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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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gehört, wie sie ihn ausgezankt hat, weil er fünftausend Dollar von der Bank abgehoben hat, da hat sie gezetert und was noch und gesagt: ›Du willst ja bloß wie all die stinkreichen Leute tun, die tausendmal soviel Geld haben wie du.‹ Da hat er die Missis angeschrien und gesagt: ›Geht dich ’n Dreck was an‹, und ist aus ’m Haus gestampft.«
    Matilda und der zweiundzwanzigjährige Tom, der vor vier Jahren auf die Pflanzung zurückgekehrt war und sich eine Schmiede hinter der Scheune eingerichtet hatte, mit der er seinem Masser viel Geld verdiente, hörten grimmig schweigend zu. Matilda war einem Wutanfall nahe, sie hatte ihrem Sohn erzählt, wie Hühner-George sie gezwungen hatte, ihm sämtliche Ersparnisse auszuhändigen, die er dem Masser für Wetten auf die Lea-Hähne zur Verfügung stellen wollte. Matilda hatte geweint und geschrien und sich verzweifelt bemüht, Hühner-George zur Vernunft zu bringen. »Aber er hat sich aufgeführt, wie wenn er verrückt ist«, erklärte sie Tom. »Hat mich angebrüllt – ›Weib‹, hat er gesagt – ›ich kenn jedes einzelne Tier, wie’s noch ein Ei war. Drei oder vier können’s mit jedem Tier, was Flügel hat, aufnehmen! Ich werd mir so ’ne Chance doch nicht entgehn lassen, ich kann ja unsere Ersparnisse glatt verdoppeln, und das dauert nicht länger wie so ’n Hahn braucht, den andern umzubringen! In zwei Minuten sparen wir mehr als in neun oder mehr Jahren, in denen wir alles zusammenkratzen zum uns-Freikaufen!‹«
    »Mammy, du hast doch Pappa sicher gesagt, daß wir mit dem Sparen aber wieder ganz von vorn anfangen müssen, wenn die Hühner nun verlieren sollten!« rief Tom entsetzt.
    »Nicht nur das hab ich ihm gesagt! Hab alles versucht, ihm klarzumachen, er hat kein Recht, mit unsrer Freiheit zu spielen! Aber er wurde bloß immer wütender und hat geschrien: ›Wir können gar nicht verlieren! Gib mir jetzt endlich mein Geld, Frau!‹«
    Also hatte Matilda es ihm schweren Herzens ausgehändigt.
    Bei den Hühnerställen waren Hühner-George und Masser Lea damit beschäftigt, die Auswahl unter siebzehn der besten Tiere zu treffen, die sie dann auf die zehn allerbesten herunterbrachten. Danach begannen sie mit dem Flugtest, warfen die Hähne höher und höher in die Luft, bis schließlich acht von ihnen mindestens zwölf Meter im Fluge zurücklegten, bevor ihre Füße den Boden berührten. »Ich schwör, Masser, daß es mir ganz so aussieht, als ob wir wilde Truthähne trainieren!« kicherte Hühner-George.
    »Die müssen aber auch wie Habichte sein, wenn sie gegen die Tiere von Jewett und diesem Engländer kämpfen sollen«, meinte der Masser.
    Eine Woche vor dem großen Hahnenkampf ritt der Masser davon und kam erst gegen Abend des folgenden Tages mit sechs Paar der allerfeinsten schwedischen Stahlsporen zurück, die so scharf wie Rasierklingen und so spitz wie Nadeln waren.
    Und nachdem sie zwei Tage vor dem Kampf noch einmal jedes Tier geprüft hatten, schienen ihnen alle acht Hähne so ausgezeichnet, daß es unmöglich war, die fünf allerbesten zu erkennen. So beschloß der Masser, sie alle acht mitzunehmen und erst in letzter Minute die Auswahl zu treffen.
    Er sagte Hühner-George, sie würden um Mitternacht des folgenden Tages aufbrechen, damit sie und die Kampfhähne sich von der langen Reise noch genügend erholen konnten und frisch und ausgeruht zu den Kämpfen erscheinen würden. Hühner-George wußte wohl, daß der Masser es ebenso eilig hatte wie er, dort hinzukommen.
    Die lange Reise durch die Dunkelheit verlief ereignislos. Hühner-George sah die am vorderen Wagenende schaukelnde Laterne und die beiden Maulesel vor sich und dachte mit gemischten Gefühlen an seinen heftigen Wortwechsel mit Matilda über das Geld. Als ob er nicht selbst am besten wüßte, wieviel Jahre harter Arbeit in diesen Ersparnissen steckten. Waren es denn nicht vor allem seine eigenen Anteile an den Gewinnen aus zahllosen Hahnenkämpfen? Er hatte zwar keinen Augenblick bezweifelt, daß Matilda die beste Ehefrau war, die man sich denken konnte, aber deshalb bedauerte er es um so mehr, daß er sie hatte anschreien müssen und daß es zu einem sicher ebenso heftigen Streit gekommen war wie dem, den der Masser im eigenen Haus auszufechten hatte, aber es gab nun einmal Augenblicke im Leben, in denen der Herr des Hauses die richtigen, bisweilen auch harten Entscheidungen zu treffen hatte. Und wieder mußte er an Matildas tränenerstickten Schrei denken: »George, du hast

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