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Wyrm. Secret Evolution

Wyrm. Secret Evolution

Titel: Wyrm. Secret Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hatte.
    Vergebens.
    Robbie hatte irgendwann nicht mehr weitergewollt. Aber David hatte ihn immer wieder dazu gebracht, sich aufzurappeln und neben oder hinter ihm herzutrotten. Schließlich hatten sie Abzweigungen gefunden, an denen seltsame Markierungen angebracht waren, waren von dort aus bizarr geformten Mulden gefolgt, die aussahen, als wären sie in den Boden geschliffen worden, waren durch schiefe Gänge und Röhren gekrochen, die nach oben zu führen schienen – aber die Hoffnung, über sie einen Ausgang zu finden, hatte sich jedes Mal zerschlagen.
    David hatte zunehmend das Gefühl für Zeit und Raum verloren. Er war in ein unendliches Labyrinth aus Steinen und Gängen geraten, komplex wie eine überdimensionale Bienenwabe. Ein fremder Kosmos, in dem sie nichts als Eindringlinge waren, die man nicht mehr in die Außenwelt entlassen konnte – weil sie dann unweigerlich die Geheimnisse der unterirdischen Sphäre verraten würden.
    Die Zeit war gekommen. Die Zeit des Abschieds. Und der Wiedererneuerung.
    Immer wieder hatte Davids Verstand ihm seinen Dienst verweigert, und dann war er in einen Dämmerzustand abgedriftet, der ihm vollkommen unmögliche Dinge vorgaukelte. Manchmal hatte er ein entferntes Schaben gehört, gefolgt von einem Rascheln und Poltern. Dann hatte er geglaubt, dass sich irgendetwas durch die Gänge und Spalten hier unten schlängelte, als wäre etwas in dieser unterirdischen Welt zu Hause, in der Menschen aus gutem Grund nichts zu suchen hatten.
    Das war natürlich Blödsinn. Oder?
    Es machte keinen Unterschied. Er dachte jetzt immer häufiger an seine Freunde, aber auch an seine Eltern. Die Vorstellung tat weh, dass er sie alle vielleicht nie wiedersehen würde. Alltagsszenen kamen ihm in den Sinn, stachen wie Splitter in seine Seele: sein zehnter Geburtstag, an dem ihn seine Eltern mit einem Mountainbike überrascht, oder die Skiausflüge in die Berge, bei denen sie so viel Spaß gehabt hatten. Verrückte Sprayaktionen mit seinen Freunden. Oder auch Gesprächsfetzen, ein Blick, das Gefühl von Vertrautheit, seine erste Nacht mit einem Mädchen …
    Robbie bewegte sich unruhig, murmelte etwas, das er nicht verstand. David stieß erleichtert die Luft aus. Viel schlimmer als die Vorstellung, dass er hier sein vorzeitiges Ende finden konnte, war die Angst davor, dass der Junge in seinen Armen sterben könnte.
    Die stinkende Brühe, die sie hier unten getrunken hatten, hatte nur kurzfristig ihren Durst gestillt, und das auf eine Weise, die ihn nicht gerade voller Begeisterung die nächste Pfütze suchen ließ. Inzwischen war auch der Hunger zu einem ständigen Begleiter geworden und ihre Vorräte – zwei Müsliriegel und eine Packung Schokodrops – schon längst verspeist. Allzu lange würden sie unter diesen Bedingungen nicht durchhalten.
    Er verlagerte das Gewicht, um seinen schmerzenden Rücken zu entlasten. Und lag dann wieder da und starrte in das grüne Fastdunkel, das ihn auf eine beinahe beruhigende Art umhüllte.
    Wie vereinzelte Blitzlichter überfielen ihn die Erinnerungen an die Träume, die ihn in dunklen Nächten immer wieder aufgeschreckt hatten. Manchmal waren es gesichtslose, sich auf unverständliche Art schlängelnde Kreaturen, die vor seinem inneren Auge aufblitzten, viel häufiger aber die Erinnerungsfetzen an das gesichtslose Mädchen im tiefsten Schoß der Erde.
    Er glaubte sich in einer Höhle zu befinden, tief versteckt unter der Erde, weit entfernt von jeglicher menschlichen Behausung. Er glaubte die köstliche Einsamkeit zu spüren, die nur dort existieren konnte, wo es völlige Hingabe gab.
    Er stand an einem unterirdischen See, der ruhig und wie unberührt vor ihm lag. Seine Oberfläche glänzte silbern, aber als er sich ihr näherte, schien sein Spiegelbild vor ihm zurückzuweichen. Vorsichtig trat er weiter an die Lache heran. Etwas formte sich in ihrer Mitte. Es hatte nur ganz entfernt Ähnlichkeit mit einem Menschen, war viel länger gestreckt und von ungewöhnlicher Form, pulsierte in einem fremdartigen Rhythmus und schimmerte auf eine Weise, die sich nicht beschreiben ließ.
    Er spürte den unwiderstehlichen Sog, der von der Erscheinung ausging. Langsam schlich er sich noch ein Stück näher an die Lache heran, bis die silberne Flüssigkeit seine nackten Füße umspielte. Sie fühlte

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