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Wyrm. Secret Evolution

Wyrm. Secret Evolution

Titel: Wyrm. Secret Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gedanken gemacht. Jetzt brachte es ihn dazu, sich noch im allerletzten Moment herumwerfen zu wollen.
    Fast hätte er es geschafft. Wie ein Torwart, der verzweifelt einen Ball aus der Ecke zu fischen versuchte, drehte er nach links ab. Er prallte mit der Hüfte gegen den Zaun. Seine rechte Hand knallte schwungvoll auf dem kalten Metall auf, und wie eine Lanze bohrte sich eine der geschmiedeten Spitzen durch seine Haut.

04
    Â»Nun komm schon her!«, fauchte Alina. »Oder willst du Wurzeln schlagen, bis dich die Bullen einsammeln?«
    Maya starrte erst auf ihre Hand, von der das Blut auf den alten Holzfußboden tropfte, und dann zu Alina hinüber, die immer noch kopfüber im Fenster hing. Die dunklen Haare des Mädchens fegten bei jeder Bewegung wie ein Putzmopp über dem Boden, während es sich vorsichtig weiter herabzulassen versuchte. Aber offensichtlich steckte die Kleine in dem schmalen Fenster fest, das zur Straße hinausführte – was auch kein Wunder war, schließlich war es kaum größer als eine Schießscharte.
    Â»Woher weißt du das mit den Bullen?«, fragte sie schließlich.
    Â»Denkst du, ich bin blöde oder was?« Alinas Kopf ruckte angriffslustig hoch, was ihr jetzt etwas von einer Schlange gab.
    Einer falschen Schlange, ergänzte Maya in Gedanken, sprach es aber vorsichtshalber nicht aus.
    Â»Wenn wir uns begegnen, dann sind immer die Bullen hinter uns her«, fuhr Alina fort. »Aber wohl mehr hinter dir als hinter mir. Mann, was machst du bloß für ‘ne Scheiße?«
    Maya drehte sich um. Sie könnte jetzt einfach wieder aus der Tür herausspazieren, durch die sie gerade erst das alte, aber sorgfältig gepflegte Haus betreten hatte. Aber dort war bestimmt schon die hagere Bullenbohnenstange mit dem Pferdegebiss aufgetaucht, im Schlepptau den mickrigen Drogenfahnder Freddy – und ganz viele andere Freunde in den schicken neuen Polizeiuniformen, in denen die Bullen aussahen, als wären sie einem abgedrehtem Science-Fiction-Film entsprungen.
    Â»Nun hilf mir endlich«, fauchte Alina. Als Maya noch immer nicht reagierte, fügte sie ein »Bitte!« hinzu, das wie der gebellte Befehl eines Unteroffiziers klang.
    Maya presste erst die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen und dann das bereits voll geblutete Papiertaschentuch auf die Wunde in ihrer Handfläche. Statt wieder auf den Hinterhof hinauszulaufen – oder gar Alina zu helfen –, sollte sie die Treppe nach oben nehmen. Dort in der Höhe stand ihr die Welt offen. Mit ihrer verletzten Hand war sie zwar eingeschränkt, aber sie war sich sicher, dass sie von dort aus trotzdem die besten Chancen hatte, abzuhauen.
    Â»Bitte«, sagte Alina, und diesmal klang es aufrichtig kläglich.
    Doch nicht das ernsthafte Flehen gab den Ausschlag, sondern dass das im Fenster eingeklemmte Mädchen eine Tatsache erfasst zu haben schien: dass die Bullen sie wie eine Terroristin jagten. Maya musste mehr darüber in Erfahrung bringen.
    Â»Also gut.« Sie seufzte und war mit ein paar leichtfüßigen Schritten bei Alina.
    *
    Tom hatte seine Hand mit einem Ruck von der lanzenförmigen Spitze des Gartenzauns gerissen. Das war gar keine gute Idee, wie ihm im Bruchteil einer Sekunde zu spät einfiel. Bei Stichverletzungen sollte man auf keinen Fall das rausziehen, was die Verletzung verursacht hatte. Weil das im Zweifelsfall mehr Schaden als Nutzen verursachte.
    Und, hörte er den Kommentar einer amüsierten Stimme in sich selbst: Soll ich denn künftig mit einem Stück Gartenzaun in der Hand rumlaufen?
    Der Schock. Er hatte eindeutig einen Schock. Aber darauf konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen, genauso wenig wie auf die Verletzung. Mit stumpfem Blick starrte er noch ein letztes Mal auf die Hand – und hielt erschrocken die Luft an. Die Wunde blutete so heftig, dass er kaum erkennen konnte, welche Verheerungen die Gartenzaunspitze in seiner Handfläche tatsächlich hinterlassen hatte. Vielleicht war das nur gut so. Er hatte jetzt keine Zeit, sich darum zu kümmern.
    Tom wandte sich entschlossen vom Zaun ab und begann mit unsicheren Bewegungen den Weg zurückzutaumeln, den er gerade gekommen war. Er merkte gar nicht, dass er dabei sein Handy unter die Füße bekam und es ein gutes Stück in den aufgeweichten Boden drückte, ohne es dabei allerdings ernsthaft zu beschädigen.
    Â»Angy«, murmelte er.

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