Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
. . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen

. . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen

Titel: . . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
Vom Netzwerk:
zweiten Klingeln wurde abgehoben.
    »Hier Roger-Bacon-Gesamtschule.«
    »Spreche ich mit dem Schulleiter?« fragte Morse in unschuldigem Ton.
    »Nein, Baines am Apparat. Vielleicht kann ich Ihnen auch behilflich sein?«
    »Ah, Mr. Baines. Guten Abend, Sir. Eigentlich wollte ich sowieso Sie sprechen. Ich, äh … ich würde mich gern mal mit Ihnen zusammensetzen, möglichst bald, wenn es Ihnen recht ist. Es geht immer noch um den Fall Taylor. Es gibt da einen oder zwei Punkte, zu denen Sie mir vielleicht etwas sagen könnten.«
    Baines erklärte, ab Viertel vor zehn frei zu sein, und schlug vor, sich im White Horse zu treffen, in unmittelbarer Nähe der Schule. Er erledige immer alles gern so schnell wie möglich. Was du heute kannst besorgen …
    Morse sprach sich selbst ein Lob aus. Es wäre vermutlich noch etwas dicker ausgefallen, wenn er den tiefbesorgten Gesichtsausdruck gesehen hätte, mit dem Baines jetzt in seinen akademischen Talar schlüpfte. In der Aula warteten die Eltern auf ihn.
    Morse überlegte, daß es keinen Zweck habe, vorher noch nach Hause zu fahren, und ging in die Kantine. Auf einem der Tische lag ein Telegraph , den jemand dort vergessen hatte. Er bestellte sich Fischklößchen mit Kartoffelbrei, nahm sich dann den Telegraph und suchte nach dem Kreuzworträtsel. Er sah auf die Uhr, notierte am Rand die Zeit und begann bei ›1 waagerecht‹. Hält dem Gegrilltwe r den nicht stand (5 Buchstaben). Morse grinste. BAINES paßte nicht. Mit leisem Bedauern schrieb er: WURST.
    Zurück im Büro, reckte er die Arme. Er fühlte sich in Topform. Nur siebeneinhalb Minuten für das Kreuzworträtsel. Ein neuer Rekord – allerdings war es auch ein bißchen leichter gewesen als die in der Times . Sein doppelter Erfolg an diesem Abend machte ihn euphorisch. Vielleicht ließ sich ja der Fall Taylor ganz leicht lösen, sobald man ihn nur unter dem richtigen Blickwinkel sah! Und wie hatte Baines gesagt? ›Was du heute kannst besorgen …‹ Er würde sich jetzt gleich noch einmal damit befassen, einen langen, kühlen, distanzierten Blick darauf werfen … Es funktionierte nicht. Also doch wieder die alte Methode. Er setzte sich in seinen Sessel, schloß die Augen und ließ seinen Verstand eine Stunde lang auf Hochtouren arbeiten. Ideen hatte er genug – aber daran hatte es ihm noch nie gemangelt. Was ihm fehlte, war ein Muster, nach dem er sie ordnen konnte. Oder – um auf den Vergleich mit dem Puzzle zurückzukommen – ein oder zwei Teile paßten hervorragend, aber die übrigen waren dafür um so sperriger und dazu noch unspezifisch. Alle einfarbig sozusagen, lauter hellblaue Fragmente, um einen schier endlosen, leeren Himmel zusammenzusetzen, an dem es weder eine Wolke noch einen Vogel gab, die einen Anhaltspunkt hätten bieten können.
    Um neun Uhr tat ihm vom vielen Denken der Kopf weh. Es hatte keinen Zweck, die Lösung ließ sich nicht erzwingen. Bei Kreuzworträtseln war es genauso. Irgendwann kam dann die Erleuchtung. Meistens jedenfalls.
    Er griff nach dem Verzeichnis der Ortsvorwahlnummern und stellte fest, daß man in Caernarvon nur über das Fernamt anrufen konnte. Acum war selbst am Apparat. So knapp und präzise wie möglich erklärte Morse ihm den Grund für seinen Anruf, und Acum gab die üblichen Laute von sich, mit denen man dem anderen zu verstehen gibt, daß man noch da ist, zuhört und mitbekommt, worum es geht. Ja, natürlich könne er sich noch an Valerie erinnern und auch an den Tag, an dem sie verschwand. Doch, sogar ziemlich gut.
    »War Ihnen klar, daß Sie einer der letzten gewesen sind, die sie gesehen haben?«
    »Jetzt, wo Sie es sagen – das muß wohl so sein.«
    »Die Französischstunde bei Ihnen war ihre allerletzte Unterrichtsstunde.«
    »Ja.«
    »Ich erwähne das nur, weil ich Grund habe anzunehmen, daß Sie sie gebeten haben, nach dieser Stunde zu Ihnen zu kommen.«
    »Äh – ja. Das ist, glaube ich, richtig.«
    »Wissen Sie noch, warum Sie sie zu sich bestellt haben?«
    Acums Antwort ließ auf sich warten, und Morse hätte viel darum gegeben, ihm jetzt gegenüberzusitzen.
    »Wenn ich mich recht entsinne, Inspector, hätte sie in der Woche darauf ihre Klausuren für die mittlere Reife schreiben sollen, und ihre Leistungen gaben wirklich Anlaß zu Besorgnis. Ich hatte vor, ihr noch einmal ins Gewissen zu reden, obwohl es dafür eigentlich längst zu spät war.«
    »Sie haben jetzt gerade gesagt, Sie hätten vorgehabt , ihr noch einmal ins Gewissen zu reden …«
    »Ja, das

Weitere Kostenlose Bücher