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Wyrm. Secret Evolution

Wyrm. Secret Evolution

Titel: Wyrm. Secret Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sie einen ihrer kleinen, mit einer Videokamera ausgerüsteten Spezialroboter einsetzen könnten, würden sie nur unnötig Zeit verlieren. Zeit, die sie dringend benötigten, um die Jugendlichen aufzustöbern – und den Fünfjährigen, der mitsamt dem Auto seiner Mutter in das Chaos hier unten hinabgestürzt war. Und natürlich auch den Polizisten.
    *
    David musste sich eingestehen, dass sie schon viel zu lange unterwegs waren. Ein üblicher aufgegebener U-Bahn-Tunnel müsste irgendwo zu Ende sein und führte entweder in eine Sackgasse oder wieder nach oben ans Tageslicht. Aber weder das eine noch das andere war hier der Fall. Das Labyrinth aus Gängen und Tunnel wurde immer unüberschaubarer, so als verwandle es sich nach und nach zu etwas Unendlichem. Gleichzeitig wurden die Durchgänge immer schmaler, schlossen sich die Wände mehr und mehr um sie zusammen, sodass schließlich nicht nur er selbst öfter den Kopf einziehen und gebückt weitergehen musste, sondern auch Robbie mehrfach an einem Vorsprung anschlug.
    Häufig passierten sie jetzt Pfützen mit abgestandenem Wasser. Obwohl David es dem Jungen verbot, kniete der sich bereits an der ersten Pfütze nieder und schlapperte sie wie ein Hund aus. Danach wischte er sich den Mund ab, aber nur, um sich auf gleiche Weise über die nächste Wasserlache herzumachen, bis sein Durst gestillt war. Von seiner rauen, ausgetrockneten Kehle angetrieben folgte David an der nächsten Stelle Robbies Beispiel. Das Wasser schmeckte so ekelhaft, wie es roch, aber es befeuchtete die nach Flüssigkeit lechzenden Lippen und Mund, sodass auch er selbst sich den Inhalt gleich mehrerer Pfützen hintereinander einverleibte.
    Danach hatte sich ihr Zustand jedoch in keiner Weise verbessert, sondern eher noch verschlimmert. Ihre Beine wurden zunehmend schwerer und ihre Bewegungen immer ungelenker. David war mehr als einmal versucht, sich auf den Boden zu hocken und sich seiner Erschöpfung hinzugeben. Aber dafür nagten Unruhe und Furcht doch zu sehr an ihm, ganz abgesehen von der Sorge um den kleinen Jungen, die ihn immer weitertrieb, Schritt für Schritt, Abzweigung für Abzweigung und Tunnel für Tunnel.
    Schließlich kam es ihm vor, als wären sie stundenlang nur im Kreis gegangen. Doch das war ein Irrtum. Waren sie zu Beginn noch über die Art Betonboden gegangen, die man allgemein im U-Bahn-Bau verwendete, so erkannte er im Schummerlicht inzwischen immer häufiger schimmligen Backstein, in dessen Ritzen sich seltsame Schatten bewegten, sowie grob behauene Wände. Er hatte den Eindruck, dass sich die Gänge und Stollen immer tiefer in die Erde wanden, statt sie endlich hier herauszuführen. Und er nahm vermehrt Bewegungen vor und hinter ihnen wahr, die dem unfassbaren Schrecken aus seinen düstersten Träumen ähnelten.
    Das größte Rätsel dieser unterirdischen Welt aber blieb das matte, meist grünlich graue Licht, das immer wieder vor ihnen zu fliehen schien, um dann zurückzukehren und ihnen den Weg zu leuchten. David fehlte die Kraft, darüber nachzudenken, was seine Quelle sein könnte. Im Grunde genommen spielte es auch keine Rolle. Es war einzig und allein wichtig, dass sie einen Weg zurück zur Oberfläche fanden.
    Mit einem Mal weitete sich der schmale Gang, in dem sie schweigend und erschöpft hintereinander hertrotteten, und sie gelangten in eine Halle oder vielleicht auch eine Höhle, die ihren angestrengten Atem und das Geräusch ihrer Schritte in zigfach gebrochenen Echos zurückwarf. Das schummrige Licht ließ sie kaum die Hand vor Augen erkennen, aber David spürte die enorme Weite, die sie umgab.
    Â»Wo geht es jetzt lang?«, fragte Robbie zaghaft.
    David hätte ihm gerne eine vernünftige Antwort gegeben. Aber das konnte er nicht. Er hatte keine Ahnung, wohin sie sich in diesem unerträglich wabernden Halbdunkel hinwenden mussten, das sie hier fest umschlungen hielt. »Du weißt es selbst nicht, oder?« Robbies Stimme versagte ihm fast seinen Dienst. »Wir kommen hier nie wieder raus, oder?«
    Â»Ach, Quatsch«, antwortete David mit rauer Stimme. »Natürlich kommen wir hier wieder raus. Irgendwo muss es doch einen Ausgang geben!«
    Er packte Robbies Hand und zog ihn mit sich, als ihn ein Geräusch innehalten ließ. Es begann als fernes Brummen, steigerte sich langsam zu einem lauteren Rumpeln … Und dann,

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