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Wyrm

Wyrm

Titel: Wyrm
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Coppelstone.
    »Das habe ich«, antwortete Reeves. »Aber Sie haben nicht auf mich gehört.«
    »Ich verstehe Sie nicht«, sagte Coppelstone kopfschüttelnd. »In Magotty geht etwas Furchtbares vor. Es ist nicht nur dieses … dieses Ding .« Er machte eine zornige Handbewegung. »Dort sterben Menschen, Reverend, und das vermutlich seit mehr als fünfzig Jahren! Lässt Sie das wirklich vollkommen kalt?«
    »Wofür halten Sie mich?«, fragte Reeves. »Ich würde, ohne zu zögern, mein Leben opfern, um diesem Spuk ein Ende zu bereiten! Aber es hätte keinen Sinn, glauben Sie mir. Es gibt Dinge, gegen die wir Menschen machtlos sind.«
    »Woher wollen Sie das wissen, wenn Sie es nicht einmal probieren?«
    »Ja, glauben Sie denn auch nur eine Sekunde, das hätten wir nicht versucht? Und zwar immer und immer wieder?« Reeves funkelte ihn zornig an. Es war grotesk: Sie sollten Verbündete sein, aber sie standen kurz davor, sich zu streiten.
    »Das muss wohl eine Weile her sein«, sagte Coppelstone bitter.
    Reeves ließ sich auf das Bett sinken und starrte an Coppelstone vorbei ins Leere. »Das ist es«, begann er. »Ich will Ihnen eine Geschichte erzählen, Mister Coppelstone. Es gab einmal drei Städte hier: Magotty, Eborat und Vendom.«
    »Vendom? Davon habe ich nie gehört.«
    »Sie werden es finden, auf der einen oder anderen Karte«, sagte Reeves. »Doch sie muss alt genug sein. Es ist fast achtzig Jahre her. Ich war damals noch gar nicht geboren, und selbst mein Großvater war noch ein junger Mann. Diese drei Städte, Mister Coppelstone, waren keine guten Nachbarn. Die Menschen in Eborat und Vendom waren aufrecht und gottesfürchtig, doch Magotty war ein Sündenpfuhl. Seine Bewohner praktizierten furchtbare, blutige Riten, und es hieß, sie hätten sich mit Mächten eingelassen, die älter und schlimmer als Satan selbst seien. Und eines Tages, in einer schrecklichen Nacht aus Feuer und Blut, taten sich die Bewohner von Eborat und Vendom zusammen und zogen nach Magotty, um das Böse aus der Welt herauszubrennen.«
    Er schwieg. Sein Blick fixierte einen Punkt im Nirgendwo, und was immer er sah, es musste grauenhaft sein; Coppelstone hatte nie eine solche Furcht in den Augen eines Menschen gesehen wie jetzt in denen von Reeves. »Und was ist geschehen?«, fragte Coppelstone, als Reeves auch nach einer und einer zweiten Minute nicht weitersprach.
    »Es gab viele Tote«, antwortete Reeves. Seine Stimme war leise, fast nur noch ein Flüstern. »Es war eine Nacht voller Feuer und Blut. Viele starben. Sie dachten, sie hätten das Böse ausgetilgt. Aber zwei Tage später schlugen die Bewohner von Magotty zurück. Sie entfesselten die Mächte, denen sie dienten, gegen die, die sie bekämpft hatten.«
    »Und?«, fragte Coppelstone.
    Reeves schlug die Hände vors Gesicht. »Vendom wurde ausgelöscht«, sagte er. »Als es vorbei war, existierte die Stadt nicht mehr. Die Häuser waren zerstört. Alle Einwohner tot. Männer, Frauen, Kinder … alle. Vendom war vom Antlitz der Erde getilgt.«
    »Und Eborat?«, fragte Coppelstone.
    »Nicht viele überlebten«, sagte Reeves. Er nahm die Hände wieder herunter. Sein Gesicht war grau, sein Blick der reine Horror. »Für eine Weile sah es so aus, als würde auch Eborat das Schicksal Vendoms teilen. Doch die wenigen Überlebenden stellten sich ihrem Schicksal und meisterten es am Ende. Doch seither hat niemand mehr versucht das Böse in Magotty auszulöschen. Können Sie es den Menschen hier verübeln?«
    »Nein«, antwortete Coppelstone, und diese Antwort war ehrlich gemeint. Trotzdem fuhr er fort: »Aber es wird Zeit, dass jemand diesem Spuk ein Ende bereitet.«
    »Und dieser Jemand sind Sie?«
    Coppelstone lauschte vergeblich auf einen Unterton von Spott oder gar Häme in Reeves’ Stimme. Ganz im Gegenteil glaubte er fast so etwas wie eine verzweifelte Hoffnung in den Worten des Geistlichen zu vernehmen. Aber vielleicht war es auch nur da, weil er darauf wartete.
    »Vielleicht«, antwortete er. »Vielleicht nicht ich, aber jemand wie ich. Die Zeit bleibt nicht stehen, Reverend. Was vor achtzig Jahren geschehen ist, kann sich heute nicht wiederholen.«
    »Glauben Sie?«
    »Ich weiß es«, antwortete Coppelstone mit einer Überzeugung, die er tief in sich ganz und gar nicht verspürte. »Niemand kann heute einfach so eine Stadt auslöschen. Schon ein Toter ruft die Behörden auf den Plan, und so viele, wie es in den letzten fünfzig Jahren in Magotty gegeben hat …« Er machte eine
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