Wunschkonzert: Roman (German Edition)
gerade eindeutig zu viele Männer, und ich fühle mich dadurch eher kurz vor dem Verwelken: der eine, der mich will, aber auch einen Vertrag, der andere, der mich möglicherweise will, aber auch meinen Job. Und von dem, der mich ganz sicher nicht will, aber dafür sorgen kann, dass ich nie wieder Verträge mache, weil ich meinen Job verliere, mal ganz zu schweigen.
»Ach, Möhrchen«, seufze ich und vergrabe meine Nase in seinem Fell. »Wird Zeit, dass das hier alles vorbeigeht und mein Leben wieder in ganz normale und geregelte Bahnen kommt. Echt jetzt!« Möhrchen guckt mich wie immer groß an – und gibt ansonsten keinen Mucks von sich. »Hast schon recht, mein Süßer«, flüstere ich ihm in einen seiner Lauscher. »Wenn man keine Ahnung hat – einfach mal die Klappe halten.«
Ein ohrenbetäubender Knall, dicht gefolgt von einem Aufschrei, lässt mich aus dem Schlaf hochschrecken. Verwirrt setze ich mich auf und sehe mich um. Das Display meines Weckers zeigt 2.35 Uhr. Was ist denn bitte jetzt schon wieder los? Mittlerweile ist es wieder still, ich lausche angestrengt, kann aber nichts hören.
Gab es da draußen irgendwo einen Autounfall,
schießt es mir durch den Kopf,
braucht jemand Hilfe?
Ich schiebe die Bettdecke zurück, stehe auf und schleiche zu meiner Zimmertür, um einen Blick in den Flur zu werfen. Ob die anderen das auch gehört haben?
Meine Hand liegt schon auf der Klinke, als mich ein Geräusch innehalten lässt. Ein leises
Klong
und eine Art Stöhnen. Was zum Teufel ist das? Und wo kommt es her? Ich spitze die Ohren, um die Quelle auszumachen – scheint von meinem Fenster zu kommen. Ich tapse hin, drücke meine Nase gegen die Scheibe, schirme meinen Kopf mit beiden Händen ab und starre hinaus in die Nacht. Direkt vor meinem Fenster steht ein Baum. Und in diesem Baum, auch wenn es bei der Dunkelheit schwer zu erkennen ist, hängt jemand.
»Martin?«, rufe ich verärgert. Er ist auf den Baum geklettert? Um in mein Zimmer zu spähen? Oder vielleicht sogar einzusteigen? Empört reiße ich das Fenster auf und zische ein leises, aber deutliches: »Was machst du da?«
»Stella?«, kommt es gequält wimmernd zurück. »Bitte hilf mir!« Es ist gar nicht Martin, stelle ich verwundert fest. Vor mir im Baum hängt … Tobias! Er klammert sich an einem dicken Ast fest, baumelnd in bestimmt drei Metern Höhe, die Augen angstvoll aufgerissen.
»Sag mal, spinnst du?«, fahre ich ihn an.
»Bitte, Stella, nicht so laut!«, seine Stimme klingt gepresst. »Kannst du mir bitte einfach helfen, ohne zu diskutieren? Der Moment ist gerade nicht so günstig.« Ich schüttele verärgert den Kopf und beuge mich aus dem Fenster zu Tobias. Unten, am Stamm des Baums, liegt eine lange Metallleiter, die mit einem Ende direkt auf eine große Wassertonne gefallen ist. Das muss der Knall gewesen sein, der mich geweckt hat. Ein Wunder, dass nicht schon die ganze Truppe an den Fenstern steht, deren Schlaf möchte ich haben … Ich strecke die Arme aus und versuche, Tobias’ zappelnde Füße zu erwischen. Zwecklos, er ist zu weit von mir entfernt, wenn ich nicht aufpasse, falle ich noch selbst aus dem Fenster.
»Ich komm nicht an dich ran«, zische ich ihm zu, »halt durch, ich muss jemanden holen.«
»Nein!«, keucht Tobias panisch. »Bitte geh nicht, lass mich nicht allein! Und hol auf gar keinen Fall jemanden dazu!«
»Willst du lieber abstürzen?«
»Hast du nicht irgendwas, das du mir reichen kannst?«
Ich überlege fieberhaft. Was könnte das sein – ein Besen? Keiner da. Mein Bettlaken? Das funktioniert wahrscheinlich nur in Filmen. »Hier ist nichts! Und selbst wenn ich etwas finden würde, wäre ich wahrscheinlich nicht stark genug, dich allein in mein Zimmer zu ziehen.« Als Antwort erklingt nur ein angstvolles Wimmern. Dann habe ich eine Idee.
»Halt dich weiter gut fest, ich laufe nach unten und stelle dir die Leiter wieder hin.« In Windeseile presche ich aus meinem Zimmer, laufe mit nackten Füßen durch den Flur und die Treppen runter, hechte aus der Tür und rase ums Haus herum.
Eine Minute später habe ich den Baum erreicht, und obwohl mein nicht gerade jogginggestähltes Herz in meiner Brust wummert, als wolle es gleich den Dienst quittieren, schnappe ich mir sofort die Leiter (Scheiße, ist die schwer!) und wuchte sie hoch, gegen den Stamm. »Okay!«, rufe ich Tobias zu. »Komm vorsichtig runter!« Er greift nach der obersten Sprosse und zieht sich wackelnd auf die rettende Leiter. Ich
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