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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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gewohnten Welt durchstreift hatte?
    Er blieb dort den ganzen nächsten Tag und die Nacht allein. Erst am Samstagmorgen erschien Masser Lea. Sein Gesicht war bleich und ernst, und er kam ohne Umschweife zur Sache. »Ich hab mir alles gründlich überlegt. Zuerst einmal brenn Mingos Hütte nieder, und zwar gleich. Das ist die beste Art, sie loszuwerden.«
    Ein paar Minuten später standen sie beisammen und schauten in die Flammen, wie sie die kleine Hütte, in der Onkel Mingo vierzig Jahre lang gelebt hatte, verzehrten. Hühner-George hatte das Gefühl, daß der Masser noch etwas anderes auf dem Herzen hatte. Es traf ihn unvorbereitet, was er zu hören bekam.
    »Ich hab mir die Sache mit New Orleans noch mal überlegt«, sagte der Masser. »Wir setzen zu viel aufs Spiel, wenn wir nicht vorher alles in die Reihe bringen –« Er sprach langsam, fast als redete er zu sich selbst. »Ich kann hier nicht weg, bevor ich jemanden hab, der sich um diese Hühner kümmert. Es dauert auch zu lange, bis ich jemanden finde, und vielleicht muß ich ihn ja von der Pieke auf anlernen. Hat auch keinen Zweck, daß ich alleine hinfahr. Die zwölf Hähne sind für mich zuviel. Hat keinen Zweck, zum Hahnenkampf zu gehen, wenn man nicht gewinnen will. Wär ein Blödsinn, jetzt die Reise anzutreten –«
    Hühner-George schluckte. All die Monate des Planens – – – all das ausgegebene Geld – – – all die Hoffnungen des Masser, in die Elite der südstaatlerischen Hahnenkampfzüchter aufzurücken – – – und die herrlichen und so gut trainierten Tiere, die es mit jedem Vogel aufnehmen konnten. Er schluckte noch einmal, und dann sagte er »Jasörr«.

Kapitel 99
    Jetzt, da er hier unten ganz allein bei dem Federvieh saß, fühlte sich Hühner-George so einsam und verlassen, daß er sich fragte, wie Onkel Mingo dies nur fünfundzwanzig Jahre lang ausgehalten hatte, bis er zu ihm in die Lehre gekommen war. Der alte Mann hatte ihm erzählt: »Als der Masser mich gekauft hat und wir immer mehr Hühner bekamen, hat er mir jedesmal gesagt, daß er mir einen Helfer kauft, aber das hat er nie, und inzwischen glaub ich fast, daß die Hühner bessere Gesellschaft sind wie Leute.« George hatte zwar auch das Gefühl, daß er die Tiere so gern hatte, wie es einem Menschen nur möglich war, aber sie konnten ihm die Menschen nicht ersetzen. Er brauchte jemanden, der ihm half, und nicht nur, um ihm Gesellschaft zu leisten.
    Soweit es ihn betraf, schien Virgil immer noch die vernünftigste Wahl zu sein. So blieb die Sache in der Familie, und er konnte den Jungen geradesogut anlernen wie Onkel Mingo ihn. Da er aber keine Lust hatte, mit Matilda und Kizzy neuen Streit anzufangen, suchte George sich an irgendeinen Hahnentrainer zu erinnern, den er kannte; vielleicht könnte er den Masser überreden, ihn seinem jetzigen Besitzer abzukaufen. Er wußte jedoch, daß jeder an der Kampfhahnzucht interessierte Masser wirklich in arger Geldnot sein mußte, wenn er daran dachte, seinen Heger zu verkaufen, noch dazu an einen so harten Konkurrenten, wie Masser Lea einer war. Er dachte an schwarze Kampfbetreuer, aber die waren fast alle auch Trainer wie er selbst und ließen die Zuchttiere ihres eigenen Masser kämpfen, und die anderen waren meist drittklassige und windige Typen, die mit Tieren, die sie auf Schleichwegen erworben hatten, kämpften. Es gab allerdings einige freie schwarze Kampfbetreuer, die wirklich etwas taugten und die man für einen Tag, eine Woche, einen Monat und selbst ein Jahr mieten konnte, aber er wußte auch, daß Masser Lea selbst den besten freien schwarzen Trainer in Nord-Carolina nicht an seiner Stelle zum Kampf zulassen würde. George hatte also keine Wahl. So nahm er schließlich eines Abends all seinen Mut zusammen, um noch einmal zu Hause darüber zu reden.
    »Bevor du mir wieder erzählst, daß du nichts damit zu tun haben willst, hör mir gefälligst erst mal zu, Frau. Nächstes Mal, wenn der Masser mich mit auf die Reise nehmen will, wird er einfach sagen: ›Bring mir deinen ältesten Jungen hierher!‹ Und wenn das geschieht, wird Virgil bei den Hühnern bleiben , außer wenn der Masser es sich anders überlegt, aber das gibt es bei ihm nicht, und weder du noch ich können auch nur das leiseste Wörtchen sagen –« Er schob Matildas möglichen Einwand mit einer Handbewegung beiseite. »Wart mal! Ich will jetzt keine Widerrede! Ich will nur, daß du einsiehst, der Junge muß jetzt hier runterkommen. Wenn ich ihn nämlich

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