Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wyrm

Wyrm

Titel: Wyrm
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
markierten Namen lautete David Morrison.
    Coppelstone starrte einige Sekunden lang verblüfft auf diesen Namenszug, ehe ihm klar wurde, dass es sich nur um einen Vorfahren Morrisons handeln konnte; vermutlich seinen Großvater. Er blätterte das Buch ein drittes Mal durch und versuchte die Familiengeschichte der Morrisons zu rekonstruieren, hatte aber wenig Glück. Er fand einige Namen, die ihm aber nichts sagten, und die letzten fünf oder sechs Seiten des Buches waren leer, was seine Vermutung zu beweisen schien, dass die Chronik irgendwann einmal nicht mehr weitergeführt worden war. Die jüngste Eintragung datierte achtundvierzig Jahre zurück. Sie lautete: Francis Joshua Morrison. Dahinter stand ein mit anderer Tinte geschriebenes »W«.
    Es klopfte. Coppelstone schlug rasch das Buch zu, stand auf und öffnete die Tür. Es war der Wirt, der den versprochenen Kaffee brachte. In seiner Begleitung befanden sich zwei schwarze Gehilfen, die einen gewaltigen Kessel mit dampfend heißem Wasser hochgehievt hatten. Während der Wirt den Kaffee einschenkte, schleppten sie das Wasser ins Bad und füllten die Wanne. Anschließend hatten sie es sehr eilig, das Zimmer wieder zu verlassen, doch Coppelstone entgingen keineswegs die nervösen Blicke, mit denen sie ihn und vor allem den Stapel mit schmutzigen Kleidern auf dem Boden maßen. Nun, es waren Schwarze. Coppelstone hatte nichts gegen Schwarze, wusste jedoch, dass sie schon immer ein abergläubisches Volk gewesen waren und es wohl auch immer bleiben würden.
    Er wartete, bis sie gegangen waren, dann streifte er die Decke ab, in die er sich gehüllt hatte, und ging ins Bad, kehrte dann jedoch noch einmal zurück und verbarg das Gemeindebuch sorgsam unter der Matratze. Er musste über sein eigenes Tun lächeln, hatte er doch das Gefühl, allmählich einen gehörigen Verfolgungswahn zu entwickeln, fühlte sich aber hinterher trotzdem beruhigter. Danach ging er endgültig ins Bad und ließ sich in die Wanne sinken.
    Das Wasser war so heiß, dass er die Zähne zusammenbiss und um ein Haar aufgeschrien hätte. Trotzdem stieg er nicht wieder hinaus, sondern genoss den brennenden Schmerz beinahe. Er fühlte sich nicht nur schmutzig, sondern regelrecht besudelt. Hätte er eine Nagelbürste dabeigehabt, dann hätte er sich von Kopf bis Fuß geschrubbt. So blieb er reglos in der Wanne liegen und wartete darauf, dass das heiße Wasser den Schmutz von seiner Haut löste.
    Er hörte Geräusche aus dem Nebenraum; ein gedämpftes Rumoren und Kramen – vielleicht das Zimmermädchen, das gekommen war, um sein Bett zu machen. Vielleicht aber auch jemand anders.
    Vorsichtshalber stieg er aus der Wanne, wickelte sich ein Handtuch um die Hüften und trat wieder ins Nebenzimmer zurück.
    Es war nicht das Zimmermädchen, sondern Reverend Reeves, der neben seinen Kleidern in die Hocke gegangen war und jedes Teil mit spitzen Fingern hochnahm und einzeln begutachtete. Als er Coppelstones Schritte hörte, wandte er den Kopf und sah hoch. Er sah jedoch keineswegs schuldbewusst oder auch nur überrascht aus, sondern wirkte eher ein bisschen zornig.
    »Reverend.« Coppelstone nickte knapp.
    »Sie haben also nicht auf meine Warnung gehört«, sagte Reeves. Er ließ Coppelstones Weste fallen und erhob sich ächzend. »Ich hätte Sie für klüger gehalten.«
    »Wie Sie sehen, lebe ich noch«, antwortete Coppelstone.
    »Das allein bedeutet noch nicht, dass Sie auch davongekommen sind«, behauptete Reeves. »Hat es Sie berührt?«
    »Es?«
    Reeves machte eine zornige Kopfbewegung auf die besudelten Kleider. »Das, dem Sie begegnet sind.«
    »Ich glaube nicht«, antwortete Coppelstone nach kurzem Überlegen. »Aber das ist noch immer keine Antwort auf die Frage, was es war.«
    »Das sollten Sie mir sagen«, sagte Reeves. »Sie sind ihm begegnet, nicht ich.«
    Coppelstone seufzte. Allmählich wurde er wirklichwütend. »So kommen wir nicht weiter, Reverend«, sagte er scharf. »Ich war in dieser Kirche, oder was immer es in Wahrheit ist. Ich glaube, Sie wissen verdammt gut, welcher Kreatur ich dort begegnet bin. Und ich glaube auch, ich habe ein Recht zu erfahren, was dort vorgeht!«
    »Ich weiß gar nichts«, beharrte Reeves. »Und wenn ich etwas wüsste, würde ich es nicht wissen wollen, Mister Coppelstone! Haben Sie schon vergessen, worüber wir gestern geredet haben? Schon das Wissen um manche Dinge kann mehr sein, als für uns Menschen gut ist.«
    »Sie hätten mich wenigstens warnen können«, sagte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher