Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
Vom Netzwerk:
die Hyäne ihr Opfer. Das Licht fiel zu Boden, der Schwarze wich verblüfft mit einem heiseren Ausruf zurück. Zwar wehrte er sich gleich darauf, so gut er konnte, gegen Kuntas Würgegriff, doch fand Kunta die Kraft, noch fester zuzupacken, während er den Schlägen und Stößen auswich, die der Kutscher mit Fäusten, Füßen und Knien austeilte. Kunta ließ erst los, als sein Bewacher dumpf röchelnd zusammensackte.
    Gefahr drohte jetzt hauptsächlich von Hunden. Doch gab es hier offenbar keine. Kunta huschte davon wie ein Schatten. Vom Frost befallene Baumwollstengel knackten unter seinen Füßen. Die ungeübten Muskeln schmerzten gewaltig, doch die kalte saubere Luft tat seiner Haut wohl, und am liebsten hätte er ein wildes Freudengeschrei angestimmt, weil er endlich wieder frei war. Das ließ er aber bleiben.

Kapitel 43
    Dorniges Gestrüpp am Waldrand wollte Kunta aufhalten, doch warf er sich hindurch und drang stolpernd, fallend, sich aufraffend, immer tiefer in den Wald ein. Jedenfalls glaubte er das, bis der Wald sich lichtete und Kunta wieder in niederes Buschwerk geriet. Vor sich sah er wieder ein Baumwollfeld und dahinter ein großes weißes Haus mit kleinen dunklen Hütten daneben. Entsetzt sprang Kunta in den Wald zurück – er hatte nur einen schmalen Waldstreifen zwischen zwei toubob -Anwesen durchquert. Hinter einen Baum geduckt, hörte er sein Blut in Herz und Kopf wild pochen. An Händen, Armen und Beinen stach es, und im hellen Mondlicht sah er, daß er sich an Dornen blutig gerissen hatte. Noch mehr beunruhigte ihn, daß der Mond schon tief am Himmel stand – der Morgen würde bald dämmern. Er hatte nur wenig Zeit, einen Entschluß zu fassen.
    Weiter! Er rannte los, merkte aber bereits nach kurzer Zeit, daß seine Muskeln ihn bald im Stich lassen würden. Also mußte er sich im dichtesten Teil des Waldes verstecken. Er arbeitete sich mühsam ins Dickicht, manchmal auf allen vieren. Er erwog, einen Baum zu erklettern und sich in dessen Krone zu verbergen, doch der Laubteppich unter seinen Füßen sagte ihm, daß das meiste Laub von den Bäumen gefallen sein mußte und man ihn im Geäst leicht erkennen würde. So war es wohl am besten, ein Versteck am Boden zu suchen.
    Als es tagte, fand er eine Stelle, die ihm geeignet schien. Außer seinen eigenen pfeifenden Atemzügen war nichts zu hören, und er fühlte sich an die langen einsamen Nachtwachen auf den Erdnußfeldern erinnert, den treuen wuolo- Hund zur Seite. Gerade in diesem Augenblick hörte er in der Ferne einen Hund bellen. Hatte er sich das etwa eingebildet? Er lauschte. Nein. Wieder bellte es, jetzt aber waren es schon zwei Hunde. Was nun?
    Er kniete mit dem Gesicht nach Osten und betete zu Allah um Rettung. Als er damit fertig war, ertönte das Gebelle wieder, näher diesmal. Kunta wollte sich eigentlich versteckt halten, wo er war, doch als es ein paar Minuten später noch näher bellte, schien ihm, die Hunde wüßten genau, wo er war, und es hielt ihn nicht mehr. Er kroch noch tiefer ins Dickicht, suchte noch mehr Schutz. Die Dornen in Händen und Knien peinigten ihn furchtbar, das näher kommende Gebell trieb ihn aber an, zumal er jetzt auch menschliche Stimmen zu hören glaubte.
    Er kam nicht schnell genug vorwärts; er sprang auf und warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die hinderlichen Ranken. Da knallte es. Kunta stürzte vor Schreck der Länge nach ins Gestrüpp.
    Die Hunde knurrten ganz in der Nähe, und Kunta konnte sie sogar riechen. Schon brachen sie durchs Unterholz und kamen geradewegs auf ihn zu. Kunta hatte sich erst halb aufgerichtet, als die beiden Hunde ihn jaulend, geifernd und schnappend ansprangen. Sie warfen ihn um und nahmen dann noch einmal Anlauf. Kunta suchte sie abzuwehren, hörte Männer rufen, und wieder knallte es, diesmal viel lauter. Die Hunde ließen von ihm ab, dafür bahnten sich die Männer fluchend mit Messern einen Weg zu ihm.
    Als erster zeigte sich der Schwarze, den Kunta gewürgt hatte. Er hielt in einer Hand ein langes Messer, in der anderen Knüppel und Seil, und er sah mordgierig drein. Kunta lag blutend auf dem Rücken. Er verbot sich zu schreien, rechnete aber fest damit, gleich in Stücke gehackt zu werden. Da tauchte der toubob hinter dem Schwarzen auf, der ihn hergebracht hatte, rot im Gesicht und schweißüberströmt. Kunta wartete auf Blitz und Knall aus dem Feuerstock, den ein zweiter, ihm unbekannter toubob auf ihn gerichtet hielt, doch blieben Blitz und Knall aus. Den

Weitere Kostenlose Bücher