Wunschkonzert: Roman (German Edition)
ziemliche Weile her sein. Aber ich habe ja auch einen extrem stressigen Job und immer viel zu tun, das ist nicht gerade ideal fürs Liebesleben!
»Süße«, sie schlägt einen fast mütterlichen Ton an. Also so einen, wie ich ihn mir bei anderen Müttern vorstelle, meine eigene ist ja mehr die Marke Kasernenhof-Gebell. »Ich will dir doch auch gar keine Vorhaltungen machen. Mir ist nur wichtig, dass es dir gutgeht. Und ich glaube eben, dass es nicht schaden könnte, wenn du dich mal ein bisschen locker machst und nicht immer alles zerdenkst. Du bist jung, du bist hübsch, und du bist chronisch untervögelt. Und, hey, du bist auf Klassenfahrt! Was spricht denn dagegen, wenn du einfach mal etwas Spaß hast? Ganz unverbindlich, dabei vergibst du dir doch nichts! Glaub mir, die Martin Stichlers dieser Welt kommen nicht sofort mit einem Heiratsantrag um die Ecke, also brichst du ihnen auch nicht das Herz, wenn du ihn dann ablehnst.«
»Da hast du vermutlich recht.«
»Na siehste!« Ich kann ihr breites Grinsen durch die Leitung hören. »Dann spricht doch nichts dagegen, das einfach mal mitzunehmen.«
»Bis auf die Gefahr, dass das hier einer meiner Kollegen mitbekommt.«
»Und wennschon!«
Miriam hat echt Nerven! »Na hör mal! Das wäre doch wohl absolut oberpeinlich und gäbe jede Menge Gerede!«
»Quatsch«, kommentiert meine beste Freundin. »Außerdem weißt du doch: Es gibt nur eine Sache, die schlimmer ist, als wenn über einen geredet wird – wenn
nicht
über einen geredet wird. Und so ein kleines Techtelmechtel dient in jedem Fall der Legendenbildung.«
»Nein danke«, winke ich ab, »ich lege keinen Wert darauf, eine Legende zu werden.«
»Schade.«
Ein Hupen erklingt, ich drehe mich um. Drüben am Marktplatz steht unser Bus und hat bereits den Motor laufen, die Ankunft habe ich durch mein Telefonat gar nicht mitbekommen.
»Mirchen, ich muss auflegen, okay? Aber ich melde mich wieder.«
»Ist gut«, antwortet meine Freundin. »Hab noch viel Erfolg und vor allem noch viel mehr Spaß. Meld dich einfach.«
Ich lege auf und galoppiere rüber zum Bus. Dabei denke ich immer noch über die Frage nach, wann ich zum letzten Mal Sex hatte. Und auch wenn ich mich innerlich dagegen wehre, diese Antwort zuzulassen: Das war vor über fünf Jahren. Mit meinem letzten Freund. Der Typ, der Möhrchen nicht mochte und der dann von heute auf morgen Schluss gemacht hat, weil er meinte, ich würde mich überhaupt nicht richtig auf ihn einlassen.
Auweia!
Vor fünf Jahren das letzte Mal Sex. Das ist wohl das Gegenteil von Rock ’n’ Roll. Das geht mehr so in die Richtung Klosterschule oder Mädchenpensionat …
Nach dem Abendbrot haben meine Kollegen und ich uns wieder im Aufenthaltsraum versammelt. David will von uns wissen, ob wir alles besorgen und erledigen konnten, was wir für die morgige Feier brauchen. Die Frage wird von allen bejaht, Hilde schwärmt davon, dass es kulinarische Köstlichkeiten geben wird, während Tobias und Natascha sich für ihre Dekorationsideen in die Brust werfen. Ich würde alles, was ich besitze, darauf wetten, dass die zwei nur kurz in irgendeinem Drogeriemarkt waren, ein paar Pappgirlanden gekauft und sich die gemeinsame Zeit ansonsten auf andere Art und Weise »dekoriert« haben.
Mein Blick wandert zu Martin, der als Nächstes berichtet, dass die Musik morgen ein Knaller wird, er hätte ganz kurzfristig noch einen befreundeten Super- DJ überreden können, für uns aufzulegen. »Ich sag euch, Leute, das wird morgen auf unserer Feier der Oberhammer!« Während er mit Begeisterung erzählt, betrachte ich ihn eingehend. Ja, er ist wirklich attraktiv. Wenn er wild gestikulierend spricht, so dass sein T-Shirt ein Stückchen hochrutscht und die Aussicht auf seinen trainierten Bauch freigibt, ist das schon durchaus etwas, was Mamas einziger Tochter sehr, sehr gut gefallen würde. Eine blonde Strähne fällt ihm in die Stirn, die blauen Augen strahlen, und immer mal wieder blitzt das Grübchen auf. Mist, er sieht gut aus!
Ob Miriam recht hat? War es wirklich falsch, ihn gestern aus meinem Zimmer rauszuschmeißen? Aber wo hätte das enden sollen? Und was, wenn die anderen das mitbekommen hätten? Das geht doch nicht! Und: Sie
hätten
es mitbekommen. Zumindest Tobias, der ja vor meinem Fenster verunfallt ist. Wäre Martin in diesem Moment bei mir gewesen, wären wir von Tobias bestimmt erwischt worden. Es sei denn, wir hätten meinen Junior einfach im Baum hängen lassen, und das
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