Wunschkonzert: Roman (German Edition)
es hart auf hart kommt, kämpft ihr beide um dieselbe Stelle!«
Nach dem Gespräch und immer noch verwirrt von Tims Song, konnte ich – in Kombination mit Hildes Schnarchen – natürlich auch nicht einschlafen und fiel erst gegen drei Uhr morgens in eine Art Koma. Bei der Vorstellung, jetzt aufstehen zu müssen, wird mir regelrecht übel. Stöhnend quäle ich mich unter meiner Decke hervor und klettere die Leiter nach unten.
»Guten Morgen!« Im Gegensatz zu mir sieht Hilde, die auf ihrem Bett sitzt, blendend aus. Kein Wunder, die hat ja auch seit gestern um neun geratzt wie ein Baby. Benommen stolpere ich zu meinem Schrank, um mir meinen Kulturbeutel zu schnappen. Als ich mich wieder umdrehe, mustert Hilde mich besorgt. »Du siehst ja schlimm aus.«
»Ich bin total fertig«, gebe ich zu. »Drei Stunden Schlaf sind echt zu wenig.«
Ein schuldbewusster Ausdruck tritt auf ihr Gesicht. »Hab ich so laut geschnarcht? Das tut mir leid!«
»Ist schon gut«, beruhige ich sie, »das war nicht wirklich der Grund dafür, dass ich kein Auge zugetan habe.«
»Weißt du was?« Sie lächelt mich an. »Du krabbelst jetzt zurück in dein Bett und schläfst noch eine Stunde. Das mit dem Küchendienst kriege ich schon allein hin. Schließlich habe ich vier Kinder großgezogen.«
»Vier Kinder? Das wusste ich ja gar nicht.«
»Tja«, kommt es fast ein bisschen schnippisch, »du bist ja nicht gerade jemand, der gerne über Privates plaudert.« Dann schlägt sie wieder einen freundlicheren Ton an. »Das war nicht so gemeint, wie es jetzt geklungen hat, aber tatsächlich haben wir in den vier Jahren, die wir schon zusammenarbeiten, kaum ein paar private Worte miteinander gewechselt.«
»Tut mir leid«, antworte ich und schäme mich dabei ein bisschen. »Aber vier Kinder finde ich ja echt beachtlich. Wie alt sind die denn?«
»Meine Älteste in etwa so wie du, der Jüngste wird jetzt neunzehn. Ich bin sogar schon zweifache Oma!« Hilde lächelt stolz.
»Das ist ja toll!«
»Hast du denn noch Geschwister?«
Ich schüttele den Kopf.
»Nein, bin Einzelkind.«
Hilde grinst. »Das habe ich mir irgendwie schon gedacht.«
Bevor ich fragen kann, wie sie das meint, kommt meine Kollegin wieder aufs Ausgangsthema zurück. »Jedenfalls, Kindchen, kannst du ruhig noch eine Stunde schlafen, ich mach das mit dem Frühstück schon allein, das ist überhaupt kein Problem.«
»Kommt nicht in Frage«, gebe ich energisch zurück, »wir sind zusammen eingeteilt, also machen wir das auch zusammen.«
»Aber das ist doch Unsinn«, widerspricht sie, »Hauptsache, das Frühstück wird fertig, ist doch egal, wer das macht. Und mich stört es wirklich nicht, es allein vorzubereiten.«
»Nein, das fände ich nicht gerecht«, meine ich, »ich helfe dir, und damit
basta.
« Hilde zuckt mit den Schultern und seufzt.
»Wie du meinst, Kindchen.«
Nach einem ausgiebigen Frühstück, das gar nicht mal so übel war, wie ich angenommen hatte – während Hilde und ich die Tische im Speiseraum eingedeckt haben, hat Renate Becker in der großen Küche Rührei und Bacon gebrutzelt, neben Aufschnitt und Käse gab es noch frischen Obstsalat, Joghurt, Müsli, frischen Saft und sogar Waffeln –, versammelt sich unsere Truppe wieder im Aufenthaltsraum, um die Aufgabe für den heutigen Tag zu erfahren.
»Guten Morgen!«, werden wir von David begrüßt. »Ich hoffe, ihr habt alle gut geschlafen?« Ein nicht wirklich zufriedenes Brummeln geht durch die Reihen, hier und da blicke ich in extrem verpennte Gesichter. »Bevor ich dazu komme, was wir heute miteinander erleben werden, möchte ich mit euch über gestern sprechen. Dabei ist etwas passiert, was mir ein bisschen Sorgen bereitet.«
Sofort habe ich ein flaues Gefühl im Magen. Was haben wir denn gemacht? Auch meine Kollegen sehen ihn verunsichert und fragend an, als würden sie ebenfalls krampfhaft überlegen, was David nur meinen kann. »Als wir hier angekommen sind«, fährt er fort, »wart ihr alle im ersten Moment wohl ziemlich überrascht.«
»Das kann man sagen«, wirft Robert von World Music ein. Dann schiebt er etwas schief grinsend nach: »Ich meine, du hast ja immer eigenartige Ideen, aber das hier …«
»Genau das meine ich.« David nickt. »Als Renate Becker euch die Hausregeln erklärt hat, ist so gut wie jeder von euch merklich zusammengezuckt, das konnte ich deutlich sehen. Und die Sache mit den Mehrbettzimmern und den Gemeinschaftswaschräumen kam auch nicht so gut an, der eine
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