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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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gebrüstet habe, sein Freund und Gast sei dafür bekannt, jederzeit, überall, gegen jeden und für jede Summe mit seinen Vögeln zum Kampf anzutreten.
    Hühner-George zerschnitt einige Äpfel in kleine Stücke, um die Hähne damit zu füttern, als plötzlich die Menge in großes Jubelgeschrei ausbrach – da nahte auch schon der mit einem Verdeck versehene Zweispänner. George erkannte Masser Jewetts schwarzen Kutscher an seiner stets unbeweglichen Miene; hinten im Wagen saßen die beiden Massers, lächelnd und der immer dichter herandrängenden Menge zuwinkend, und die beiden sorgfältig aufeinander abgestimmten Pferde hatten alle Mühe, sich ihren Weg zu bahnen. In geringem Abstand folgten sechs Wagen, jeder einzelne mit imponierenden Hahnenkäfigen beladen. Den ersten Wagen fuhr Masser Jewetts weißer Heger, und neben ihm saß ein junger, spitznäsiger Weißer, den der reiche Engländer angeblich eigens mit über den Ozean gebracht hatte, auf daß er sich um die Hähne kümmere.
    Aber die Hauptattraktion für die Menge war der neben Masser Jewett im Zweispänner sitzende, seltsam gekleidete, dicke und rotgesichtige englische Adlige – beide Herren von Kopf bis Fuß die bedeutenden und vornehmen Herrschaften, die sie waren –, nur schien der Engländer dem lärmenden Volk gegenüber noch etwas mehr Herablassung und Würde an den Tag zu legen.
    Hühner-George, der schon so vielen Hahnenkämpfen beigewohnt hatte, wandte sich ruhig wieder dem Massieren von Beinen und Flügeln seiner Tiere zu, denn er wußte aus Erfahrung, daß die verschiedenen Geräusche aus der Menge ihn jeweils über das Geschehen unterrichten würden, ohne daß er hinzuschauen brauchte. Bald hörte er einen Schiedsrichter rufen und die singenden, pfeifenden und johlenden Kerle, die offensichtlich schon zu tief in die Flasche geguckt hatten, zur Ruhe ermahnen.
    Dann erfolgte die erste Ansage: »Mr. Fred Rudolph aus Williamstown läßt seinen roten Hahn gegen den gefleckten grauen Hahn von Sir C. Eric Russell aus England antreten.«
    Dann: »Auf die Plätze!«
    Und dann: »Pit!« Rufe ertönten in der Menge, plötzlich trat ehrfurchtsvolles Schweigen ein. Niemand brauchte es George zu sagen: Er wußte sofort, daß der Kampf mit einem raschen Sieg des Hahns vom Engländer geendet hatte.
    Während nun die acht Anwärter nacheinander ihre fünf Hähne gegen die von Masser Jewett oder dem Engländer antreten ließen, glaubte George, noch nie im Leben so viele Wettabschlüsse um sich herum gehört zu haben, und die Wortgefechte zwischen den Zuschauern und den Schiedsrichtern, die immer wieder zur Ruhe mahnten, waren zum Teil ebenso hitzig wie die Kämpfe selbst. Hier und da entnahm er dem Geschrei der Menge, daß beide Tiere schwer verletzt waren und der Kampf von den Schiedsrichtern für eine Weile unterbrochen werden mußte, bis die Besitzer ihre Hähne zur Weiterführung des Kampfes instand gesetzt hatten. Auch konnte er an einem bestimmten Gebrüll sofort erkennen, wann ein Hahn der beiden reichen Herren besiegt worden war, was nicht oft geschah, und er fragte sich nervös, wann Masser Lea an die Reihe käme. Wahrscheinlich hatten die Richter wie üblich die Namen der Gegner auf kleine Zettelchen geschrieben, die dann jemand aus einem Hut ziehen mußte.
    Allzugern hätte er wenigstens einem Teil der Kämpfe zugeschaut, aber es stand zuviel auf dem Spiel! Er durfte auf keinen Fall auch nicht einen Augenblick in seinen Bemühungen nachlassen. Dabei dachte er an das Vermögen und an die Ersparnisse vieler Jahre, die der Masser auf die Tiere setzen würde, deren Muskeln er jetzt sanft mit seinen Fingerkuppen massierte. Obgleich nur fünf Auserwählte kämpfen sollten, war es noch unmöglich, vorauszusagen, welche dies sein würden, deshalb mußten alle acht bis zum allerletzten Moment in höchster Kampfbereitschaft und bester Kondition gehalten werden. Hühner-George hatte nicht oft in seinem Leben gebetet, jetzt tat er es. Er versuchte, sich Matildas Gesicht vorzustellen, wenn er nach Hause kommen und ihr das ganze – verdoppelte – Vermögen in den Schoß schütten würde. Dann sollte sie die Familie zusammenrufen, und er würde ihnen verkünden, sie wären jetzt endlich FREI.
    Da hörte er den Schiedsrichter rufen: »Die nächsten fünf Hähne, die sich den Zuchttieren der Herren Jewett und Russell stellen werden, gehören und werden präsentiert von Mr. Tom Lea aus Caswell County.«
    George fühlte sein Herz bis zum Halse schlagen! Er stülpte

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