Wyrm. Secret Evolution
Renegards kleiner Trupp mit ihm als ausgerufenen Mikrocontroller-Scout aufgebrochen war. Ausgestattet worden war er zu diesem Zweck mit einem Peilgerät, das er nun um den Hals hängen hatte. Die beiden Zivilpolizisten, die von der Polizeidirektorin Juretzko dazu abkommandiert worden waren, auf ihn aufzupassen, hatten ihn in die Mitte genommen, und als Vor- und Nachhut agierten jeweils zwei voll ausgerüstete SEK -Männer: Flucht unmöglich.
Also blieb ihm nichts anderes übrig, als mitzuspielen. Dennoch wäre er am liebsten wie ein trotziges Kind stehen geblieben und keinen Schritt mehr weitergegangen. Vielleicht konnte er die Sache wenigstens etwas verzögern. Er begann sich so schleppend und langsam zu bewegen, bis sich der voranschreitende Renegard zu ihm umdrehte und sagte: »Los jetzt, Wilkens. Je schneller wir den Controller finden, umso schneller sind wir auch wieder drauÃen!«
Die Logik konnte Toms Verstand durchaus nachvollziehen, sein Gefühl sperrte sich aber jetzt erst recht. Er taumelte, als würden ihm seine Beine nicht mehr richtig gehorchen, und stöhnte mehrfach wie unter groÃen Schmerzen auf.
»Na los!«, befahl Renegard. »Lasst uns die Sache endlich hinter uns bringen.«
Der Mann mit dem Bürstenhaarschnitt und dem übertrieben militärischen Gehabe hatte sich bereits wieder an die Spitze dieses merkwürdigen Erkundungstrupps gesetzt. In seiner grünen Kampfmontur hätte er mit Sicherheit lächerlich gewirkt, wären sie in einem ganz normalen alten U-Bahn-Tunnel unterwegs gewesen.
Das aber waren sie nicht. Ganz und gar nicht. Und deswegen konnte und wollte Tom hier nicht weitergehen und wurde noch ein Stückchen langsamer.
SchlieÃlich reichte es dem neben ihm gehenden Polizisten. Er blieb stehen und packte Tom hart an der Schulter. »Nun komm schon, Mann«, herrschte er ihn an. »Reià dich ein bisschen zusammen. Wir wollen hier nicht überwintern!«
»Lass mal, Freddy«, mischte sich seine junge Kollegin ein. »Der kommt schon. Sonst müssten wir ihn von den SEK -lern mitschleifen lassen. Die können so was.«
Freddy grinste humorlos Tom an. »Na, hast du es gehört? Sollen wir den Kollegen Bescheid sagen?«
Tom schüttelte hastig den Kopf. »Nein, nein. Es geht schon wieder.«
Damit begann er weiterzuschlurfen, zwar auf eine nicht sehr elegante Art, aber deutlich schneller als zuvor.
Am meisten Angst hatte er vor dem, was ihm aus dem U-Bahnhof entgegengekrochen war. Auch wenn es sich so plötzlich wieder in Luft aufgelöst hatte, als wäre es nie da gewesen, und auch wenn er sich einzureden versuchte, dass er sich dieses Etwas nur eingebildet hatte: Die Bilder speisten seine Vorstellungskraft mit ungeheurer Hartnäckigkeit. Nur mit Mühe drängte er die Erinnerung an das kranke Wuseln zurück, das er nun schon zweimal gesehen hatte.
Es hatte sich nur ein Stück zurückgezogen. Es wartete mit der Geduld eines Raubtiers, das sich seiner Beute sicher ist. Es wusste, wer da kam, und es traf seine Vorbereitungen.
Tom rieb sich so gut es ging die Arme, um die Gänsehaut fortzuwischen. Das funktionierte nicht: Die Gänsehaut blieb, aber seine verletzte Hand pochte jetzt mit seinem harten Herzschlag um die Wette. Er merkte davon jedoch kaum etwas. Sein Atem ging hektisch, kalter Schweià lief ihm über den Rücken, und seine Gedanken rasten in allen möglichen Richtungen davon, ohne dass er sie einfangen oder ihnen eine bestimmte Richtung geben konnte.
Der modrige Geruch hatte sich zu einer schier unerträglichen Intensität gesteigert und machte es ihm fast unmöglich, durch die Nase zu atmen. Das war so unangenehm und beunruhigend wie alles hier unten. Die Schritte ihrer gemischten Truppe hallten merkwürdig verzerrt aus allen Richtungen der ehemals weitläufigen unterirdischen Anlage zurück, und er wäre nicht überrascht gewesen, wenn er plötzlich ganz andere Geräusche gehört hätte als nur den Widerhall ihrer selbst.
Es horchte gespannt. Lauerte.
Ãberall stieÃen sie auf Spuren der Verwüstung, ausgelöst durch die ungeheure Kraft, die sich hier am Erdreich, an Gestein und den brüchigen Werken menschlicher Ingenieurskunst ausgetobt hatte. Der Boden, über den sie liefen, war rissig und an etlichen Stellen aufgebrochen, so als ob irgendetwas von unten mit aller Gewalt dagegen drückte.
Tom glaubte zu spüren,
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