Wurzeln
sich seinen Hut fester auf den Kopf, sprang vom Wagen und erwartete den Masser, der jetzt kommen mußte, das erste Tier auszuwählen.
»To-ho-ho-om Lea!« Über den Köpfen der Menge hörte er die anfeuernden Rufe der armen Weißen für seinen Masser, Gejohle ertönte, eine Gruppe von Kerlen schob sich durch die Menge, und in ihrer Mitte ging der Masser. Von weitem schon rief er George zu: »Diese Leute hier werden uns helfen, alle Tiere in die Nähe des Kampfplatzes zu bringen.«
»Jasörr, Masser.«
George sprang auf den Wagen, reichte den Begleitern seines Masser nacheinander die acht Hahnenkäfige hinunter und dachte dabei nur, daß er in all den siebenunddreißig Jahren, die er nun im Hahnenkampfgeschäft war, stets Masser Leas scheinbar völlig gelassene Haltung in Zeiten höchster Spannung wie dieser bewundert hatte. Die Gruppe bahnte sich ihren Weg durch die Menge zurück zum Kampfplatz: Masser Lea voran, den herrlichen dunkelledergelben Hahn, den er für den ersten Kampf ausgewählt hatte, im Arm, Hühner-George als letzter mit seinem Flechtkorb voller Utensilien für rasche Hilfe, wie Kaninchen-Bauchfell, frische Efeublätter, Glyzerin, ein Knäuel Spinnweben und Terpentin. Der Tumult wurde immer schlimmer, je näher sie der Arena kamen, sie wurden geschubst und gestoßen, und die beschwipsten Rufe »To-hom Lea« dröhnten ihnen in den Ohren. Vereinzelt hörte er auch: »Das ist sein Nigger Hühner-George!«, spürte die Blicke auf sich, als wären sie Finger – was ihm an sich recht angenehm war, doch mußte er weitergehen, statt vor sich hin blicken und versuchen, so kühl zu wirken wie sein Masser.
Dann sah Hühner-George den kleinen dicken Engländer. Er stand ruhig in der Nähe des Kampfplatzes und hielt einen prächtigen Hahn in der Beuge seines linken Armes, während seine Augen der kleinen, mit den Kampfhähnen eintreffenden Schar prüfend entgegenblickten. Er nickte Masser Lea kurz zu, stellte sein Tier auf die Waage, und der Schiedsrichter verkündete: »Fünf Pfund und fünfzehn Unzen.« Das herrliche silberblaue Gefieder leuchtete in der Sonne.
Nun war der Masser mit seinem dunkellederfarbenen Hahn, einem von Hühner-Georges Lieblingstieren, an der Reihe. Der Vogel war mächtig und wild, sein Hals wendig wie der einer Schlange, die Augen funkelten vor Mordlust, und er brannte darauf, losgelassen zu werden. Der Schiedsrichter rief: »Sechs Pfund genau!« Die Bewunderer des Masser brüllten los, als ob die eine Unze Unterschied den Kampf bereits entschieden habe. » To-hoho-hom Lea! Zeig’s dem Briten da, To-ho-om! Sieh nur, wie der sich aufplustert! Hol ihn mal runter von seinem hohen Roß!«
Offensichtlich waren Masser Leas besondere Parteigänger bereits stark angetrunken, und Hühner-George beobachtete, wie der Masser und der Engländer leicht verlegen die Pöbeleien zu überhören versuchten. Sie knieten nieder, um ihren Tieren die Metallsporen anzulegen. Die Schreie wurden lauter und beleidigender: »Sind das Hühner oder Enten? Damit will der kämpfen?« – – – »Das sind doch bloß Wasserhühner!« – – – »Ja! Der ernährt die mit Fischen!« Die Miene des Engländers verfinsterte sich zusehends. Der Schiedsrichter lief hin und her, fuchtelte wütend mit den Armen und rief: »Aber bitte, meine Herren! Bitte!« Doch das Spottgelächter schwoll nur noch mehr an, und die Zwischenrufe wurden beißender: »Wo hat der seine rote Jacke gelassen?« – – – »Macht der auch Fuchskämpfe?« – – – »Nee, dazu ist der viel zu langsam, der watschelt ja wie ’ne Beutelratte!« – – – »Aussehn tut er aber eher wie ’n Ochsenfrosch!«
Masser Jewett trat heran, machte dem Schiedsrichter ärgerliche Vorhaltungen, doch wurden seine Worte von dem grölenden Chor »To-ho-hom Lea! To-ho-hom Lea!« übertönt. Nun kamen sogar die Juroren dem Schiedsrichter zu Hilfe, stiegen auf das Podium, schwenkten die Arme, ballten die Fäuste und riefen immer wieder: »Der Kampf wird unterbrochen, bis wieder Ruhe herrscht!« Allmählich legten sich die betrunkenen Schreie und das Gejohle. Hühner-George sah das verlegene Gesicht seines Masser und die blassen Mienen des Engländers und Masser Jewetts.
»Mister Lea!« rief der Engländer laut, und augenblicklich schwieg die Menge.
»Mister Lea, wir beide haben hier herrliche Tiere. Wie wär’s, wenn Ihr mit mir noch eine persönliche Wette einginget?«
Hühner-George wußte, jeder unter den Hunderten von Zuschauern hatte den
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