Wunschkonzert: Roman (German Edition)
Bereits nach wenigen Sekunden liegen alle vor Brüllen auf dem Boden, als Martin alias Strammberg mit einer Bierflasche in der Hand in ein Großraumbüro (offenbar das Studio des anderen Teams) gestolpert kommt und Hilde, die gerade ein großes Stück Kuchen futtert, anlallt: »Erika, wo ’sn die Demo- CD von den Beat-Junkies? Die Sssscheibe von meim Audo iss eingefrorn, die muss ich freikratzn!«
»Weiß nicht, Herr Strammberg«, gibt Hilde kauend zurück, »ich glaube, die hat der Ulf der Tanja neulich zum Geburtstag geschenkt.«
»Abba die wollt ich doch habn.«
»Weiß ich jetzt auch nicht«, gibt Hilde zurück, ohne ihn weiter zu beachten, denn sie ist voll und ganz auf ihr Kuchenstück konzentriert. Schon bewundernswert, mit welcher Selbstironie sie ihre eigene Schwäche parodiert, so mutig muss man erst mal sein! Sven, Vertriebler bei World Records, kommt ins Bild gerannt und stürzt auf Martin zu.
»HeHeHerrr Strammberg«, platzt er stotternd heraus.
»Och, Ernie, was hassen du schon wieder?«
»Ich muss mich … es geht um den Urlaubsplan. Da hat sich die Tanja … Also, das geht so nicht! Die nimmt sich drei Wochen am Stück, und ich soll über Ostern arbeiten! Damit gehe ich zum Betriebsrat!« Mit entschlossen beleidigter Miene baut Sven sich vor Martin auf, verschränkt die Arme vor der Brust und steckt seine Hände wie ein schmollendes Kind unter die Achseln. Ganz genau so, wie Ernie aus
Stromberg
es immer tut. Echt zum Piepen ist das, wir können uns alle kaum noch halten vor Lachen.
Martin wendet sich nun direkt zur Kamera, streicht sich seinen imaginären Schlips glatt, hickst und teilt der Fernsehnation dann lallend mit: »Musssikbransche … Dasss isss nich so, wie du denkst, hier mit jeden Tag Trallalla und Hupssassa, und ich bin der Big Boss, und alllle tanzn nach deiner Pfeiffe! Neiheinnn, dassiss Krieg! Ich sach imma: Wo man sssingt, da lass dich bloß nich nieder! Bösse Menschn singen allle Lieda!«
Hilde wiehert laut auf und muss sich vor Lachen die Tränen aus den Augenwinkeln wischen, obwohl sie die Szene ja schon kennt. Und auch ich habe vor lauter Grölen schon Magenschmerzen, so etwas Komisches habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Mein Blick wandert rüber zu Martin, der sehr zufrieden aussieht. Und ich muss neidvoll anerkennen, dass es wirklich super ist, was das andere Team da hingelegt hat.
Mist!
Nachdem die letzten Sequenzen von
Strammberg
über den Bildschirm geflimmert sind, fordert die gesamte Truppe, es sich noch einmal anzusehen. Und danach noch einmal. Und noch einmal. Okay, natürlich ist es wirklich gut, was die anderen da gedreht haben, aber so langsam finde ich das doch übertrieben und merke, wie sich meine Laune verschlechtert. Irgendwann ist ja auch mal gut!
»Zeit fürs Abendessen«, fordert David uns nach der vierten Runde auf, und wir trotten geschlossen rüber in den Speisesaal. Martin gesellt sich zu mir und raunt mir ein »Habt ihr echt gut gemacht« zu.
»Danke«, gebe ich zurück. »Aber mir ist durchaus klar, dass es jetzt eins zu null für dich steht, eure Idee war um Längen besser und witziger als unsere.« Martin schüttelt den Kopf.
»Himmel, hast du noch immer dieses Konkurrenzding am Laufen?«, fragt er. »Wird langsam Zeit, dass du davon runterkommst.« Ich sehe ihn verblüfft an. Das sind ja ganz neue Töne!
»Äh«, gebe ich etwas verwirrt von mir, »du hast doch gestern Mittag selbst noch gesagt, dass wir Konkurrenten sind.« Er verdreht die Augen.
»Du verstehst ja wohl auch keinen Spaß und nimmst immer alles bierernst und wörtlich!« Es klingt zwar wie Kritik, aber Martin lächelt dabei freundlich. »Merkst du nicht, dass es dem Chef darum geht, unseren Teamgeist zu stärken? Und nicht, uns gegeneinander aufzubringen? Also, entspann dich mal!«
Nachdenklich sehe ich zu David hinüber, der gerade am Tisch zwischen Jenny und Hilde Platz nimmt und sich sofort angeregt mit ihnen unterhält. Teamgeist? Ja, gut möglich. Aber was, wenn Mama doch recht hat? Wenn das hier alles wirklich nur ein Ablenkungsmanöver ist, währenddessen er uns einem nach dem anderen auf den Zahn fühlen will, um zu entscheiden, wen er behält und wen nicht? Aber so richtig kann ich mir das nicht vorstellen, dafür ist David viel zu nett. Andererseits, wie Mama immer sagt:
Man kann jedem nur bis vor die Stirnplatte gucken, was dahinter abläuft, sieht man nicht.
Ich seufze.
»Ich versuch’s.«
Nachdem wir mit dem Essen fertig sind, steht David auf
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