Wyrm. Secret Evolution
sieh du zu, dass du diese Maya auftreibst!«
*
Die Bullen waren hinter ihr her.
Maya verfluchte sich für ihren Leichtsinn, nach einer gewagten Kletterpartie auf einem mit altem Krempel vollgestellten Hinterhof von diesem hinaus auf offene StraÃe getreten zu sein â an dessen Ausgang sie dann geradewegs in eine Zivilstreife hineingestolpert war. Sie hatte keine andere Chance mehr gehabt, als einen Haken zu schlagen und auf einen zweiten Hof zuzujagen, der sich hinter einem Rundbogen mit bröckligem, ockerfarbenem Verputz auftat. Ein rostiges Schild pries eine Schreinerei an, die wahrscheinlich bereits im Geburtsjahr von Johannes Heesters pleitegegangen war, und an einem gammligen, überdimensionierten Briefkasten klebte statt eines Firmenlogos ein Werbung â Nein danke! -Schild.
Maya hastete über das ausgetretene Kopfsteinpflaster des Hofs und sah sich flüchtig um. Neben einer Reihe Mülltonnen stapelten sich ausrangierte Kartons und leere Flaschen. Vor einem Tor stand ein abgemeldeter BMW , der mit seinen unzähligen Flickstellen und Beulen aussah, als hätten ihn ein paar jugendliche Raser totgeritten â den Eingang ins Hinterhaus versperrte ein rostiges Gitter.
Na prima. Es sah aus, als wäre sie in eine Sackgasse geraten.
»Da, Freddy!«, schrie jemand hinter ihr. »Da ist sie!«
Maya sah sich gehetzt um. Ein Typ im Sweatshirt â sicherlich dieser Freddy â und ein kleiner dicker Typ in Uniform standen im Eingang des Hofes und starrten zu ihr hinüber.
»Halt, bleib stehen!«, schrie Freddy, da tauchte neben ihm noch ein weiterer Uniformierter auf: eine Bohnenstange mit Pferdegebiss und wütend funkelnden Augen.
Na toll, dachte Maya. Jetzt machten die wohl einen auf GroÃfahndung.
Während Freddy mit überschlagender Stimme Verstärkung herbeirief und der kleine Dicke den Kellereingang blockierte, sprinteten Pferdegebiss und sie gleichzeitig los. Mit ausgestreckten Armen nahm sie Anlauf und sprang der rissigen Trennwand entgegen, die wie ein unüberwindliches Bollwerk hinter dem BMW aufragte â und klatschte mit einem harten Ruck dagegen. Bevor sie wieder abrutschen konnte, stieà sie die Hände nach oben. Ihre Finger fanden Widerstand, hakten sich ein.
Im gleichen Moment wünschte sich Maya, sie hätte es nicht getan. Ein rasender, tobender Schmerz jagte durch ihre Handflächen, beinahe so, als hätte sie in glühendes Eisen gegriffen. Um ein Haar hätte sie wieder losgelassen.
Doch dann sah sie aus den Augenwinkeln, wie Pferdegebiss mit erstaunlich sportlichen Bewegungen auf sie zujagte. Sobald er sie erreicht hatte, brauchte er sie nur noch an den Knöcheln zu fassen und wie ein Kleinkind zu sich herunterzuziehen.
Diesen Triumph wollte sie ihm nicht gönnen.
Mit einem fast tierischen Aufschrei mobilisierte Maya ihre letzten Kraftreserven und zog sich hoch. Trotz ihres angeschlagenen Zustands wäre ihr das sicherlich leichtgefallen, wenn sich ihre Hände nicht schmerzhaft in spitze Stacheln gegraben hätten. Die meisten anderen an ihrer Stelle hätten wahrscheinlich sofort losgelassen, aber nicht Maya. Ihr Aufschrei wurde zu einem dumpfen Stöhnen, dann hatte sie sich herübergezogen, sprang auf der anderen Seite in den nächsten Hof hinunter und blieb einen Moment lang zitternd und schwer atmend stehen, bevor sie es wagte, sich ihre Hände anzusehen.
Blut tropfte von ihnen hinab in den Schneematsch vor ihr, rote Spritzer und Sprenkel auf weiÃem Grund, denen etwas Unwirkliches anhaftete. Sie konnte es nicht fassen. Irgendein Idiot hatte Stacheldraht oben auf dem Mauerrand befestigt, wahrscheinlich um zu verhindern, dass man seine Schrottautos und Mülltonnen klaute. Bloà gut, dass sie sich nicht auch noch ihre nackten FuÃsohlen in der Eile aufgeschnitten hatte.
Mit zitternden Fingern zog sie ein Papiertaschentuch aus der Hose ihres rosa Jogginganzuges hervor, befeuchtete es mit ihrer Spucke und presste es auf die rechte Hand, die am schlimmsten betroffen war. Mit dem einzigen Effekt, dass es jetzt anfing, wirklich wehzutun. Aber sie hatte keine Zeit, sich darum zu kümmern. Irgendjemand schrie etwas auf der anderen Mauerseite, in dem die Worte »Mülltonne« und »runterschieben« vorkamen. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis auch die Bullen die Mauer überwunden hatten â ohne sich blutige Hände zu holen.
Maya sah sich hastig
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