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Wuppertod

Wuppertod

Titel: Wuppertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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Besserung.«
    * * *
    »Steht deine
Einladung noch?« Heike hatte Stefan aus dem Auto angerufen.
Sie klang frisch wie der junge Morgen, und das, obwohl es fast halb
sechs abends war. Die Sonne stand schon tief über dem Tal.
Dennoch herrschten draußen noch T-Shirt-taugliche
Temperaturen.
    »Natürlich,
Schatz.« Stefan lächelte. »Heike - bitte sag mir,
welche Einladung du meinst.«
    Sie ging nicht direkt
auf seine Frage ein. »Ich will ehrlich sein, der Fall
wächst mir langsam über den Kopf. Und da du mich
kürzlich zu einem Pizzaessen eingeladen hast, dachte ich, das
wäre das richtige Ambiente, um mal ein Brainstorming zu
machen.«
    Das Pizzaessen hatte
sich Stefan anders vorgestellt. »So viel zum Thema
›geruhsamer Feierabend‹«, erwiderte er
sarkastisch.
    »Hey«,
hörte er ihre Stimme am anderen Ende der Leitung. »Ich
bin doch da. Und ich liebe dich.« Das klang schon besser, das
klang viel versprechend, soviel musste er sich eingestehen. Seine
Miene erhellte sich etwas. Er wanderte mit dem schnurlosen Telefon
durch die Wohnung, stand vor dem Aquarium mit den Goldfischen und
schüttete etwas Fischfutter in das Wasser. Die
»Jungs«, wie er sie liebevoll nannte, stürzten
sich auf die Pellets, als hätten sie seit Tagen nichts mehr zu
Fressen bekommen. Im Becken blubberte und gluckste es.
    »Ich liebe dich
auch«, flüsterte er.
    Heike machte eine
kleine Pause, bevor sie antwortete. »Ich war heute
übrigens im Krankenhaus.«
    »Oh«,
entfuhr es Stefan. Beinahe wäre ihm die Dose mit dem
Fischfutter ins Aquarium gefallen. Die »Jungs»
hätten sich gefreut. »Was ist dir denn passiert? Warum
weiß ich nichts davon?«
    »Du bist mir ein
Heini«, lachte Heike. »Mir ist nichts geschehen, ich
habe Dirk Burbach besucht. Er war recht verschlossen und war
offenbar auch nicht sehr angetan davon, dass seine Frau uns auf den
Plan gerufen hat.«
    »Hmm«,
machte Stefan und trat an das Wohnzimmerfenster. Die Abendsonne
tauchte die Marienstraße in ein warmes Licht. Kinder spielten
lachend auf dem Bürgersteig. Die Stuckfassaden auf der
gegenüberliegenden Straßenseite schienen zu glühen.
»Hat er möglicherweise eine doch nicht so reine
Weste?«
    »Keine Ahnung.
Er sagte mir nur, dass er von drei jungen Männern
überfallen wurde, die er aber nicht kannte.«
    »Ich habe da so
einen ganz vagen Verdacht«, murmelte Stefan. Unten auf der
Straße war eines der spielenden Kinder vom Dreirad gekippt
und heulte wie eine Sirene. Stefan schloss das Fenster und setzte
seine Wanderung durch die Altbauwohnung fort. »Wann soll ich
dich abholen?«
    »Gar
nicht«, erwiderte Heike am anderen Ende der Leitung.
»Ich bin in zehn Minuten bei dir.« Damit hatte sie die
Verbindung unterbrochen.
    Er legte das Telefon
auf den Wohnzimmertisch, schüttelte den Kopf, murmelte
»da versteh' einer die Frauen« und marschierte ins Bad,
um sich frisch zu machen. Er sprang kurz unter die Dusche, dachte
über die Vorkommnisse der letzten Tage nach und trocknete sich
ab. Kaum, dass er in eine frische Jeans und in ein neues T-Shirt
geschlüpft war, klingelte es auch schon an der Türe. Er
hüpfte barfuß durch die Wohnung und
öffnete.
    »Hallo, mein
Schatz!« Heike stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm
einen Kuss auf die Wange zu hauchen, und war im nächsten
Augenblick schon an ihm vorbei. Etwas verdattert starrte er auf die
Einkaufstüten, die sie unter dem Arm trug. »Ich habe mir
es anders überlegt«, rief sie aus der
Küche.
    Er drückte die
Tür ins Schloss und folgte ihr.
    »Ich werde
für uns kochen«, klärte sie ihn auf und packte die
Tüten aus. Stefan erkannte das Logo eines großen
amerikanischen Supermarktes.
    »Ich habe noch
schnell einen Abstecher zum Wicküler-Park gemacht«,
sagte sie gut gelaunt. »Und gemütlich machen können
wir es uns hier doch auch - oder?«
    Einmal mehr verliebte
er sich in ihre süßen Grübchen, in die strahlend
blauen Augen und in ihren hübschen Mund. Wenn Heike ihn so
anlächelte, dann konnte er ihr keine Bitte
abschlagen.
    »Natürlich«,
murmelte er, wandte sich ab und suchte im Wohnzimmerschrank nach
Kerzen. Wenn schon - denn schon, dachte er. »Ich muss gleich
noch mal los«, rief er über die Schulter in Richtung
Küche, wo Heike mit Töpfen und Geschirr
herumhantierte.
    »So viel also
zum Thema ›geruhsamer Feierabend‹«, ahmte sie
ihn lächelnd nach.
    Ein seltsamer Unterton
lag in ihrer Stimme, den Stefan nicht gleich deuten konnte. Er
stand mit dem Rücken zu ihr und durchsuchte die

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