Wut im Quadrat - Mannheim-Krimi
stehen.
Für sie war alles so schnell gegangen. Noch gestern hatte sie sich ihren ersten Tag bei der Mannheimer Kripo als todlangweilig vorgestellt. Sie war davon ausgegangen, dass sie in den ersten Wochen nur Papierkram erledigen und Akten zu wälzen hatte. Aber seit sie gestern Abend vom Zug aus den Kampf zwischen zwei Männern beobachtet hatte, verging die Zeit wie im Flug. Alles fühlte sich ein wenig unnatürlich an. Sie war gerade erst in Mannheim angekommen und schon steckte sie mitten in einer Ermittlung.
Olivia stieg aus dem S-Bahn-Waggon und lief zu Moritz, der unentwegt in die Ferne starrte und sie zunächst nicht wahrnahm. Sie stellte sich schweigend neben ihn. Nach einer Weile unterbrach sie die Stille. »Wie hat der Täter die Leiche verschwinden lassen?«
»Darüber habe ich auch gerade nachgedacht.«
Moritz starrte weiter in die Ferne. Nur langsam begann er, Olivia seine Gedanken mitzuteilen: »Es gibt nicht sonderlich viele Möglichkeiten an den Rangierbahnhof heranzukommen. Ich vermute mal, dass ihn zwar jeder Bewohner der Region kennt, aber ausgestiegen sind hier sicherlich die wenigsten.«
»Dazu ist er auch nicht angelegt.«
»Stimmt, das ist er nicht. Wenn ich mir also ohne Vorkenntnisse überlegen müsste, mein Auto in der Nähe zu parken, dann würde ich den Parkplatz der SAP Arena wählen. Von dort würde ich dann einfach über die Gleise oder querfeldein laufen.«
»Und von dort ist man in Windeseile auf der Autobahn und kann theoretisch überall hin«, stellte Olivia fest. Moritz sah sie an. »Ganz schön ortskundig für jemanden, der erst heute Nacht aus Berlin angekommen ist.«
Olivia zuckte mit den Schultern. »Für was gibtâs Google Maps?«
Ihr Kollege ging nicht weiter darauf ein, und Olivia fuhr fort: »Er kann den Tumult um den bremsenden ICE genutzt haben, um die Leiche aus der S-Bahn zu ziehen und wegzuschleppen. Wenn er wirklich um einiges gröÃer war, dann kann er die Kraft gehabt haben, ihn bis zur Arena zu tragen.«
Moritz fügte hinzu: »Ich habe keinen Zweifel, dass er die Kraft gehabt hat. Immerhin hat er sein Opfer mit den bloÃen Händen erwürgt. Das ist nicht so einfach, der Täter muss groà und kräftig sein.«
»Trag mich!«, bat ihn Olivia.
»Was?« Moritzâ Stimme überschlug sich fast.
»Ich will etwas ausprobieren!«
»Der Adel hat hier keine Privilegien mehr!«
»Idiot. Du sollst mich zum Parkplatz tragen! Dann können wir sehen, wie lange der Täter dafür gebraucht hat und ob das überhaupt möglich ist.«
»Wie Sie wünschen, Durchlauchtigste«, war Moritzâ kurze Antwort, bevor er Olivia packte und sich über die Schulter legte.
»Und nenn mich nicht Durchlauchtigste!«
»Selbstverständlich, Majestät.«
Er stiefelte los.
Olivia merkte, dass sie ihm schnell zu schwer wurde. Doch sein Ehrgeiz schien ihn daran zu hindern, sie abzuladen.
»Bin ich dir etwa zu schwer?«
»Nein, keineswegs«, log Moritz.
Plötzlich begann er zu lachen.
»Was ist?«
»Mein Handy klingelt. Es kitzelt.«
»Wo trägst du es denn?«
»Sag ich nicht.«
»Das ist nicht gut für deine Fruchtbarkeit.«
»Das wiederum ist nur ein moderner Mythos. Und es zeigt mir zudem, wie du denkst. Mein Handy ist nämlich woanders.«
Mist
.
In der Zwischenzeit war Fatih damit beschäftigt, Haare, Schuppen und irgendwelche Fusseln einzusammeln und vorsichtig in Tütchen zu archivieren. Als er eine kurze Pause machte, sah er aus dem S-Bahn-Waggon und entdeckte seine beiden Kollegen.
»Ringelpiez mit Anfassen.« Er schüttelte den Kopf und beobachtete Olivia und Moritz in ihren weiÃen Overalls. Letzterer lief kerzengerade über die Gleise und hatte offensichtlich mit der Last auf seinen Schultern zu kämpfen, obwohl Erstere nicht wirklich schwer sein konnte. »Hoffentlich sieht sie niemand, sonst denken sie, wir bei der Polizei sind nicht ganz dicht.«
Er fing an, einen Fingerabdruck zu nehmen und hielt dann noch einmal inne.
»Da haben sich zwei gefunden!« Nickend bestätigte er sich selbst.
»Drei Minuten.« Keuchend lieà Moritz Olivia auf dem Parkplatz runter und schaute auf seine Uhr.
»Ich habe etwa zwei Minuten gebraucht, um von meinem Platz im ICE zum S-Bahn-Waggon zu kommen.«
»Angenommen das Opfer war gleich tot, als du
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