebel steckte voller Überraschungen. Nikolas nahm sich vor, ihn nicht wieder zu unterschätzen.
    »Wieso bin ich noch am Leben?«, fragte er schließlich geradeheraus. Bei diesem Gedanken wurde seine Hand automatisch vom Pistolenhalfter angezogen. Doch diesmal war er nicht überrascht, als er ins Leere griff, statt die Kühle des Metallgriffes zu spüren. »Wieso haben Sie mich nicht einfach erschossen und in die nächste Böschung geworfen? Immerhin bin ich ein Sicherheitsrisiko für Sie.«
    Als hätte ihn etwas gebissen, schrak Rohn hoch. »Schon wieder falsch. Du bist meine Lebensversicherung heute Nacht. Ich habe mit dieser Claire ein Hühnchen zu rupfen. Weißt du, ich hasse Verräter. Du willst zu ihr, ich will zu ihr – nur aus unterschiedlichen Gründen.«
    Nikolas ahnte, was er vorhatte. »Sie wollen mich wieder als Geisel nehmen, falls es die Situation erfordert. Dass gerade Sie Verräter hassen, wundert mich, da für Sie der Begriff neu definiert werden sollte.«
    Mit der Hand formte Rohn eine Pistole, tat so, als würde er abdrücken, und legte sich dann wieder hin. »Denk, was du willst. Obwohl du bei deinen Jungs nicht allzu beliebt zu sein scheinst. Vielleicht taugst du gar nicht als Schutzschild. Aber besser als nichts.«
    Nikolas ging ein paar Schritte, lehnte sich an das offene Tor und beobachtete die Sonne, welche sich hinter dem Ackerland langsam versteckte. Sie waren mitten im nirgendwo, er konnte nicht ein Haus ausmachen. Dann drehte er sich zu Rohn.
    »Place de Pigalle? Das Vergnügungsviertel? Und wo da genau?«, rief er in die Scheune rein.
    Der Feldwebel war die Ruhe selbst und döste vor sich hin. »Kenne mich da ganz gut aus«, murmelte er.
    Nikolas drehte sich wieder herum. »Ja, das wette ich«, flüsterte er, die Hände in die Hüften gestemmt. Wenig später hörte ein tiefes Schnarchen. Kopfschüttelnd steckte er sich eine Zigarette an.
    Dort stand er nun. Betrogen, gedemütigt. Ob Lisa auch nur einen Gedanken an ihn verschwenden würde? Oder lag sie mit Luger längst in seinem Bett mit einer Flasche Champagner und begoss ihre neu gewonnene Freiheit. Hatten sie ihn bereits als Verräter abgestempelt oder glaubten sie an die Entführung? Das Jackett und die Hose waren voller Hühnerkot. Er stank wie ein Puma. Er war angeschossen, jeder Muskel schmerzte und er wartete mit einem Irren auf den Einbruch der Nacht, damit sie wieder in die Stadt fahren konnten, voller dunkler Schatten, von denen jeder Einzelne einen Steckbrief von ihnen beiden erhalten hatte.
    Nikolas nahm Eriks Brief aus der Innentasche seines Jacketts und las seine Zeilen in den letzten Sonnenstrahlen des Tages. Er würde die Französin finden. Er musste.
     
    Mit einer schlafwandlerischen Sicherheit lenkte Rohn den Wagen durch die engen Gassen des Stadtviertels Montmartre. Allein das war schon Wahnsinn. In Paris gab es kaum mehr zivilen Verkehr, deshalb stellte Rohn den Wagen in einer Seitengasse ab und sie mussten den Rest des Weges gehen. Sie hatten sich neue Kleidung besorgt; mit dem Hemd und dem Jackett wirkte er sogar einigermaßen zivilisiert und nicht mehr

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