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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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Monde drei der Unseren verschwunden sind, und habt gehört, daß die Trommel von anderen in anderen Dörfern gesprochen hat.« Er sah seine Söhne scharf an und sagte mit Nachdruck: »Was ich euch jetzt sage, dürft ihr nicht nur mit den Ohren aufnehmen, denn wenn ihr nicht tut, was ich euch sage, kann es passieren, daß ihr geraubt werdet.« Kunta und Lamin lauschten mit steigender Angst. »Wenn es sich irgend vermeiden läßt, geht nirgendwo allein hin. Und wenn es sich vermeiden läßt, haltet euch von Gebüschen fern und von hohem Gras, einerlei ob bei Tag oder in der Dunkelheit. Auch wenn ihr Männer geworden seid, müßt ihr euch vor dem toubob in acht nehmen, solange ihr lebt. Oft hört ihr ihn schon von weitem, wenn er den Feuerstock benutzt. Seht ihr irgendwo ungewöhnlich viel Rauch, so ist es wahrscheinlich der toubob , der immer ein viel zu großes Feuer macht, wenn er kocht. Lest seine Spuren, damit ihr immer wißt, in welche Richtung er gezogen ist. Er macht viel tiefere Spuren als wir, sie sind leicht zu erkennen, und er trampelt Zweige und Gras nieder. Nähert ihr euch einer Stelle, an der er gewesen ist, werdet ihr finden, daß er seinen Geruch hinterläßt. Er riecht ungefähr so wie nasse Hühner. Und viele sagen auch, daß von ihm eine Unruhe ausgeht, die wir spüren. Sollte das je der Fall sein, verhaltet euch ganz still, dann bemerkt ihr ihn schon auf größere Entfernung.«
    Es reiche aber nicht, den toubob zu kennen, fuhr Omoro fort, »denn viele von uns sind mit ihm im Bunde. Das sind die Verräter. Kennt man nicht jeden einzelnen, ist man ihnen ausgeliefert. Also dürft ihr unterwegs im Busch niemandem vertrauen, den ihr nicht kennt, ganz gleich, wie er aussieht.«
    Kunta und Lamin saßen starr vor Angst. »Ich kann euch gar nicht scharf genug einprägen, was ich da eben gesagt habe. Ihr sollt auch wissen, was eure Onkel und ich sahen, als wir damals die toubobs beobachteten. Die toubobs behandeln ihre Sklaven ganz anders als wir unsere. Am Ufer hatte man aus Bambusstangen Käfige gebaut, und dort wurden sie aufbewahrt, bis man sie auf die großen Kähne brachte. Ihre Köpfe waren geschoren, und sie glänzten am ganzen Körper von Fett. Erst mußten sie hinhocken und hüpfen. Danach sperrte man ihnen den Mund auf und sah ihre Zähne an.« Er stieß blitzschnell mit dem Finger zwischen Kuntas Beine und fuhr fort: »Die Männer mußten ihren foto zeigen, und auch die Frauen wurden an den Geschlechtsteilen untersucht. Danach mußten alle sich wieder hinhocken, und man brannte ihnen mit glühenden Eisen Zeichen auf Rücken und Schultern. Dann wurden die schreienden, um sich schlagenden Menschen zum Wasser getrieben, wo die Kanus warteten, um sie zu den großen Kähnen zu bringen.
    Meine Brüder und ich sahen, wie so mancher sich zu Boden warf, sich in die Erde krallte, als wolle er noch ein letztes Mal von der Heimaterde kosten, aber man schlug auf sie ein und zerrte sie weg. Noch in den kleinen Kanus wehrten sich manche, und wieder wurden sie mit Knüppeln und Peitschen geschlagen, bis sie in ihrer Verzweiflung ins Wasser sprangen und von grauenhaft großen Fischen mit gebogenen Rückenflossen und weißem Bauch zerrissen wurden. Diese Fische hatten fürchterliche Zähne. Ringsum färbte sich das Wasser rot.«
    Kunta und Lamin drängten sich aneinander und hielten sich bei den Händen. »Es ist besser, ihr wißt das alles, sonst müssen eure Mutter und ich für euch eines Tages den weißen Hahn opfern. Wißt ihr, was das bedeutet?«, und er schaute seine Söhne prüfend an.
    Kunta nickte und brachte heraus: »Wenn jemand verschwunden ist, nicht wahr, fa ?« Er hatte gesehen, wie die Angehörigen von Vermißten inbrünstig zu Allah beteten, während ein weißer Hahn in ihrer Mitte mit wild schlagenden Flügeln umhertorkelte, dem man zuvor die Kehle durchschnitten hatte.
    »Ganz recht. Stirbt der weiße Hahn auf dem Bauch liegend, ist noch Hoffnung, fällt er aber auf den Rü­cken, ist keine Hoffnung mehr, und das ganze Dorf schließt sich dem Totengebet für den Vermißten an.«
    Zu Kuntas Überraschung ließ sich jetzt Lamin mit seiner Piepsstimme vernehmen: »Wohin bringen die großen Kähne die geraubten Menschen, fa ?«
    »Die Ältesten sagen, nach Jong Sang Doo, das ist ein Land, wo man die Sklaven an riesengroße Menschenfresser verkauft, mit Namen toubabo koomi , und die essen uns. Weiter weiß man darüber nichts.«

Kapitel 17
    Lamin hatte sich über alles, was der Vater von

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