Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)
Lichtquellen beschienen übereinander gestapelte Kisten. Dieses Bild wirkte allzu bekannt. Manche der Behälter waren geöffnet, Nikolas konnte deutsche Stielhandgranaten erkennen, die eingebettet in Stroh lagen.
»Rohn, was machst du hier?«
Der Hüne stand auf, näherte sich Nikolas und reichte ihm die Hand. »Wiedergutmachung. Das Richtige. Keine Ahnung, wird gut bezahlt«, schmunzelte er in knappen Wörtern. Seine Wunden waren gut verheilt. Sogar bei dem vor wenigen Tagen noch zugeschwollenen Auge war nur mehr eine leichte Rotfärbung erkennbar.
»Wie geht es Marek?«, wollte Nikolas schließlich wissen.
Rohn fuhr sich mit den Händen durch das Gesicht. Anscheinend hatte auch er in den letzten Tagen wenig Schlaf abbekommen. »Gut. Na ja, er hat das Gröbste überstanden. Hat ein Zimmer in der ›Vieille Tante‹ bekommen. Und du? Immer noch unter den Lebenden?«
Nikolas befühlte seine dick bandagierten Handgelenke. »Mehr schlecht als recht.«
»Er hat den Zylinder verloren.« Claire lehnte abweisend an der Wand, hatte anscheinend genug von den Begrüßungsfloskeln.
»Du hast was?«, platzte es aus Rohn heraus. Innerhalb von einer Sekunde fiel er von einem Gefühl ins nächste. Leidvoll schloss er die Augen. Er ließ sich umgekehrt auf den Stuhl sinken, stützte die Arme auf die Lehne, drückte die Finger auf seine Schläfen und fing an, diese zu massieren.
»Das ist scheiße, Kommissar. Richtig scheiße.«
Rohn murmelte etwas auf Französisch. Seine Stimme war leise; er sprach die Worte schnell. Claire seufzte, dann antworte sie ihm fest. Mehrmals ging das Gespräch hin und her, bis es Nikolas zu bunt wurde.
»Könnte mich mal jemand aufklären? Anscheinend wisst ihr ja mehr als ich.«
Claire und Rohn sahen sich an.
»Wir beraten gerade, ob wir dir vertrauen können«, antwortete er.
Automatisch riss Nikolas die Augen auf. » Ihr überlegt, ob ihr mir vertrauen könnt? Du wolltest sie noch vor ein paar Tagen umbringen.« Mit drohendem Finger zeigte er auf Claire: »Und du wolltest ihm die Kehle durchschneiden.«
Sie winkte ab.
»Seit Tagen setzte ich mein Leben aufs Spiel und ich weiß nicht einmal, warum«, schrie er voller Zorn.
Entwaffnend hob Rohn die Hand. »Nikolas …«
»Nein, nicht Nikolas.« Er hatte sich in Rage geredet. »Ich habe keine Ahnung, was hier gespielt wird, aber ich weiß, dass mein Freund deswegen sterben musste, und ich will wissen, warum.«
Betretenes Schweigen erfüllte den Raum. Immer wieder suchte Claire Rohns Blick, bis sie schließlich ein zaghaftes Klopfen an der Tür hörten.
Pascal steckte seinen Kopf in den Raum, entschuldigte sich und meldete Claire etwas auf Französisch. Mit einem Nicken war er entlassen.
»Er hat nicht gelogen«, sagte sie zu Rohn. »Die Männer haben alles abgesucht, er ist allein gekommen.«
Ungläubig stemmte Nikolas die Hände in die Hüften, ging unruhig im Raum umher. »Natürlich habe ich nicht gelogen«, entgegnete er genervt.
»Es hätte immerhin sein können«, warf Rohn ein, »dass du dir dein Leben mit Informationen erkauft hast. Wir mussten sichergehen.«
Das war genug. Wutentbrannt trat Nikolas gegen einen Kistenstapel. Die oberste schwankte gefährlich, bis sie schließlich herabfiel und krachend auf dem Boden landete. Nikolas sprang zurück, Claire ging in Deckung, während Rohn stoisch auf seinem Platz sitzen blieb. Im Raum verteilten sich amerikanische Mk2-Handgranaten, die mit einem dumpfen Geräusch über den Boden rollten. Gebannt starrte Nikolas auf die eierförmigen, mit Sprengstoff gefüllten Hohlkörper. Es dauerte einige Zeit, bis auch die letzte ihren Schwung verlor und liegen blieb.
»Bum«, sagte Rohn amüsiert und deutete mit den Händen eine Explosion an, während Claire Nikolas mit Flüchen bedachte.
Mit offenem Mund rappelte er sich auf. »Da wir uns jetzt alle sicher sind, dass mir nicht die halbe Wehrmacht folgt, könntet ihr mir endlich mal verraten, was das Ganze hier mit Erik zu tun hat?«, brachte er gereizt hervor. »Warum seid ihr hier? Warum die Waffen? Was muss ich noch tun?«
Rohn wippte auf dem Stuhl, das Knarren erfüllte den Raum. »Er könnte uns helfen, Claire.«
Sie mied den Blick des Feldwebels, verschränkte die Arme.
»Claire, sonst können wir es nicht durchziehen.«
»Was könnt ihr sonst nicht durchziehen? Könnte ich endlich ein paar Antworten erhalten?« Nikolas schrie diese Worte beinahe.
»Es geht hier nicht um dich oder um deinen Freund Erik«, flüsterte Claire
Weitere Kostenlose Bücher