Wuppertod
nickte, setzte die Brille ab und betrachtete
ihn mit ihren katzenhaften, grünen Augen. Etwas
Geheimnisvolles lag in ihrem Blick, dann lächelte sie.
»Die bin ich.« Sie reichte ihm die Hand. »Herr
Seiler, nehme ich an?«
»Ja.« Er
nickte und schob sich das Baseballcape in den Nacken. »Darf
ich Sie zu einem Wein einladen?«
»Gern.«
Schweigend gingen sie
einige Schritte nebeneinander her. Auf den Wiesen tummelten sich
sonnenhungrige Wuppertaler.
»Ich denke, Sie
haben mich angerufen, weil mein Exmann gerade in unserer Stadt
einen Film dreht?« Sie war stehen geblieben. »Sie
möchten ein Interview?«
Stefan wiegte den
Kopf. »Das interessiert mich natürlich auch. Allerdings
möchte ich mehr über den Regisseur erfahren, den
Wuppertaler Regisseur, der in seiner Heimatstadt einen Film dreht,
der auch in Hollywood laufen soll.« Sie waren stehen
geblieben. »Er scheint dabei vom Pech verfolgt zu
sein.«
Sonja Tickmann nickte.
»Ich hörte davon«, sagte sie mit regungsloser
Miene. »Ein unheilvolles Damoklesschwert schwebt über
dem Filmprojekt.«
»Jemand versucht
zu verhindern, dass der Film entsteht«, brachte es Stefan auf
den Punkt. »Wissen Sie, ob ihr Exmann Feinde hat? Einen
Konkurrent, jemanden, der danach sinnt, sich bei ihm zu
rächen, für was auch immer?«
»Im
Filmgeschäft weht ein rauer Wind«, sagte Sonja Tickmann.
»Allerdings glaube ich nicht, dass die Anschläge auf das
Konto der Konkurrenz gehen.«
»Sie vermuten
einen privaten Hintergrund?«
Unmerklich zuckte
Tickmanns Exfrau zusammen. Ein unsicheres Flackern lag in ihren
Augen. »Das habe ich nicht gesagt«, erwiderte sie
schließlich.
Täuschte Stefan
sich, oder spielte sie aus Nervosität mit ihrer Sonnenbrille?
»Warum haben Sie sich scheiden lassen?«
Sie zögerte. Ihre
Mundwinkel zuckten, dann schenkte sie Stefan ein etwas
überhebliches Lächeln. »Das sind private Dinge,
Herr Seiler. Zu privat, um sie der Presse mitzuteilen. Wir sind
geschieden und führen jeder sein eigenes
Leben.«
Er hatte einen
empfindlichen Nerv getroffen, das sah ein Blinder mit
Krückstock. Jetzt konnte er sie mit etwas Geschick aus der
Reserve locken. »Sie haben keinen Kontakt mehr zu ihrem
Exmann?«
»Nein.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Warum auch?«
Ja, warum auch, dachte
Stefan. Immerhin war damals genug dreckige Wäsche gewaschen
worden. Auch die Wupperwelle hatte über den Scheidungskrieg
der Tickmanns berichtet. Sonja Tickmann hatte sich dabei als
gewiefte Geschäftsfrau erwiesen und sie hatte sich einen der
teuersten und besten Anwälte geleistet, um möglichst viel
Kapital aus ihrer Ehe mit Mark Tickmann zu schlagen. Ihr Anwalt
hatte sich mit Dirk Burbach herumschlagen müssen. Stefan
dachte nach. So langsam wurde die Sache ziemlich
verworren.
»Die
geschäftlichen Dinge wie Unterhalt und so weiter sind von
unseren Anwälten geklärt worden.« Sie lächelte
ihn lauernd an.
»Der Anwalt
Ihres Exmannes, Dirk Burbach, wurde in seinem Haus brutal
überfallen und zusammengeschlagen.«
»Ich hörte
davon.« Sie war eine perfekte Schauspielerin.
Stefan überlegte,
ob er sie auf ihren Besuch bei Michaela Heiger-Burbach ansprechen
sollte, entschied sich aber vorerst dagegen.
Sie hatten den kleinen
Biergarten erreicht und nahmen an einem der Tische Platz. Stefan
bestellte eine Apfelschorle und einen lieblichen Wein, bevor er
sich wieder seiner Gesprächspartnerin widmete. »Was
machen Sie?« Er lächelte. »Ich meine,
geschäftlich?«
»Das Malen ist
meine große Leidenschaft. Ich stelle gerade Bilder in einer
Galerie in der Wittensteinstraße aus.«
»Sie betreiben
eine eigene Galerie?«
Sie lachte. Etwas
gekünstelt, wie Stefan fand. »Ich betreibe sie nicht
… Ich bin daran beteiligt, wenn Sie so wollen. Im Gegenzug
für meine finanzielle Unterstützung finde ich dort ein
Forum, wo ich meine Werke dauerhaft ausstellen und verkaufen
kann.«
Die Getränke
kamen und sie prosteten sich zu.
»Das Malen an
sich ist eine brotlose Kunst«, fuhr Sonja Tickmann
schließlich fort. »Meine Eltern hatten eine Fabrik in
Unterbarmen, am Wupperufer.« Sie machte eine wegwerfende
Handbewegung. »Die Fabrik gibt es nicht mehr, meine Eltern
sind verstorben, aber von dem Erbe kann ich ganz gut
leben.«
Ja, dachte Stefan, und
vom Unterhalt des Exmannes auch. Er schwieg, stierte in seine
Apfelschorle und ließ sie reden.
»Ich mache das,
wonach mir der Sinn steht. Wie Sie vielleicht wissen, betreibe ich
eine
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