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eine Intelligenzbestie.
Wegen des Disputs mit Scott lief ich mit schlechtem Gewissen und nagendem Unbehagen herum. Noch nie zuvor hatten wir uns so in die Haare gekriegt, noch nie so persönlich angegriffen und noch nie auf eine unterschwellig so emotionale Weise.
Die quälenden Gefühle färbten die Tage in tristes Grau, und mir war, als sei alles, was ich zu meinen Freundinnen sagte, falsch, als liefen meine Kundengespräche ins Leere, als sei meine Näharbeit nicht so gut, wie sie hätte sein müssen, und als könne man diesen Qualitätsverlust sogar erkennen. Und obendrein fühlte ich mich aufgebläht und aufgedunsen, meine Haut wirkte ölig, und ich bekam einen Pickel, der äußerlich Zeugnis dafür ablegte, was für eine Zicke innerlich aus mir geworden war.
Ich wusste, dieses Tief und das Gefühl, eine Niete zu sein, würden vorübergehen, ich wusste, dass das Ganze eine Frage der Perspektive war, und dass in ein, zwei Wochen wahrscheinlich alles wieder in den hellsten Farben strahlte, doch im Augenblick erschien mir die Welt düster und unvollständig, konfus und aus den Fugen geraten.
Also nähte ich und fuhr durch die Stadt, las und aß und schlief und starrte nächtelang auf grässliche Internet-Kontaktanzeigen, und das alles in dem Versuch, nicht über dem Streit mit Scott zu brüten. Bis auf weiteres hatte ich meine eigene Anzeige aus der Website genommen, denn ich wusste, in meinem Zustand war ich ohnehin nicht in der Lage, Zuschriften zu beantworten.
Nicht einmal an meinem Brautkleid werkelte ich weiter. Falls ich es fertig stellte, begegnete
er
mir womöglich tatsächlich, und ich konnte mich gegenwärtig einfach nicht dazu aufraffen, das erforderliche Make-up aufzulegen.
Nun war Donnerstag, und ich hatte einen Termin bei einer neuen Kundin, einer Misswahl-Mutti. Am Telefon hatte sie mir mitgeteilt, dass ich ein Abendkleid und zwei weitere Show-Kleidchen für ihre 12-jährige Tochter fertigen sollte, da im folgenden Monat ein Schönheitswettbewerb anstand.
Wie hätte ich mir eine solche Gelegenheit entgehen lassen können? Der Auftrag war fast so gut wie das Herstellen von Catcher-Klamotten. Oder möglicherweise sogar noch besser: Halbe Kinder als Schönheitsköniginnen stellten zweifellos die absonderlichere und noch perversere Variante dar.
Der Wohnkomplex, in dem Carin Hoag residierte, lag im gleichen Stadtteil, in dem auch Pete lebte, und rangierte allem Anschein nach in etwa der gleichen Mietpreisklasse. Ich habe mich immer gefragt, wie ich das wohl empfunden hätte, eine Art Mietskaserne als mein Zuhause bezeichnen zu müssen statt des Hauses in Roseburg, wo mein Zimmer eben mein Zimmer war, und zwar so, als könnte dort nie jemand anders gewohnt haben und selbstverständlich auch zukünftig nicht wohnen.
Wahrscheinlich hätte ich mich daran gewöhnt, aber dennoch: Ich war froh, dass es einen ganz speziellen Ort gab, der für mich Heimat darstellte.
Ich stellte den Wagen ab, fand die entsprechende Wohnungstür und klopfte an. Ich konnte weibliche Stimmen hören, die sich offenbar gegenseitig angifteten, und wartete. Und wartete noch ein wenig, während das Gekeife weiterging. Dann, endlich, öffnete sich die Tür, und ich stand einem griesgrämig guckenden Mädchen gegenüber, nach meinem Eindruck etwa 18 bis 20 Jahre alt. Zwischen ihren Fingern klemmte eine glimmende Zigarette.
Eine Zigarette. Herr, hilf! Anscheinend waren die einzigen verbliebenen Raucher in Oregon entweder ältere Herrschaften, die in Kneipen herumsaßen und an Video-Poker-Maschinen spielten, oder jene Sorte Teenager, die offenbar dringend der Sozialfürsorge bedurften, da sie sonst womöglich irgendwann an der Nadel hingen und für 20 Dollar pro Nummer ihre Fellatio-Künste anboten.
Alle anderen hatten viel zu viel mit Trekking-Touren und Bioläden zu tun.
„Was ist?“ fragte das Monster, was wohl eine Begrüßung darstellen sollte. Es trug eine hüfthohe Jeans, die so knalleng saß, dass sich im Schritt eine Furche bildete, und ein eng anliegendes orangefarbenes T-Shirt, das sie wohl in der Kinderabteilung aufgegabelt haben musste, so klein war es. Sie zog gekonnt an ihrem Glimmstängel, und ich prophezeite ihr insgeheim schon offene Zehen.
„Ms. Hoag?“ fragte ich.
Das Mädchen verdrehte genervt die Augen. „Das ist meine
Mom.
„Hannah O’Dowd. Die Schneiderin?“ fragte ich in der Hoffnung, dass in dem verdrießlichen Kopf der Groschen fiel.
Eine ältere Frau trat hinter dem Mädchen in den kurzen
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