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Wunschkonzert: Roman (German Edition)

Wunschkonzert: Roman (German Edition)

Titel: Wunschkonzert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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noch mitgenommen.«
    »Tut mir leid«, entschuldigt er sich. »Hatte ich mir wohl alles etwas zu einfach vorgestellt. Absicht war es auf gar keinen Fall!«
    »Ist schon gut.« Ich mache Anstalten, aufzustehen, Tobias erhebt sich ebenfalls. »Jedenfalls wäre ich dankbar, wenn ich jetzt einfach noch ein bisschen in Ruhe schlafen könnte.« Mit diesen Worten klopfe ich mir etwas Gras und Erde von meinem Pyjama.
    »Ja«, sagt Tobias, »ich gehe brav in mein Bett, versprochen.«
    »Okay.« Wir marschieren zurück zur Eingangstür, laufen nebeneinander die Treppe zum Wohnbereich hoch und verabschieden uns im Flur voneinander.
    »Danke noch mal, Stella«, meint Tobias.
    »Keine Ursache.«
    »Und, äh«, setzt er an, unterbricht sich dann aber.
    »Was, und?«
    »Wäre nett, wenn du das für dich behältst. Also, dass ich bei Natascha einsteigen wollte und dann einen so peinlichen Unfall gebaut habe.«
    »Sicher erzähle ich das niemandem.« Ich grinse ihn spitzbübisch an. »Aber dafür habe ich noch einen gut bei dir!«
    »Ja, das hast du definitiv.«
    Kopfschüttelnd verschwinde ich in meinem Zimmer. Fensterln! Was für eine schwachsinnige Idee, auf so etwas kann auch nur Tobias kommen!
     
    Am nächsten Tag steht zuerst eine Vertrauensübung auf dem Programm – so etwas, was mir der Mann im Dorf bei unserer Büroklammeraktion bereits beschrieben hat: Der eine Partner hält die Augen geschlossen, der andere führt ihn durch die Gegend. Nur dass David den Schwierigkeitsgrad noch etwas hochschraubt, denn wir machen die Übung nicht etwa auf befestigten Wegen, sondern mitten im Wald, wo es im wahrsten Sinne des Wortes über Stock und Stein geht. Trotzdem hört man kaum Schmerzensrufe, die Kollegen achten wirklich aufeinander. Nur ich habe Pech, denn ich werde Tobias zugeteilt, und der lässt mich direkt vor einen Baum laufen, weil er lieber zu seiner Natascha rüberlinst, als sich um meine Sicherheit zu scheren.
    »Noch einmal«, fauche ich ihn an, als ich mich wenig später aus einem Gestrüpp freikämpfen muss, »und ich erzähle allen, was gestern Abend passiert ist, klar?« Von da an reißt sich Tobias zusammen, und erstaunlicherweise schaffen wir es nicht nur, die Strecke ohne weitere Blessuren für mich zu überwinden, sondern kommen auch als eine der ersten Gruppen ins Ziel.
Vertrauen ist gut, ein bisschen Druck manchmal aber auch nicht zu verachten,
denke ich bei mir.
    Genau den Druck bekomme ich am Nachmittag selbst zu spüren: Hilde hat offensichtlich vor, aus unserem kleinen Sommerfest oder Bergfest oder wie auch immer wir es nun nennen wollen, ein Großevent zu machen. Wir laufen drei Stunden lang durch einen riesigen Discounter in Schneverdingen (das Ding ist wirklich riesig, dagegen sind die Läden in der Hamburger Innenstadt noch auf Tante-Emma-Niveau), und Hilde wirft alles in unsere drei Einkaufswagen, was sich nicht bei drei auf die höheren Regalböden retten kann.
    »Meinst du nicht, das wird ein bisschen viel?«, frage ich sie, als sie die zehnte Tüte Chips in den Wagen befördert. »Wir sind ja nicht mal zwanzig Leute, das ist für jeden allein schon eine halbe Tüte. Von den anderen Fressalien ganz zu schweigen.«
    »Kindchen«, belehrt sie mich, »glaub mir: Ich habe in meinem Leben schon sehr viele Feiern organisiert, und das Essen ist dabei das A und O.« Bei Hildes Essverhalten glaube ich ihr das aufs Wort, ich betrachte verstohlen den beachtlichen Rettungsring, der sich unter ihrem Shirt abzeichnet. Manchmal frage ich mich, was Menschen mit, sagen wir mal, Rubensfiguren dazu bewegt, sich in enge Klamotten zu pressen. Ist das Selbstbewusstsein oder mangelnde Eigenwahrnehmung? Offensichtlich interpretiert Hilde meinen Blick richtig, denn sie sagt prompt: »Ich weiß übrigens, dass ich ein paar Kilos zu viel mit mir rumtrage.«
    Nun,
ein paar
ist eine ziemliche Untertreibung,
denke ich. Hilde kann wohl Gedanken lesen, denn sie fährt fort: »Okay, es sind ein paar
mehr
Kilos zu viel.«
    Ich räuspere mich verlegen, weil ich mich so ertappt fühle.
    »In deinem Alter, Stella, war ich auch noch so rank und schlank.« Jenny, die neben uns steht, und ich schauen sie überrascht an. Hilde lacht. »Jaja, ihr Kindchen, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen, wie?«
    »Doch, sicher«, lenkt Jenny schnell ein, und ich bemerke, dass ihr ihre erste Reaktion genau so peinlich ist wie mir gerade. Ist ja nicht nett, wie wir Hilde ungläubig anstarren.
    »Ist schon gut«, winkt Hilde ab. »Ich weiß ja, dass

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