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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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jubelnd zu begrüßen. »Man sollte meinen, ’ne Leiche wär wiederauferstanden«, grinste der Fiedler. Kunta war gegen seinen Willen ganz gerührt und bemerkte: »Sieht so aus, als müßtest du die ganze Geschichte noch mal von vorn erzählen.«
    »Hast du je erlebt, daß ich den Mund halte?« sagte der Fiedler. »Schließlich bin ich nur zurückgekommen, damit ich es erzählen kann!«

Kapitel 78
    In den folgenden Monaten wurden die Verschwörer einer nach dem anderen gefangen, verhört und hingerichtet, und nachdem auch Gabriel Prosser selbst diesen Weg gegangen war, flaute die Aufregung allmählich ab, und die ›größere‹ Politik wurde wieder zum Hauptgesprächsthema zwischen dem Masser und seinen Bekannten, und folglich auch im Sklavenquartier. Kunta, Bell und der Fiedler suchten sich Stückchen für Stückchen zusammenzusetzen, was sie auf verschiedenen Wegen über die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen gehört hatten. Ein Masser Aaron Burr hatte sich lange ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem berühmten Masser Thomas Jefferson geliefert. Schließlich siegte Jefferson, offenbar mit Hilfe des mächtigen Masser Alexander Hamilton, und dessen Erzfeind Burr wurde nur Vizepräsident. Niemand hatte bis dahin viel von Masser Burr gehört, aber Kunta erfuhr von einem schwarzen Kutscher wenigstens einiges über Masser Jefferson, dessen Sklaven einstimmig erklärten, es könne keinen besseren Herrn geben.
    »Der Mann, mit dem ich geredet hab«, erzählte Kunta seinen Freunden zu Hause, »ist in der Nähe von Masser Jeffersons Monticello-Pflanzung in Virginia geboren. Er sagt, Masser Jefferson hat seinen Aufsehern nie erlaubt, Schwarze zu schlagen. Sie kriegen alle gut zu essen, und die Frauen dürfen selber für sich spinnen und gute Kleider nähen. Und als Masser Jefferson mal von ’ner langen Reise zurückgekommen ist, sind ihm seine Sklaven zwei Meilen vor der Pflanzung entgegengekommen, haben ihm die Pferde ausgespannt und den Wagen vor Freude selber die ganze lange Strecke bis zum Haus gezogen, und dann haben sie den Masser auf den Schultern über die Türschwelle getragen.«
    Der Fiedler schnaubte verächtlich. »Bei den Niggern weiß ja fast jeder, daß Masser Jefferson selber Kinder mit ’ner Milchkaffee-Mulattin hat, die ihm gehört und Sally Hemings heißt.« Er wollte noch mehr dazu sagen, aber Bell steuerte nun ihrerseits bei, was sie am meisten interessierte. »Ein Küchenmädchen, das ’ne Weile bei ihm war, erzählt, Masser Jeffersons Leibgericht ist Karnickel, über Nacht in Öl, Thymian, Rosmarin und Knoblauch eingelegt, und am nächsten Tag so lange in Wein gekocht, bis das Fleisch von den Knochen fällt!«
    »Na so was!« staunte der Fiedler ironisch.
    »Du kannst lange warten, bis du wieder ein Stück von dem Rhabarberstrudel kriegst, wegen dem du mich dauernd ankeilst!« fauchte Bell gekränkt.
    »Und du kannst lange warten, bis ich dich wieder um was bitte!« gab er zurück.
    Kunta hütete sich, in seinen alten Fehler zu verfallen und zwischen seiner Frau und dem Fiedler vermitteln zu wollen, wenn sie aneinandergerieten – denn dann pflegten sie plötzlich gemeinsam ob der unerwünschten Einmischung auf ihn loszugehen. Er tat also, als hätte er nichts gehört, und fuhr einfach da fort, wo er unterbrochen worden war.
    »… Und Masser Jefferson soll gesagt haben, die Sklaverei ist ebenso schädlich für die Weißen wie für uns, und er ist derselben Meinung wie Masser Hamilton, nämlich daß der natürliche Unterschied zwischen Schwarz und Weiß viel zu groß ist und beide nie lernen werden, friedlich zusammen zu leben. Drum will Masser Jefferson uns am liebsten alle frei sehn, aber wir sollen nicht weiter hier im Land rumhängen und armen weißen Schluckern die Arbeit wegnehmen – er ist dafür, daß wir wieder nach Afrika verschifft werden, so nach und nach, ohne viel Getue und Gerede.«
    »Das soll Masser Jefferson erst mal den Sklavenhändlern beibringen«, sagte der Fiedler. »Die haben ihre eigene Meinung, in welche Richtung die Schiffe gehn sollen.«
    »Irgendwas ist aber im Gang«, sagte Kunta. »Ich höre, massenhaft Leute werden jetzt verkauft. Ganze Familien, die ihr Leben lang hier waren, werden von ihren Massers weiter runter in den Süden abgeschoben. Gestern erst haben wir so ’n Sklavenhändler auf der Straße getroffen. Er grinst und winkt und tippt sich an den Hut, aber der Masser hat getan, als ob er ihn gar nicht kennt.«
    »Hm! Diese Sklavenhändler wimmeln in den

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